Genferinnen und Genfer stimmen über Behinderten-Gleichstellung ab
Stimmrecht für alle – auch für Menschen mit Behinderungen: Darüber stimmt am Sonntag die Bevölkerung im Kanton Genf ab. Der Dachverband der Behindertenorganisationen hofft auf eine Premiere mit Türöffner-Effekt.
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Schreibt bei SWI swissinfo.ch seit 2015 über Demokratie. Versteht diese als Toolbox zur politischen Teilhabe und als Mindset. Vorher bei Reuters, Bluewin und Tageszeitungen. Studium der Geschichte und Politikwissenschaften an der Universität Bern.
Sollen auch Menschen mit schwerer Behinderung abstimmen und wählen dürfen?
Genf ist der erste Schweizer Kanton, der den Ausschluss dieser Gruppe von den politischen Rechten aufheben will. Zum Artikel Genferinnen und Genfer stimmen über Behinderten-Gleichstellung ab
Armengenössige, Gefängnisinsassen, Gelegenheitsarbeiter ohne festen Wohnsitz, Juden, Zechpreller und Wirtshausschläger, Sittenlose, Auslandschweizer, die 18- und 19- Jährigen – und natürlich die Frauen: Sie alle und noch ein paar Gruppen mehr blieben in der Demokratie Schweiz teils sehr lange vom Stimmrecht ausgeschlossen. Aber irgendwann haben sie dieses dann doch noch erhalten.
Nicht so Menschen mit Behinderungen: In der Schweiz sind knapp 15’000 Personen, die aufgrund geistigen und psychischen Beeinträchtigungen unter umfassender Beistandschaft stehen, von der Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen ausgeschlossen.
Genf könnte jetzt zum ersten Kanton werden, in dem dieser Ausschluss fällt: Am Sonntag befindet die Stimmbevölkerung in einem obligatorischen Referendum über eine entsprechende VerfassungsänderungExterner Link. Diese hatte das Genfer Kantonsparlament im Februar gutgeheissen.
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Schweiz bei Behinderten-Gleichstellung unter Zugzwang
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Menschen mit Behinderungen, die unter einer umfassenden Beistandschaft stehen, schliesst die Verfassung der Schweiz vom Stimm- und Wahlrecht aus.
Sagt eine Mehrheit des Volkes Ja dazu, ist die politische Mitsprache für alle garantiert, unbesehen ihrer Behinderung. Dies aber nur auf kommunaler und kantonaler Ebene. Auf nationaler Ebene dagegen bliebe der Ausschluss bestehen.
Das Statement Schefers datiert aus dem Jahr, 2017, als swissinfo.ch als eines der ersten Medien das Demokratie-Defizit der Schweiz thematisierte.
Für den Sonntag ist Schefer zuversichtlich, würden doch die ihm vorliegenden Informationen auf ein Ja hindeuten. Was ihn zusätzlich mit Hoffnung erfüllt: Die Ausweitung des Stimmrechts für Menschen mit Behinderungen dürfte auf weniger Widerstand stossen als etwa das Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer, so der Gleichstellungsexperte.
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Behinderte wollen auch in der Politik mitreden
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Mit Blick auf den 20. Oktober hat Insieme Schweiz eine Broschüre mit Wahlinformationen in leichter Sprache herausgegeben.
Inclusion Handicap und Schefer taxieren die Schweizer Praxis als Verletzung des Völkerrechts. Tatsächlich gehört die Schweiz seit 2014 der UNO-BehindertenrechtskonventionExterner Link an, mit der sich die über 180 Mitgliedstaaten (Stand Juni 2020) verpflichten, alle Menschen als gleichberechtigt zu behandeln. Und das unbesehen des Gesundheitszustandes.
Gleichberechtigung herrscht laut Schefer heute etwa in Schweden – mit der Einführung 1989 das Pionierland – sowie in Frankreich und Spanien.
Eine weitergehende internationale Einordung der Schweiz kann aber selbst Schefer als Mitglied des UNO-Fachausschusses nicht vornehmen: Bis heute fehlt eine systematische Übersicht darüber, wie weit die Mitgliedsländer die Konvention umgesetzt haben. Die Überprüfung geschieht via Länderberichte.
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