«Für China ist die Schweiz Testfeld und Aushängeschild»
Bundespräsident Ueli Maurer ist nach China gereist. Es dürfte eine der wichtigsten Reisen seines Präsidialjahres werden. Auch für Gastgeber Xi Jinping stehe mit dem zweiten Belt-and-Road-Forum das wichtigste diplomatische Ereignis des Jahres an, sagt Ralph Pöhner, Chefökonom bei der HandelszeitungExterner Link.
Bundespräsident Ueli Maurer weilt vom Ostermontag bis am 30. April in China. Mit dem Finanzminister reist eine Finanz- und Wirtschaftsdelegation.
Maurer ist am 28. und 29. April von Präsident Xi Jinping zu einem Staatsbesuch eingeladen. Bei dem Treffen werden die Schweiz und China eine Absichtserklärung unterzeichnen. Darin geht es um den Ausbau der Zusammenarbeit bei Handel, Investitionen und der Projektfinanzierung in Drittländern entlang der von China geplanten neuen Seidenstrasse, wie Maurers Finanzdepartement im Vorfeld mitteilteExterner Link.
In den Tagen vor dem Staatsbesuch sind Begegnungen mit Behörden und Wirtschaftsvertretern in Shanghai und Peking vorgesehen.
Am 26. und 27. April nimmt der Bundespräsident am zweiten Seidenstrassen-Forum für internationale Kooperation teil. Die Schweiz ist bereits zum zweiten Mal an dem Forum vertreten.
swissinfo.ch: Bundespräsident Ueli Maurer weilt diese Woche in China. Im Schlepptau eine Wirtschafts- und Finanzdelegation und ein dickes Programm. Was steht auf dem Spiel?
Ralph Pöhner: Auf diplomatischer Ebene will die Schweiz ihre guten Beziehungen mit ihrem drittgrössten und dem am schnellsten wachsenden Handelspartner und der künftigen Weltmacht pflegen.
Auf wirtschaftlicher Ebene nimmt die Schweiz die Einladung Chinas als Chance, um ihrer Wirtschaft weitere, neue Türen zu öffnen, wobei die Präsenz der Schweizer Wirtschaft in China im Vergleich zur Grösse des Landes schon jetzt bemerkenswert ist.
swissinfo.ch: Die Schweiz wird mit rund 40 anderen Staaten auch am zweiten Belt-and-Road-Forum in China teilnehmen.
R.P.: Hier handelt es sich aus chinesischer Sicht um das wohl wichtigste diplomatische Ereignis dieses Jahres. Wird man wie die Schweiz eingeladen, reist man mit einer entsprechenden Delegation hin.
swissinfo.ch: Die neue Seidenstrasse wird auch Thema einer Absichtserklärung sein, welche die Schweiz und China unterzeichnen wollen. Ein Zeichen dafür, dass sich die Schweiz an diesem Riesenprojekt beteiligen wird?
R.P.: So eine Erklärung muss im Fall der Schweiz nicht zwingend viel bedeuten. Bei Italien mag das anders sein. Denn dort geht es um konkrete Infrastrukturprojekte, zum Beispiel die Idee, den Hafen von Triest mit Krediten aus China auszubauen. Als Teil seines strategischen Plans will China bei solchen Ausbauten zudem eigene Firmen beschäftigen.
Aber welche Infrastrukturen könnte die Schweiz zum Belt-and-Road-Projekt beitragen? Abgesehen davon benötigt die Schweiz sowieso kein ausländisches Kapital für ihre Infrastrukturpläne.
swissinfo.ch: Inwiefern könnte sich denn die Schweiz an der neuen Seidenstrasse beteiligen?
R.P.: Ich kann mir vorstellen, dass sich Schweizer Banken als Kreditgeber an dem Projekt beteiligen möchten. Und Schweizer Versicherungen Gross-Projekte der Seidenstrasse mitversichern möchten.
«Wann war ein Schweizer Bundespräsident das letzte Mal auf Staatsbesuch in den USA?»
swissinfo.ch: Zum Schluss von Maurers Aufenthalt in China hat ihn Präsident Xi Jinping noch zu einem zweitägigen Staatsbesuch eingeladen. Auch das Courant normal?
R.P.: Es spiegelt schon ein spezielles Verhältnis. Xi war 2017 auf Staatsbesuch in der Schweiz, und im Jahr zuvor war der damalige Bundespräsident Johann Schneider-Ammann einer gleichnamigen Einladung nach China gefolgt. Und auch sonst reisen Schweizer Regierungsmitglieder auffällig oft nach China.
Diese Besuche sind Ausdruck der besonderen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Denn Xi spielt in einer ähnlichen Liga wie die USA, er ist ein gefragter Mann in der Diplomatie. Wann war ein Schweizer Bundespräsident das letzte Mal auf Staatsbesuch in den USA?
swissinfo.ch: Worin liegt denn die Bedeutung der Schweiz für China?
R.P.: Die Bedeutung ist vor allem wirtschaftlicher Natur: Die Chinesen suchen nach führender Technologie, nach modernen Wirtschaften und Organisationsformen. Hier hat die Schweiz viel zu bieten; durchaus mehr als andere reiche europäische Länder. Auch ist die Schweiz das erste und bisher einzige Land in Kontinentaleuropa, das mit China ein Freihandels-Abkommen abgeschlossen hat.
Kommt hinzu, dass die Schweiz kein EU-Mitglied ist. China kann deshalb mit der Schweiz verhandeln, ohne auf sämtliche 28 Mitgliedstaaten Rücksicht nehmen zu müssen. Und die Schweiz geniesst auf dem internationalen Parkett einen guten Ruf.
Die Schweiz ist für China also sowohl ein Testfeld als auch ein Aushängeschild.
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