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«Das Einzige, worin sich alle noch einig sind, ist das Friedensabkommen»

Für jede Stimme mach ein Mann an einer langen Wandtafel einen Strich.
Stimmenzählen nach den Wahlen in Mosambik. Die Opposition spricht von Wahlfälschungen. Copyright 2019 The Associated Press. All Rights Reserved.

Ab dem 1. November soll der bisherige Schweizer Botschafter als neuer UN-Gesandter in Mosambik "sein" Abkommen umsetzen helfen. Doch nach chaotischen Wahlen sehen manche den Deal bereits in Gefahr.


Die Wahlen von Mitte Oktober waren nicht nur für viele der fast 30 Millionen Bürger Mosambiks spannungsgeladen. Auch der Schweizer Botschafter in Maputo verfolgte den Urnengang sehr genau. Denn Mirko Manzoni hatte in den Jahren zuvor mit einem kleinen Team und unter hohem persönlichem Einsatz zwischen den Parteien eines hartnäckigen internen Konflikts vermittelt.

Botschafter Mirko Manzoni
Botschafter Mirko Manzoni DFAE

Manzonis Vermittlung führte zu einem Friedensabkommen, das Medien als «historisch» bezeichneten – und als «der grösste Erfolg der Schweizer Friedensdiplomatie seit vielen JahrenExterner Link«. Nur einige Wochen nach der feierlichen Unterzeichnung standen sich die früheren Feinde des Bürgerkriegs bei den Wahlen gegenüber.

Gespaltene Oppositionspartei

Allen – auch Manzoni – ist klar, dass diese Wahlen ein entscheidender Test für das Friedensabkommen sind.

Zum Wahlablauf gibt es gegensätzliche Einschätzungen. Die von der EU entsandte Beobachtermission kam in ihrem vorläufigen Bericht zum gleichen Schluss wie die US-Botschaft: dass die Wahl von «weitverbreiteter Gewalt» und «Regelwidrigkeiten» geprägt gewesen sei.

Beobachtermissionen afrikanischer Institutionen sehen hingegen kaum Probleme Die Entwicklungsgemeinschaft im südlichen Afrika – die allerdings vom nicht als Vorzeigedemokrat bekannten simbabwischen Präsidenten vertreten wird – bezeichnete die Wahl als «friedlich» und «geordnet».

Manzoni scheint die «afrikanische» Version zu teilen: «Im Vergleich zu den beiden früheren Wahlen, die ich erlebt hatte, verlief der jetzige Wahlgang ruhig.» Es habe einzelne Fälle von Gewalt und Regelwidrigkeiten gegeben, aber diese dürfe man nicht verallgemeinern, so der Tessiner. Die Resultate seien davon jedenfalls nicht entscheidend beeinflusst worden.

Mosambiks Präsident Filipe Nyusi (links) und Ossufo Momade, Chef der Oppositionspartei Renamo
Da waren sie sich (noch) einig: Mosambiks Präsident Filipe Nyusi (links) und Ossufo Momade, Chef der Oppositionspartei Renamo, nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens. Copyright 2019 The Associated Press. All Rights Reserved.

Das sieht die Führung der wichtigsten Oppositions- und früheren Bürgerkriegspartei, der konservative Nationale Widerstand Mosambiks (Renamo), anders. Schon vor der Verkündung der für sie desaströsen Resultate forderte sie eine Wiederholung der Wahlen wegen «Gewalt und Einschüchterung durch die Regierungspartei». Die sozialistisch geprägte Befreiungsfront Mosambiks (Frelimo), die 1975 die Kolonialmacht Portugal aus dem Land gedrängt hatte und seither durchgehend an der Macht ist, erzielte deutliche Mehrheiten für die Präsidentschaft, im nationalen Parlament und überraschenderweise auch in allen zehn Regionalwahlen.

Für Manzoni ist die Oppositionspartei für ihre Niederlage allein verantwortlich: Der Renamo sei seit dem Tod des langjährigen Vorsitzenden Afonso Dhlakama «gespalten und geschwächt». In der Tat erkennt der bewaffnete Flügel den neuen Parteichef Ossufo Momade nicht an – und bekämpfte sogar seine Kandidatur in der Präsidentschaftswahl.

Überschätzter Deal?

Am 1. November wird Mirko Manzoni von der Schweizer Botschaft ins Maputo-Büro der Vereinten Nationen wechseln: Als persönlicher Gesandter des UN-Generalsekretärs in Mosambik soll der 51-Jährige die Umsetzung «seines» Friedensdeals sicherstellen.

Aber hat das Abkommen den ersten Test überhaupt bestanden? Auch darüber gehen nun die Meinungen weit auseinander.

«Trotz Friedensabkommen könnten dies die gewaltsamsten Wahlen seit der Demokratisierung vor 25 Jahren gewesen sein», sagt Zenaida Machado, die Mosambik-Expertin der internationalen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in Maputo. Auch die Konfliktforscherin Corinna Jentzsch von der Universität Leiden spricht von einem Rückschlag: «Nun ist wohl ein Schlichtungsverfahren notwendig, um die neu entstandenen Spannungen zu überwinden.»

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Dass das Abkommen den Test bestanden habe, will Manzoni ebenfalls nicht behaupten – «das wäre arrogant». Aber er bleibt zuversichtlich: «Das Einzige, worüber sich offenbar alle noch einig sind, ist das Friedensabkommen.» Kurz nach dem Wahltag hat Manzoni sogar vom bewaffneten Renamo-Flügel positive Signale erhalten: «Auch die abtrünnigen Kämpfer bekennen sich zum Abkommen.»

Bereits vor der Wahl warnten einige Beobachter und Expertinnen, etwa die Konfliktforscherin Corinna Jentsch, dass in diplomatischen Kreisen das neueste Friedensabkommen überschätzt werde – nicht zuletzt deshalb, weil in den letzten Jahrzehnten zwei frühere Abkommen gescheitert waren. Immerhin handelt es sich um einen der hartnäckigsten Konflikte Afrikas. Er begann vor 44 Jahren kurz nach der Unabhängigkeit, wurde zwischenzeitlich zu einem Stellvertreterkrieg der Grossmächte des Kalten Kriegs – und hat mehr als eine Million Tote gefordert. 

Der entscheidende Test kommt noch

Warum sollte das neue Abkommen also erfolgversprechender sein als die beiden gescheiterten? Erstens sehe das neue Abkommen auch eine politische Dezentralisierung vor, so Manzoni: «In Zukunft hat die Opposition eine Chance, einzelne Provinzen zu regieren». Zweitens würden die bisherigen Renamo-Kämpfer konsequent in die Armee integriert, sie könnten auch wichtige Posten besetzen. «Für den Renamo wird es so schwierig, zum bewaffneten Kampf zurückzukehren.»

«Die Wahlen waren wichtig», sagt Manzoni. «Aber der wirklich entscheidende Test für das Friedensabkommen kommt in sechs Monaten.» Dann sollen alle Kämpfer demobilisiert und entwaffnet sein. «Das ist entscheidend, damit sie danach in die Gesellschaft reintegriert werden können und damit ein nationaler Versöhnungsprozess in Gang kommt», so Manzoni. «Es gibt noch viel zu tun.»

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