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Die Schweiz träumt von der Führerschaft bei Lebensmittel-Innovationen

Nestlé ist weltweit die Nummer eins in der Lebensmittelindustrie und spielt im "Swiss Food & Nutrition Valley" eine Schlüsselrolle. Keystone / Laurent Gillieron

In der Schweiz soll ein "Ernährungs Valley" entstehen. Vier Institutionen aus dem Kanton Waadt haben sich zu diesem Zweck zusammengeschlossen und wollen der Schweiz zur Spitzenposition im Bereich Lebensmittelinnovation verhelfen.

Die Welt steht vor einer enormen Herausforderung: Neun Milliarden Menschen müssen in den kommenden Jahrzehnten mit gesunder, aber auch nachhaltiger Nahrung versorgt werden. Im globalen Vergleich wirkt die Schweiz da mit ihren gerade einmal acht Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern und einem Agrarsektor, der weniger als 1% des Bruttoinlandprodukts (BIP) ausmacht, wie ein Zwerg gegen grosse Player wie die USA, China, Brasilien und Deutschland.

Der ehemalige Nationalrat Fathi Derder glaubt, dass nur wissenschaftliche und technologische Fortschritte die Wirkungen von Lebensmitteln auf die Umwelt verringern werden. Keystone / Salvatore Di Nolfi

Doch die kleine Schweiz hat im Bereich der Lebensmitteltechnologie erhebliche Vorteile zu bieten: «Die Schweiz verfügt über ein einzigartiges, innovatives Ökosystem im Bereich Lebensmittel und Ernährung», sagt Fathi Derder, Koordinator von «Swiss Food & Nutrition Valley»Externer Link.

Die Besten für sich gewinnen

In der Schweiz sind namhafte, multinationale Unternehmen der Lebensmittelindustrie (Nestlé, Syngenta, Firmenich, Givaudan, usw.) ansässig. Zudem entstanden während der letzten Jahre Dutzende von Startups, die sich im Bereich der Präzisionslandwirtschaft (Drohnen, Roboter, Hors-Sol-Salate), neuen Verpackungstechniken oder in der Entwicklung von pflanzlichen Proteinen etablieren.

Es ist ein florierender Privatsektor, der sich auf das Knowhow öffentlicher Institutionen, welche bereits die Spitze der internationalen Forschung bilden, stützen kann. Allen voran stehen hier die Eidgenössischen Technischen Hochschulen sowie die Universitäten und landwirtschaftlichen Forschungszentren des Bundes.

Diese Akteure kooperieren bereits seit vielen Jahren, doch die Zukunft birgt neue Herausforderungen: «Angesichts der internationalen Konkurrenz, besonders aus Nordamerika und Asien, muss die Schweiz ihre Spitzenposition auf diesem Markt stärken. Dieser Aufgabe können wir uns nur stellen, wenn wir die grössten Talente in diesem Bereich für uns gewinnen können», betont Derder.

Genau dies sei eines der Ziele des Projekts, das in Davos auf Initiative des Kantons Waadt, der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL), der Ecole hôtelière de Lausanne (EHL) und Nestlé ins Leben gerufen wurde.

-> Hier eine nicht abschliessende Liste der Akteure, die in der Schweiz im Bereich  Nahrung und Ernährung aktiv sind:

Swiss Food & Nutrition Valley

Gemeinsames Interesse

Schwergewichte wie Nestlé und die EPFL befinden sich auf dem Vormarsch. Die kleineren «Swiss Made»-Player lassen sich davon aber keineswegs einschüchtern: «Das ‹Swiss Food & Nutrition Valley› wird die gesamte Lebensmittelindustrie der Schweiz stärken», sagt Olga Dubey, Gründerin des Waadtländer Startups «AgroSustain», das sich auf die natürliche Bekämpfung von Grauschimmelbefall auf Früchten und Gemüse spezialisiert hat.

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Die Nahrungsmittelproduktion ist heute für fast 30% der weltweiten Treibhausgase verantwortlich. Um dem entgegenzuwirken, brauche es nachhaltige und wirksame Lösungen, sagt Dubey. «Etablierte Unternehmen mit starker Expertise in der Lebensmittelindustrie müssen zusammen mit jungen Unternehmen kooperieren.»

«Obwohl sich die jeweiligen Unternehmen auf verschiedene Bereiche fokussieren, gibt es ein gemeinsames Interesse, das sich auf die Schaffung eines leistungsstarken Ökosystems ausrichtet», sagt Derder. Kantone, Unternehmen, Startups, Universitäten und Dachverbände seien daher eingeladen, sich in den kommenden Wochen dem neuen Verband anzuschliessen.

In Zusammenarbeit mit dem Bund und «Präsenz Schweiz», die das Schweizer Image im Ausland pflegt, sind das ganze Jahr hindurch Promo-Veranstaltungen rund um das «Swiss Food & Nutrition Valley» geplant. «Es ist sehr wichtig, international vertreten zu sein. Wir profitieren in der Schweiz von einer einzigartigen Dichte an professionellen Unternehmen auf diesem Gebiet», sagt Derder.

Nicht innovativ genug?

«Die aktuellen Herausforderungen im Bereich Lebensmittel und Ernährung gehen weit über die Entwicklung neuer Produkte und Produktionsverfahren hinaus.»
Hugues Jeannerat, Innovationsspezialist

Die Vorstellung eines solchen «Food Valley» sei durchaus verführerisch und erfolgversprechend, sagt Hugues Jeannerat, Professor und Innovationsspezialist an der Universität Neuenburg. «Wir sehen hier eine relevante und zeitgemässe Initiative, doch ein solches Modell ist nicht neu. Wir kennen ähnliche Modelle, beispielsweise ‹Health Valley› aus dem medizinischen Sektor», erinnert er sich.

Der Fachmann begrüsst zwar die Initiative, bedauert jedoch gleichzeitig, dass sie sich hauptsächlich auf technologische Lösungen konzentriere. «Die aktuellen Herausforderungen im Bereich Lebensmittel und Ernährung gehen weit über die Entwicklung neuer Produkte und Produktionsverfahren hinaus. Die Lieferketten, unser Konsumverhalten und unsere Lebensweisen müssen neu definiert werden», argumentiert er.

Jeannerat wünscht sich, dass dieses Innovations-Ökosystem sowohl Konsumentinnen und Konsumenten als auch Landwirten und Bürgervereinigungen einen Platz gibt: «Nur wenn die Wirtschaft zusammen mit der Gesellschaft über Veränderungen nachdenkt, besteht die Möglichkeit, diesen Herausforderungen gerecht zu werden.»

Kontaktieren Sie den Autor auf Twitter: @samueljabergExterner Link

(Übertragung aus dem Französischen: Joëlle Weil)

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