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Wahlen in Burma als Farce?

Burmesische Arbeiter in einer Saline im Irrawaddy-Delta. Keystone

Am 7. November finden in Burma die ersten Wahlen seit 20 Jahren statt. Die Vereinigung Schweiz-Burma macht sich jedoch keine Illusionen. Laut ihr geht es dabei nicht um Demokratie, sondern um die Stärkung der Macht der Militärregierung.

Zwanzig Jahre nach den ersten Wahlen und dem klaren Sieg der Partei der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi – welche von der Militärjunta aufgelöst wurde – kann die burmesische Bevölkerung erneut an die Urnen gehen.

Über 27 Millionen Wahlberechtigte dürfen an der Parlamentswahl teilnehmen. Von den zugelassenen 37 politischen Parteien ist die vom Militär gegründete USDP (Union Solidarity and Development Party) die einzige, die in allen Wahlkreisen Kandidaten aufgestellt hat.

Die Wahlen vom 7. November sind der letzte Markstein auf der «Roadmap zur Demokratie», die von der burmesischen Militärregierung erstellt wurde. Obwohl die seit 40 Jahren an der Macht stehende Junta von «freien und fairen» Wahlen spricht, halten diese viele für eine Farce.

«Wir glauben den Aussagen der Regierung nicht im geringsten: Diese Wahlen sind ein Desaster, sie dienen lediglich der Konsolidierung der Macht der Militärjunta», sagt Colin Archer, Vizepräsident der Vereinigung Schweiz-Burma.

«Die Militärregierung hat einfach die Uniform mit der Zivilkleidung getauscht. Doch wir kennen sie: Sie interessieren sich weder für die Demokratie noch für die Zivilgesellschaft.»

Lebensmittel für eine Stimme

Der Beweis dafür sei die Auflösung der Nationalliga für Demokratie (NLD), der wichtigsten Oppositionspartei, die von Aung San Suu Kyi gegründet wurde. Die unter Hausarrest stehende Oppositionsführerin kann bei den Wahlen nicht kandidieren. Das gleiche gilt für über 2000 politischen Gefangene.

Verschiedene internationale und burmesische Organisationen im Ausland werfen der Junta und der USDP vor, in den Dörfern Stimmen gegen Geld, Reis, Gesundheitsdienste oder Versprechen für kostengünstige Darlehen zu erkaufen, heisst es in der Oppositionszeitung Irrawaddy.org. Drohungen und Gewaltandrohungen stünden an der Tagesordnung.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker mit Sitz in Bern verurteilt ihrerseits die Diskriminierung der ethnischen Minderheiten. Laut der Gesellschaft sind über ein Dutzend unabhängiger Parteien der ethnischen Minderheiten durch die staatliche Wahlkommission von den Wahlen ausgeschlossen worden.

Auch dürften mindestens 2,5 Millionen Shan, Karen und Mon nicht an der Abstimmung teilnehmen, weil die Wahl in 3’400 Dörfern aus Sicherheitsgründen abgesagt worden sei.

«Die Wahlen entsprechen nicht den internationalen Normen», so Colin Archer und verweist insbesondere auf die strengen Zulassungsbedingungen für Parteien und Kandidaten sowie den Ausschluss der Mönche.

Ein Viertel der Sitze geht ans Militär

Ein Teil der Kandidaten würde zudem von der Regierung selbst ausgewählt, sagt Archer. Denn laut Verfassung sind 25% der Parlamentssitze fürs Militär bestimmt.

Gemäss verschiedenen Analysten haben ethnische Parteien – zumindest jene, die sich von der Militärregierung distanzieren – kaum Erfolgschancen. Nicht nur wegen fehlender finanzieller Mittel, sondern insbesondere auch wegen der Schwierigkeit, sich in grösseren Gruppen zu versammeln.

«Zwischen den verschiedenen Ethnien gibt es kulturelle, linguistische und religiöse Unterschiede. Wegen des totalitären Systems ist es für die Leute sehr schwierig, sich zu organisieren und eine Vertrauensbasis aufzubauen», sagt Colin Archer. Dies schliesse jedoch die Bildung interethnischer Allianzen nach den Wahlen nicht aus.

Die kommenden Wahlen können laut Archer nicht mit jenen vor 20 Jahren verglichen werden. Die Wahlen 1990 seien nach Repressionen zu Stande gekommen. Die Militärregierung sah sich gezwungen, ein anderes Gesicht zu zeigen. «Heute handelt es sich hingegen um einen Versuch, die Kontrolle wieder herzustellen und die Macht einer neuen Militärgeneration zu übergeben», so Archer.

Verschlossene Türen

Beobachter und Journalisten, welche die Wahlen im Vorfeld kritisierten, erhalten ein Einreiseverbot.

Das Land verfüge über genug Erfahrungen mit Demokratie und brauche deshalb keine Wahlexperten, sagte Thein Soe, der Präsident der Wahlkommission. Die Präsenz der Diplomaten und Vertreter der Vereinten Nationen würden zur Wahlbeobachtung genügen.

Gemäss dem UNO-Sondergesandten für Menschenrechte, Tomas Ojea Quintana, stimmen die Aussagen der Regierung nicht mit der Realität überein. So seien etwa in den Wahlbüros Fotoapparate und Fernsehkameras verboten worden.

Für die Schweiz ist der Entscheid der burmesischen Regierung, Wahlen durchzuführen, an sich positiv, wie Pierre-Alain Eltschinger, Pressesprecher des Aussendepartements, sagt.

«Der Bund bedauert jedoch die Tatsache, dass neben den Einschränkungen der Meinungsfreiheit das kürzlich erstellte Wahlrecht eine freie und korrekte Wahlkampagne verhindert», so Eltschinger weiter.

«Keine radikale Wende»

Gespannt dürfe man insbesondere auf die Zeit nach den Wahlen sein, sagt Colin Archer.

«Es könnte sein, dass die Regierung danach ihre Positionen in gewissen Dossiers ändert oder Kontakte zu ethnischen Gruppen sucht», so Archer. «Es ist jedoch zu bezweifeln, dass eine radikale Wende folgt.»

Burma gehört zu den ärmsten Ländern Asiens. Die einstige Kornkammer Südostasiens ist von den Militärs, die das rohstoffreiche Land seit 1962 beherrschen, heruntergewirtschaftet worden.

Burma ist ein Vielvölkerstaat: Die Burmesen machen zwei Drittel der Bevölkerung aus. Die Shan und die Karen (je etwa neun Prozent) sowie Minderheiten wie Rakhine und Mon haben jahrelang bewaffneten Widerstand gegen das Regime geleistet.

Mindestens 86’000 Angehörige ethnischer Minderheiten in Burma hätten seit August 2009 wegen Krieg und Menschenrechtsverletzungen aus ihren Dörfern fliehen müssen, teilte die Gesellschaft für bedrohte Völker mit.

Allein im Jahr 2010 wurden demnach mindestens 113 Dörfer ethnischer Minderheiten im Osten Burmas zerstört oder zwangsweise umgesiedelt.

(Übertragung aus dem Italienischen: Corinne Buchser)

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