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Flüchtlinge: Europäische Spannungen kommen ans Licht

Flüchtlinge warten am Tabakika-Registrierungszentrum auf der griechischen Insel Chios auf ihre Registrierung. Keystone

Die Europäische Union riskiert, auseinanderzubrechen, sollten sich ihre Mitgliedsländer nicht einigen können, wie mit der rekordhohen Zahl von Flüchtlingen aus Kriegsländern umzugehen ist. Dies zeigten Äusserungen am World Economic Forum (WEF) in Davos.

Gegenwärtig sind weltweit 60 Millionen Menschen auf der Flucht, wegen Krieg, Gewalt oder Verfolgung. Ein Rekord. Laut dem UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) sind etwas weniger als 20 Millionen Menschen gezwungen, in anderen Ländern als Flüchtlinge Zuflucht zu suchen. Über eine Million haben bis Ende letzten Jahres Europa erreicht.

Dieses zeigte sich überfordert mit dem rasch zunehmenden Zustrom an Flüchtlingen. Mitgliedstaaten strapazierten mit ihren Alleingängen das Abkommen von Schengen, das auf dem Prinzip eines grenzenlosen Europas basiert.

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2015: Die Flüchtlingswelle erreicht Europa

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«Kein anderes Problem hat die Europäische Union mehr gespalten und gefährdet als das Flüchtlingsproblem», sagte der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck am 20. Januar in Davos.

Gleichentags kündigte Österreich an, Flüchtlingsquoten einzuführen, und Mazedonien schloss seine Grenze zum EU-Mitglied Griechenland.

In Deutschland ist gegenwärtig eine hitzige Debatte über die Flüchtlingspolitik im Gang, nachdem verschiedene Berichte über sexuelle Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht, mutmasslich von Ausländern verübt, für Schlagzeilen gesorgt hatten. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel musste deshalb ihren Besuch in Davos absagen.

Gauck ergänzte, dass sich Deutschland ernsthaft überlege, selber Flüchtlingsquoten einzuführen. Sollte diese Praxis aufgenommen werden, würde dies nicht als «Kurzschlussreaktion aufgefasst, sondern als Element einer verantwortungsvollen Regierungstätigkeit», die auf die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung eingehe, betonte Gauck.

«Eine Begrenzungs-Strategie kann sowohl moralisch wie auch politisch nötig sein, um die Funktionsfähigkeit eines Staates zu erhalten.» Gauck sprach sich für höhere EU-Investitionen in Ländern um das kriegsgeschüttelte Syrien herum aus, um vor Ort die Bedingungen für die Flüchtlinge zu verbessern.

Schuldzuweisungen

Uneinigkeit zeigte sich auch gleichentags an einer weiteren Debatte am öffentlichen Open Forum in Davos. Der serbische Ministerpräsident Aleksandar Vucic verteidigte den Umgang seines Landes mit den Flüchtlingen und warf nicht genannten osteuropäischen Ländern, die «keine Flüchtlinge aufnehmen wollten», vor, sie seien schlechte EU-Bürger.

Er wies die von Deutschland vorgebrachte Idee, die Grenzkontrollen in Griechenland zu erhöhen, zurück. «Man kann die griechischen Grenzen nicht schützen», sagte Vucic. «Jedermann weiss, dass man in Griechenland tun kann, was immer man will.»

Der schwedische Premierminister Stefan Löfven sagte, bei den Differenzen zwischen EU-Mitgliedstaaten gehe es um Schuldzuweisungen bei Problemen in der Beherbergung von Flüchtlingen. «Hätte die EU das bewältigen können, dann hätten wir alle mitgemacht», meinte er.

Gleicher Meinung war William Lacy Swing, Generaldirektor der Internationalen Organisation für Migration (IMO). «Eine Million Menschen in einer Bevölkerung von 550 Millionen unterzubringen, ist machbar. Dafür braucht es aber eine Union, die funktioniert.»

In der Schweiz hat die Zahl der Asylsuchenden ebenfalls zugenommen, aber weniger stark als erwartet. Bis Ende November 2015 suchten über 34’000 Personen Asyl, das sind 10’000 mehr als im ganzen Jahr 2014.

Diese Zahl liegt aber weit tiefer als der Höchststand von 47’500 im Jahr 1999 in Folge des Zerfalls des damaligen Jugoslawiens.

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