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Widerstand gegen Drohnen organisiert sich

Der Taranis (GB) ist ein Prototyp einer Kampfdrohne mit Düsentriebwerk. Keystone

Der intensive Einsatz von Drohnen durch die USA provoziert eine Welle von Protesten, die nächste Woche auch Genf erreichen wird. Gestützt auf das humanitäre Völkerrecht wollen NGO den technologischen Wettlauf hin zu selbstentscheidenden Tötungsrobotern stoppen.

Die wachsende Automatisierung militärischer Operationen zeichnet eine neue und beunruhigende Perspektive, welche die Verteidiger der Menschenrechte und die Hüter der Genfer Konventionen zu ändern versuchen. Sie verfolgen dabei zwei Strategien.

Die erste betrifft den Einsatz von Drohnen im internationalen Kampf gegen die nebulöse Al-Kaida. Das Programm wurde nach dem 11. September 2001 lanciert und wird seit der Präsidentschaft von Barack Obama massiv forciert. Das Büro für investigativen Journalismus, eine in London domizilierte Nicht-Regierungsorganisation (NGO), schätzt, dass durch die Drohneneinsätze allein in Pakistan zwischen 2004 und 2013 rund 2500 bis 3500 Menschen, darunter mehrere Hundert Zivilisten und fast 200 Kinder getötet sowie mehr als 1000 verletzt wurden.

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Schweizer Pioniere im Bau ziviler Drohnen

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Druck auf Obama

Um zu ermitteln, ob die Genfer Konventionen verletzt wurden, hat der der UNO-Menschenrechtsrat den britischen Rechtsanwalt Ben Emmerson, UNO-Sonderberichterstatter für Terrorismus-Abwehr und Menschenrechte, mit einer Untersuchung beauftragt. Laut Emmerson besteht die Kernaufgabe der Untersuchung darin herauszufinden, ob die Drohnen-Angriffe unverhältnismässig viele zivile Opfer forderten, was einer Verletzung des humanitären Völkerrechts gleichkäme.

Emmerson muss die Ergebnisse seiner Untersuchung im September an der 68. UNO-Generalversammlung präsentieren. Unter dem Druck der öffentlichen Meinung scheint die Administration Obama das Ausmass des Problems zu erkennen. Laut Daily Beast (eine an Newsweek angeschlossene Website) sieht sie vor, die Leitung des Programms zur Eliminierung terroristischer Gruppen vom undurchsichtigen CIA ins etwas transparentere Pentagon zu verlegen. Dies, obwohl die amerikanische Regierung regelmässig vor parlamentarischen Kommissionen Rechenschaft über die Politik der Terrorismus-Abwehr ablegen muss.

«Noch ist dieser Transfer erst ein Gerücht. Bisher wurde nichts Offizielles verkündet. Aber die Änderung zielt in die Richtung unseres Antrags», sagt Andrea Prasow, Experte für Terrorismusabwehr bei der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Parallel dazu wird Christof Heyns, UNO-Experte für aussergerichtliche, willkürliche und Massen-Exekutionen, am 29. Mai in Genf an der 26. Sitzung des Menschenrechtsrats einen neuen Bericht vorstellen. Das auf autonome, tödliche Roboter fokussierte Dokument ruft zu einem internationalen Moratorium für die Entwicklung solcher Kriegswerkzeuge auf.

In einem am 10. Mai publizierten Interview auf der Website des IKRK erklärt Präsident Peter Maurer, wie und unter welchen Bedingungen das humanitäre Völkerrecht beim Einsatz bewaffneter Drohnen betroffen ist.

Peter Maurer ruft darin die Unterschiede zwischen den zivilen und militärischen Grundsätzen in Erinnerung. «Aus Sicht des humanitären Völkerrechts sollte eine Waffe, die es erlaubt, präzisere Angriffe auszuführen und dadurch zufällige zivile Opfer zu vermeiden oder zu minimieren, jenen Waffen vorgezogen werden, die dazu nicht in der Lage sind.»

Wenn Drohnen ausserhalb von Zonen bewaffneter Konflikte eingesetzt würden, komme das relevante nationale Recht und die Menschenrechte (…) und nicht das humanitäre Völkerrecht zur Anwendung.

Ohne es explizit zu nennen, kritisiert der IKRK-Präsident das Programm der USA zur Eliminierung von Terroristen in der pakistanischen Grenzregion zu Afghanistan. «Eine viel komplexere Situation entsteht, wenn sich eine Person direkt an Feindseligkeiten auf dem Territorium eines nicht kriegsführenden Staates beteiligt oder sich nach der Teilnahme an einem bewaffneten Konflikt auf das Territorium eines nicht kriegsführenden Staates begibt.

Hier stellt sich die Frage, ob es legal ist, diese Waffen gegen solche Personen einzusetzen und in welchem gesetzlichen Rahmen. Die Meinungen gehen auseinander. Das IKRK ist der Ansicht, dass das humanitäre Völkerrecht in einer solchen Situation nicht anwendbar sei, was bedeutet, dass eine solche Person aufgrund des Kriegsrechts nicht als legitimes Ziel betrachtet werden darf.

Das Gegenteil würde bedeuten, dass die ganze Welt ein potentielles Schlachtfeld wäre und diese Leute ein legitimes Ziel wären, wo immer sie sich aufhielten.»

Präventionsmassnahme

Am Rande der Sitzung wird die Kampagne «Stop Killer Robots», die am 23. April von einer NGO-Koalition offiziell lanciert wurde, am europäischen Sitz der Vereinten Nationen eine Pressekonferenz organisieren, um ein Verbot solcher Waffen zu verlangen. Sie verfolgen dabei den gleichen Prozess, der zur Konvention zur Ächtung von Antipersonenminen geführt hatte, die seit 1999 in Kraft ist. Wobei diesmal, das ist eine Premiere, Waffen verbannt werden sollen, die noch gar nicht existieren.

«Die halbautomatischen Systeme wie die Drohnen werden von Menschen gesteuert, auch auf Distanz. Mittels Interpretationen ist es möglich, die geltenden Regeln des humanitären Völkerrechts anzuwenden. Die vollautomatischen Kampfsysteme hingegen entfernen den Menschen mehr und mehr von der Maschine», sagt Andrea Bianchi, Professor am Institut für internationale Studien und Entwicklung (IHEID).

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Menschen ausschalten

Christof Heyns Bericht zielt in die gleiche Richtung. «Angesichts des immer schneller werdenden Rhythmus›, unter dem sich die Kriege abwickeln, sind die Menschen in gewisser Hinsicht zum schwachen Glied im militärischen Arsenal geworden und werden deshalb aus dem Entscheidungsprozess zurückgezogen.»

Davon sei man aber noch weit entfernt, schätzt der Sicherheitsexperte Alexandre Vautravers. «Man muss zwischen der Sensation und jenen Systemen unterscheiden, die unterstützend wirken oder über eine gewisse Autonomie verfügen. Es gibt zum Beispiel eine Munition, die ohne Bedienungsperson, aber mit verschiedenen Sensoren und dank unterschiedlicher Algorithmen gepanzerte Fahrzeuge oder andere Ziele  ausmachen: Man spricht dabei von «fire and forget» (schiess und vergiss!). Wenn die Rakete das Ziel, zum Beispiel Fahrzeuge oder Radar verfehlt, zerstört sie sich selbst. Diese Software existiert allerdings bereits seit 20 Jahren.

Heute gibt es Systeme, die sich unter selbst organisieren können, wie bei Formationsflügen für die Abdeckung des Funks mit Hilfe von Relais oder für ein komplettes Sichtfeld eines bestimmten Raums. In Laboratorien der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) wird an solchen Systemen gearbeitet. Aber ‹Terminator› ist noch nicht im Anzug, umso mehr als die Militärbudgets rückläufig sind in jenen Ländern – allen voran in den USA -, die in diesem Bereich führend sind.»

Christof Heyns schätzt in seinem Bericht, dass eine Reglementierung Not tut. «Die Technologie entwickelt sich in exponentieller Art und nichts kann die Zukunft mit Bestimmtheit prognostizieren. Es ist auch fast ausgeschlossen vorauszusagen, bis zu welchem Punkt wir bereit wären, völlig autonome Roboter einzusetzen. (…) Gemäss ihren militärischen Dokumenten sind einige Staaten im Besitz von Programmen zur Entwicklung von terrestrischen, nautischen oder Luftwaffen-Robotern, die über eine gewisse Autonomie verfügen. Für solche Zwecke werden riesige Summen bewilligt.»

Ewiger Krieg

Eines ist sicher: Der Krieg hat ein anderes Gesicht bekommen, seitdem in den 1990er-Jahren Drohnen zum Einsatz kommen. «Die Erfahrung mit Kampfflugkörpern ohne Pilot hat gezeigt, dass sich diese militärische Technologie auch leicht ausserhalb der anerkannten Schlachtfelder einsetzen lassen.

Die Gefahr dabei sei, befürchtet Christof Heyns, dass die Welt als ein einziges, weites und ewiges Schlachtfeld betrachtet würde. Die Entwicklung der Robotertechnik ist – das liegt in der Natur der Sache – ist schwierig zu reglementieren, vor allem im Bereich der Waffenkontrolle.

Ausserdem gibt es eine bedeutende Kontinuität zwischen militärischer und ziviler Technologie. Das gleiche Trägersystem für Robotertechnik kann militärische wie zivile Anwendungen haben und sowohl fürs Töten als auch für andere Zwecke eingesetzt werden.»

Die Schweizer Armee sieht vor, neue unbewaffnete Beobachtungsdrohnen anzuschaffen, welche die Drohnen ADS 85 Ranger ersetzen sollen, die sie seit 2001 benützt.

Laut Armasuisse, dem Eidgenössischen Kompetenzzentrum für die Beschaffung komplexer Waffensysteme, werden Drohnensysteme zweier israelischer Fabrikanten, Elbit Systems und Israel Aerospace Industries, evaluiert.

«Die Evaluation wird Mitte 2014 abgeschlossen. Die Schweiz nimmt an der Entwicklung dieser Systeme nicht teil», sagt Armasuisse-Sprecher François Furer gegenüber swissinfo.ch.

Aber die Rüstungsfirma RUAG, die sich  zu 100 Prozent im Besitz der Eidgenossenschaft befindet, ist am Programm nEUROn beteiligt, das von der französischen Dassault Aviation geleitet wird, und einen Prototyp einer teilautonomen Kampfdrohne entwickelt.

«RUAG ist für die Tests im Windkanal und die Schnittstelle zwischen dem Trägersystem und der Rüstung zuständig», erklärt der französische Flugzeugbauer auf seiner Website.

(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)

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