16 Monate Gefängnis für Schweizer Geiseln in Libyen
Die beiden Schweizer, die seit Juli 2008 in Libyen festgehalten werden, sind am Montag zu 16 Monaten Gefängnis wegen angeblichen Visa-Vergehen verurteilt worden. Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte das Urteil.
Die zwei Männer seien von einem lybischen Gericht in Abwesenheit verurteilt worden und befänden sich weiterhin in der Schweizer Botschaft in Tripolis, erklärte EDA-Sprecher Lars Knuchel am Dienstagabend.
Das Aussendepartement bleibe in engem Kontakt mit den Angehörigen und koordiniere das weitere Vorgehen, so Knuchel weiter. Nähere Angaben wollte er «im Interesse der Betroffenen» nicht machen.
Auch der Arbeitgeber der beiden Männer, der Schweizer Technologiekonzern ABB, bestätigte das Urteil, nannte aber keine Details.
Nicht äussern wollte sich das Eidg. Finanzdepartement (EFD) von Bundespräsident Hans-Rudolf Merz. Das EFD verwies darauf, dass die Federführung beim Aussendepartement liege.
Busse von 1600 Franken
Die beiden Geschäftsleute seien zusätzlich zu einer Strafe von umgerechnet rund 1600 Franken verurteilt worden. Das berichtete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf einen libyschen Verantwortlichen, der nicht namentlich genannt werden wollte.
Was die Haftstrafe anbelangt, so werden die zwei Schweizer laut den Nachrichtenagenturen AFP und Reuters nur gerade diejenigen 20 Tage angerechnet, die sie im Sommer 2008 effektiv hinter Gitter sassen. Anschliessend waren sie gegen Kaution freigelassen worden, werden aber bis heute in Libyen festgehalten.
Zweites Verfahren hängig
Max Göldi und Rachid Hamdani haben nun eine Woche Zeit, Rekurs gegen das Urteil einzulegen. Gleichzeitig steht den Schweizern laut AFP noch ein zweites Verfahren bevor. Dabei geht es um unbewilligte wirtschaftliche Tätigkeiten.
Die beiden Schweizer waren am 19. Juli 2008 in Libyen festgenommen worden. Damals wurden ihnen Visa- und Steuervergehen vorgeworfen. In der Schweiz wurde die Festnahme aber als Reaktion gewertet auf eine umstrittene Aktion der Genfer Behörden.
Diese hatten vier Tage zuvor Hannibal Gaddafi, Sohn des libyschen Staatschefs Muammar Gaddafi, und seine Frau vorübergehend festgenommen, weil sie zwei Hausangestellte misshandelt haben sollen. Das Paar kam nach wenigen Tagen wieder frei. Danach entwickelte sich ein gehässiger Streit zwischen den beiden Ländern.
Umstrittene Reise
Bundespräsident Hans-Rudolf Merz versuchte die Lage im August 2009 zu entspannen, als er nach Tripolis reiste und sich beim libyschen Regierungschef für die Verhaftung Hannibal Gaddafis entschuldigte.
In einem Vertrag einigte man sich auf die Wiederherstellung der bilateralen Beziehungen innert 60 Tagen und die Einsetzung eines Schiedsgerichts.
Nach seiner Rückkehr erklärte Merz in Bern zudem, die festgehaltenen Geschäftsleute könnten bis Ende August ausreisen. Daraus wurde aber nichts. Auch ein Treffen von Merz mit Staatschef Gaddafi in New York am 24. September blieb ohne konkrete Ergebnisse.
Odyssee der Schweizer Geiseln
Für zusätzliche Verstimmung hatte im September die vorübergehende Verschleppung der Schweizer an einen unbekannten Ort gesorgt. Die Libyer hatten nach eigenen Angaben befürchtet, die beiden Männer könnten von einem Schweizer Kommando befreit werden.
Erst Anfang November wurden die Geiseln wieder in die Schweizer Botschaft in Tripolis zurückgebracht. Beobachter vermuteten, dass dies mit der veränderten Strategie des Bundesrats zusammenhing. Die Schweizer Landesregierung hatte aus Protest gegen die Haltung der Libyer zu dieser Zeit die Abkommen vom August sistiert.
swissinfo.ch und Agenturen
In den Augen Libyens hat die Schweiz bei der Volksabstimmung vom Sonntag, bei der sich 57,5% der Stimmenden für ein Verbot von Minaretten aussprachen, ihre rassistische Schlagseite bekräftigt.
Die amtliche Agentur Jana verwies am Montag auf den Einfluss des umstrittenen SVP-Plakates mit der verschleierten Frau und den Raketen-ähnlichen Minaretten.
Mit dem Entscheid werde die «religiös-rassistische Aktion» in der Schweizer Verfassung festgeschrieben. Damit zeige das Land seinen rassistischen Trend, schreibt Jana weiter.
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