Die Schweiz könnte die «Burka-Initiative» ablehnen
Die Unterstützung für die Initiative zum Verhüllungsverbot erodierte während der Kampagne. Hatten die Befürworter im Januar noch deutlich die Nase vorn, unterstützen jetzt nur noch 49% der Befragten die Vorlage, laut der zweiten SRG-Umfrage.
Und wenn die Schweiz dem Beispiel ihrer Nachbarn nicht folgt? Anders als Belgien, Frankreich und Österreich könnte sich die Schweiz weigern, die Burka und den Niqab von ihren Strassen zu verbannen.
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Abstimmung über «Burkaverbot» appelliert an Islamophobie und Feministinnen
Wenige Wochen vor der Eidgenössischen Volksabstimmung vom 7. März nimmt die Zustimmung zur Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot»Externer Link ab. Im Januar wollten noch 56% zustimmen; jetzt gaben 49% der Befragten an, die Initiative unterstützen zu wollen. Das ergab die zweite Trendumfrage des Forschungsinstituts gfs.bern im Auftrag der SRG SSR. 47% sind gegen die Vorlage, und 4% sind noch unentschieden.
Obwohl die Initiative auch unter den Schweizerinnen und Schweizern im Ausland an Zustimmung verloren hat, sind diese immer noch weitgehend für die Vorlage: 58% wollen Ja stimmen, verglichen mit 74% vor einem Monat.
Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat ist ein entscheidender Faktor für das Umfrageergebnis. Diejenigen, die der Regierung und dem Parlament vertrauen, sind gegen das Verbot, während diejenigen, die ihnen misstrauen, eindeutig dafür sind.
Die Nein-Seite punktet mit dem Sicherheitsargument. 62% der Befragten sind der Meinung, dass es zur Gewährleistung der Sicherheit ausreiche, nur in bestimmten Situationen (z. B. bei Demonstrationen) eine Vermummung zu verbieten. Eine Mehrheit der Befragten glaubt auch, dass dieses Verbot nur eine kleine Minderheit von Frauen betreffen würde, aber einen starken symbolischen Wert habe. In der Schweiz tragen schätzungsweise rund 30 Frauen Burka oder Niqab.
Am meisten Unterstützung geniesst aber ein Pro-Argument: Sein Gesicht zu zeigen sei ein fester Bestandteil der Schweizer Kultur.
Der Ausgang der Abstimmung am 7. März ist offen. «Die Emotionalität dieses Themas und die intensive Vorbereitungskampagne werden die Meinungsbildung sicherlich fördern», kommentieren die Forschenden des Meinungsforschungs-Instituts. Die Wahl werde in der Mitte des politischen Spektrums und bei den unabhängigen Wählenden entschieden.
Nein-Tendenz bei der E-ID
Trendwende beim Gesetz zur digitalen Identität: Während vor einem Monat noch 52% der Befragten das Projekt befürworteten, sind es jetzt nur noch 42%. 54% der Befragten lehnen es ab, 4% sind noch unentschlossen.
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Schweizer E-ID-Gesetz: Befürworter drängen, Gegnerinnen warnen
Auch unter den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern hat der Widerstand gegen die Einführung der E-ID an Boden gewonnen. Seit Ende Januar ist der Nein-Anteil von 29% auf 50% gestiegen.
Auch hier spielt die zunehmende Kritik an den Behörden im Zuge der Pandemie eine wesentliche Rolle, wie gfs.bern feststellte. Wer der Regierung misstraut, plant eher, ein Nein in die Urne zu legen.
Während des Abstimmungskampfs hat die Skepsis gegenüber dem Gesetzentwurf alle Schichten der Gesellschaft erreicht. Der Trend zum Nein ist bei den am stärksten Benachteiligten und bei Menschen ab 40 Jahren sehr deutlich.
Die Befürchtung, dass die E-ID von multinationalen Konzernen missbraucht werden könnte, um aus den sensiblen Daten Profit zu schlagen, stösst bei den Gegnern auf offene Ohren. Das Ja-Lager liess sich vor allem vom Argument überzeugen, die Corona-Pandemie erfordere einen verbesserten elektronischen Datenaustausch.
Weil die Vorlage sehr komplex und die Meinungsbildung erst «auf halbem Wege» ist, schliessen die Meinungsforscher eine Kehrtwende in letzter Minute zugunsten des Gesetzes nicht aus.
Ja zum Abkommen mit Indonesien
Einen klaren Vorsprung haben die Befürworter des Freihandelsabkommens mit Indonesien. Eine Mehrheit von 52% der Stimmberechtigten wollen den Vertrag annehmen. Nur 41% lehnen ihn ab. Die Unterstützung für die Vorlage ist in der Fünften Schweiz mit 54% noch etwas höher.
Fast 70% der Befragten sind überzeugt, dass das Abkommen der Schweiz einen Wettbewerbsvorteil verschaffe – insbesondere wegen der Abschaffung lästiger Zölle und anderer Handelshemmnisse. Die Argumente des Referendumskomitees für mehr Umweltschutz überzeugten allerdings ebenfalls 88% der Befragten. 63% sind zudem der Meinung, Palmöl sei zu billig und konkurrenziere einheimische Ölen.
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Der Streit um das indonesische Palmöl
Die wirtschaftlichen Vorteile des Freihandelsabkommens dominieren vorerst die Debatte. Die Forschenden sagen jedoch, dass die Meinungen noch drehen könnten.
Für die zweite Abstimmungsumfrage zum Urnengang vom 7. März befragte das Institut gfs.bern zwischen dem 10. und 18. Februar 12’166 repräsentativ ausgewählte Stimmberechtigte in allen Sprachregionen der Schweiz. Die statistische Fehlerspanne beträgt +/- 2,8 Prozentpunkte.
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