AKW Mühleberg geht 2019 vom Netz
Die Betreiberin BKW AG will das Atomkraftwerk Mühleberg bei Bern 2019 vom Netz nehmen. In den restlichen sechs Betriebsjahren will sie verschiedene Nachrüstprojekte umsetzen. Angestellte sollen nicht entlassen werden. Der Entscheid führte zu geharnischten Reaktionen der Atomkritiker.
Im März dieses Jahres noch hatte die BKW Energie AG mit einem Betrieb des Atomkraftwerks Mühleberg bis 2022 gerechnet. Dies, nachdem das Bundesgericht einen Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben und damit Mühleberg eine unbefristete Betriebsbewilligung erteilt hatte.
BKW-Verwaltungsratspräsident Urs Gasche sagte damals in einem Interview mit der Zeitung Der Bund, man werde vom Netz gehen, «wenn die Sicherheit nicht mehr gewährleistet ist. Oder wenn die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist».
Nun scheint sich der Weiterbetrieb über 2020 hinaus nicht mehr zu rechnen: Die BKW Energie habe in den vergangenen Monaten verschiedene Szenarien zur Zukunft und zum Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Mühleberg (KKM) geprüft, teilte die Betreiberin am Mittwoch mit.
Sie habe entschieden, das KKM bis ins Jahr 2019 «unter Einhaltung aller Sicherheitsanforderungen weiter zu betreiben und anschliessend vom Netz zu nehmen». Bei ihrem unternehmerischen Entscheid habe sie sämtliche bekannten technischen, wirtschaftlichen, regulatorischen und politischen Aspekte mitberücksichtigt.
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Zu hohe Kosten
Der Grund für das Abschalten seien die tiefen Strompreise. Es handle sich deshalb «um einen unternehmerischen, nicht politischen Entscheid», sagte BKW-Chefin Suzanne Thoma am Mittwoch vor den Medien in Bern.
«Die Investitionen für einen Langzeitbetrieb hätten für die BKW hohe Kosten zur Folge gehabt, deren Amortisation in der restlichen Laufzeit der Anlage unter den gegebenen wirtschaftlichen, regulatorischen und politischen Rahmenbedingungen zu unsicher gewesen wären», begründet die Kraftwerk-Betreiberin.
Der Verzicht auf die Investitionen für einen Langzeitbetrieb reduziert gemäss BKW das unternehmerische Risiko wesentlich und unterstützt einen verstärkten Ausbau der Wasserkraft und Windenergie im In- und Ausland sowie Investitionen in neue innovative Produkte und Dienstleistungen.
Nachrüstung
Die BKW Energie will für die restlichen sechs Betriebsjahre verschiedene Nachrüstprojekte umsetzen. Insgesamt sollen rund 200 Millionen Franken für Betrieb und Instandhaltung investiert werden.
Rund 15 Millionen Franken entfallen auf ausserordentliche Nachrüstmassnahmen. Dazu gehören unter anderem Investitionen in Massnahmen für die Verbesserung der Kühlwasserversorgung und der Brennelement-Lagerbeckenkühlung. «Damit hält die BKW die gesetzlichen Sicherheitsanforderungen ein und übertrifft die vom Eidgenössischen Nuklearinspektorat ENSI geforderte Sicherheitsmarge», hiess es.
Heftige Kritik
Genau dies glauben verschiedene Umwelt-Organisationen und Parteien nicht. «Fahrlässig», «skandalös», «katastrophal»: Die Reaktionen der Atomkritiker auf den Entscheid sind durchs Band negativ. Das Risiko eines Weiterbetriebs des Atomkraftwerks sei zu hoch, hiess es.
Die «minimalen Nachrüstaktionen» würden nicht reichen, das sei ungenügend, sagte ein Sprecher der Grünen am Mittwoch auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.
Die Betreiberin wolle mit der Aufsichtsbehörde ENSI «einen eigennützigen Teufelspakt aushandeln, der wichtige Nachrüstungen vermeidet, die Sicherheit der Bevölkerung für mindestens sechs weitere Jahre gefährdet und die Energiewende noch weiter hinauszögert», schrieb Greenpeace.
Kritisch nimmt auch die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) zum Entscheid Stellung. Die BKW wolle dem ENSI Konzessionen abringen, dies sei nicht hinnehmbar. «Sicherheit ist nicht Verhandlungssache», teilte die SES mit.
Ähnlich reagiert der WWF auf den Beschluss der BKW: Mühleberg sei bei der Sicherheit nicht auf einem aktuellen Stand, teilte der Umweltverband mit. Rüste die Betreiberin ihr Atomkraftwerk nur geringfügig nach, sei das ein Skandal und ein Spiel mit dem Feuer.
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Bis zum Betriebsende 2019 sollen laut BKW sämtliche Mitarbeitende in der Anlage weiterbeschäftigt werden. Es seien keine betrieblichen Entlassungen vorgesehen. Primäres Ziel sei es vielmehr, die derzeit im Werk tätigen Spezialisten und Fachkräfte für die restlichen Betriebsjahre der Anlage und auch für Nachbetrieb und Stilllegung zu halten.
Obwohl die Anlage einen wichtigen Pfeiler der BKW-Stromproduktion darstelle, könne die Betreiberin «ihren Grundversorgungsauftrag für ihre Kunden sowie die Versorgung ihrer Vertriebspartner auch nach der Ausserbetriebnahme des KKM mit Schweizer BKW-Strom weiterhin garantieren».
Das Atomkraftwerk Mühleberg in 13 Kilometern Entfernung zur Schweizer Hauptstadt hatte seinen kommerziellen Betrieb 1972 aufgenommen. Seit Anfang der 1990er-Jahre haben Risse im Kernmantel die Betreiberin und das ENSI immer wieder beschäftigt.
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