Auf die Schweiz wartet ein emotionales Abstimmungsjahr
Schon Anfang März stimmt die Schweiz über zwei Volksbegehren ab: Die sogenannte Renteninitiative der Jungfreisinnigen, die eine Erhöhung des Rentenalters möchte, und die Initiative für eine 13. AHV-Rente, die von den Linken kommt und die eine Erhöhung der AHV-Renten will.
Die 13. AHV-Rente hat mehr Chancen als die Renteninitiative. Politikwissenschaftler Lukas Golder vom Forschungsinstitut gfs.bern dazu: «Die Emotionen spielen im Moment für die 13. AHV-Rente. Die sachliche Diskussion über die Renteninitiative ist daher schwieriger.» Die Diskussion über die 13. AHV-Rente überdecke die Diskussion über die Renteninitiative.
Pfeffer drin
Überhaupt könnte es heuer viele emotionale Abstimmungskämpfe geben. Etwa die Prämienentlastungs-Initiative, die Biodiversitäts-Initiative sowie die Referenden gegen die Gesetzesänderungen zum Mietrecht und das Referendum gegen den Ausbau der Autobahnen dürften heftig zu reden geben.
Vor allem der Ausbau der Autobahnen hat es in sich. Das Thema bewegt alle. Und, so Golder: «Wir sind hier fast zurück in den neunziger Jahren, als die Autopartei gegen die Grünen antrat. Es geht zudem um die Ausrichtung der Verkehrspolitik, die künftige Gestaltung der Schweiz mit dem neuen UVEK-Chef Albert Rösti.»
Zum Mietrecht sagt Golder: «Das Thema wird stark unterschätzt.» Es bewege mittlerweile nicht nur die Menschen in den Grossstädten. «Die Schweiz ist ein Volk von Mieter:innen und zudem beschäftigt die Menschen die Teuerung.»
Viele Initiativen gesetzt
Insgesamt sind sechs Volksinitiativen abstimmungsreif. Drei weitere Initiativen müssen im Sommer wegen der auslaufenden Fristen zur Abstimmung kommen: die Kostenbremse-Initiative der Mitte, die die Kosten im Gesundheitswesen eindämmen möchte; die Prämienentlastungs-Initiative der SP, die Prämien reduzieren und nach Einkommen abstufen möchte sowie die sogenannte Stopp-Impfpflicht-Initiative.
Referenden im Hoch
Dazu könnten dieses Jahr sechs Referenden zustande kommen. Ungewöhnlich viele also. Neben dem Ausbau der Autobahnen und den Referenden zum Mietrecht könnte dieses Jahr auch das Referendum zum «Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien» zustande kommen.
Ein weiteres Referendum kündigte die Gewerkschaft VPOD zur «einheitlichen Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen» an.
Während die sogenannte Initiativenflut über die Jahre gesehen etwas abflacht, fällt die zunehmende Menge an Referenden auf. In der letzten Legislatur dürfte hier allerdings auch die Pandemie eine Rolle gespielt haben.
Allerdings tragen laut Golder auch andere Faktoren zur zunehmenden Anzahl an Referenden bei: «Das Referendum ist heute wegen der Digitalisierung ein attraktives Instrument geworden», sagt der Politologe. Es sei also einfacher geworden, 50’000 Unterschriften in drei Monaten zu sammeln.
Vor allem die Linke nutzt dies. «Die Linke hat bewiesen, dass sie oft referendumsfähig ist und so im eigenen Sinne Politik machen und Position beziehen konnte», so Golder.
Und: Die vielen Abstimmungen wirken sich auf die Meinungsbildung bei der einzelnen Vorlage aus. «Die Diskussionen werden etwas flacher, weil der Raum in den Medien beschränkt ist.»
Trotzdem würden sich die Stimmberechtigten auch bei vielen Vorlagen in einem Jahr eine vernünftige Meinung bilden können, so der Politikwissenschaftler.
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