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Wahlbarometer oder die Stunde der Grünliberalen

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Würde jetzt in der Schweiz gewählt, wäre er der Sieger: Jürg Grossen, Präsident der Grünliberalen Partei (GLP). Keystone / Melanie Duchene

Wären jetzt Schweizer Parlamentswahlen, hiessen die Gewinner die Grünliberalen. Die Grünen, die grossen Sieger der letztjährigen Wahlen, büssen dagegen leicht ein. Die SVP bleibt grösste Partei, aber der Abwärtstrend hält an.

Bei den eidgenössischen Wahlen 2019 haben die Grünen im Schweizer Parlament einen historischen Sieg eingefahren. Nicht weniger als 17 Sitze gewannen sie im Nationalrat, der Grossen Kammer. Damit wurde die Grüne Partei zur vierten politischen Kraft des Landes.

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Ein Jahr nach den Eidgenössischen Wahlen vom Oktober 2019 zeigt der neue Sotomo-Wahlbarometer (siehe Box), dass die Parteistärken einigermassen stabil geblieben sind: Die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) hat zwar nach wie vor die Mehrheit der Stimmen, gefolgt von den Sozialdemokraten (SP), dem liberalen Freisinn (FDP) sowie den Grünen.

Doch bei der SVP geht die Erosion betreffend Wählerschaft weiter: Nachdem sie vor einem Jahr einen historischen Taucher von minus 3,8 Prozentpunkten erlitt, beträgt das Minus in Sachen Wählergunst im Herbst 2020 weitere 1,5 Prozentpunkte.

Die Grünen ihrerseits verlieren einen Prozentpunkt, während die wirtschaftsfreundlichen Grünliberalen um zwei Prozentpunkte zulegen. Im Gegensatz zu den Grünen scheinen die Grünliberalen ihr Wachstumspotenzial noch nicht ausgeschöpft zu haben, heisst es im Sotomo-Wahlbarometer.

Laut den Autoren und Autorinnen haben die Grünliberalen das Potenzial, die Nummer sechs unter den Schweizer Parteien zu werden.

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Covid-19 Tsunami

Die Meinungsforschenden weisen jedoch darauf hin, dass sich die Situation seit dem vergangenen Jahr dramatisch verändert hat: Der Ausbruch der Covid-Pandemie habe auch die Sorgen der Wählerinnen und Wähler grundlegend verändert.

Die Pandemie wird heute von der grossen Mehrheit der Befragten (61%) als die wichtigste Herausforderung für die Schweiz wahrgenommen. Das Klima, das bei den Wahlen 2019 das beherrschende Thema war, ist an die zweite Stelle gerückt (34%). Als weitere wichtigen Herausforderungen, die in direktem Zusammenhang mit dem Coronavirus stehen, taxieren die Menschen in der Schweiz die gebremste Wirtschaft, die Arbeitslosigkeit sowie die Löhne.

Die Umfrage wurde vom Forschungsinstitut Sotomo im Auftrag der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft SRG, zu der SWI swissinfo.ch gehört, durchgeführt. Zwischen dem 23. Oktober und dem 2. November wurden 19’620 Schweizer Stimmberechtigte befragt. Die Fehlerquote beträgt +/- 1,3 Prozentpunkte.

Sotomo stellt fest, dass ausschliesslich Themen, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit der Pandemie stehen, an Bedeutung gewonnen haben. Dagegen büssten Anliegen an Dringlichkeit ein, die bisher die grössten politischen Brocken waren: die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union, die Einwanderung sowie die Renten.

«Die Wahlen 2019 fanden in einem Umfeld statt, das von einer äusserst stabilen Wirtschaftslage geprägt war», so die Autorinnen und Autoren. Zwar habe die Coronakrise die Situation in der Schweiz erheblich verändert. Doch scheinen diese neuen Prioritäten die Wahlabsichten nicht wesentlich verändert zu haben.

SVP verliert ihren Fokus

Die Wählerinnen und Wähler von vier der sechs grössten Parteien der Schweiz sehen die Pandemie heute als Herausforderung Nummer eins. Bei der Anhängerschaft der rechten SVP gelten die Hauptsorgen dagegen weiterhin der Einwanderung und den Ausländerinnen und Ausländern. Die Gefolgschaft der linken Grünen hingegen macht sich zunehmend Sorgen um das Klima.

«Während noch vor einem Jahr 65% der SVP-Wählerinnen und -Wähler die Zuwanderung als wichtigste Herausforderung ansahen, ist diese Zahl nun auf 45% gesunken», berichteten die Meinungsforschenden. Hier liege wahrscheinlich eine der Ursachen für diese weitere Erosion der Parteibasis.

Mit anderen Worten: Die Wählerschaft der SVP scheint keine klare Priorität mehr zu haben. Oder anders formuliert: Einer wachsenden SVP-Klientel wird die Fokussierung auf die einstigen Kernthemen zu eng.

Das Coronavirus ist in allen drei Sprachregionen der Schweiz dasjenige Thema, das die Wählerinnen und Wähler am meisten beschäftigt. In der Westschweiz ist dieser Trend mit 67% aber ausgeprägter als im Tessin (59%) und der Deutschschweiz (58%).

Die Sorge um das Klima bleibt in der französisch- und deutschsprachigen Schweiz zweite Priorität. Im italienischsprachigen Süden dagegen folgen hinter Corona die hohen Krankenkassenprämien und die Arbeitslosigkeit.

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