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Schweizer Top-Diplomat verteidigt türkisches Vorgehen nach Putschversuch

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die USA und die EU wegen angeblich mangelnder Solidarität mit der Türkei scharf kritisiert. Keystone

Der Schweizer Staatssekretär Yves Rossier verteidigt das Vorgehen der türkischen Regierung und des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nach dem Putschversuch von letztem Monat. Er setzt auf Dialog und Versöhnung, Kampfansagen seien hingegen wirkungslos, sagt er.

In einem am Mittwoch publizierten Interview mit den Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Der Bund» wurde der Schweizer Staatssekretär im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Yves Rossier, gefragt, ob die Schweiz es akzeptieren könne, dass Türken hierzulande von der türkischen Regierung und ihr nahestehenden Organisationen bedroht würden, wenn sie Präsident Recep Tayyip Erdogan nicht unterstützten.

«Der Ton, den einige Exponenten anschlagen, ist unangenehm», antwortete Rossier. «Aber man kann ihn nicht kontrollieren. Und in einer politischen Auseinandersetzung ist Vieles zulässig. Kritik ist erlaubt.»

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Spätestens seit dem gescheiterten Putschversuch habe die Türkei klare Beweise, dass die Gülen-Bewegung eine terroristische Organisation sei, sagte Volkan Karagöz, Botschafter ad interim, gleich zu Beginn der Medienkonferenz in der türkischen Botschaft. Fethullah Gülen – einst ein enger Gefolgsmann des Staatspräsidenten, der sich später wegen Korruptionsvorwürfen gegen das Umfeld des Regimes mit Erdogan überwarf –…

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Auf den Hinweis, dass diese Aufrufe zur Denunziation die Leute einschüchtern könnten, antwortete Rossier, dass es an den Justizbehörden sei, zu entscheiden, ob diese Aufrufe strafbar seien.

«Inwiefern sich die Leute einschüchtern lassen, ist eine andere Frage», sagte er. «Ich denke, die türkische Zivilgesellschaft hat mehrmals gezeigt, dass sie sich nicht so schnell einschüchtern lässt. Deshalb ist der Putschversuch vom 15. Juli gescheitert: Weil die Leute auf die Strasse gingen, obwohl auf sie geschossen wurde. Sie hatten keine Angst, die Zivilcourage war stärker. Das ist ein gutes Zeichen.»

Jedes Land auf seine Weise

Laut Rossier lässt sich mit einer Kampfansage, wie sie Österreichs Aussenminister Sebastian Kurz machte, wenig bewirken. Am Wochenende drohte Kurz mit dem Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei, was den Flüchtlingsdeal zwischen Brüssel und Ankara zum Scheitern bringen könnte.

Auf die Frage, warum die Schweiz die Drohungen einer ausländischen Regierung gegen Türken in der Schweiz duldet, während Österreich dies klar ablehnt, antwortete Rossier: «Jedes Land reagiert auf seine Weise. Die Schweiz hat von Beginn weg zur Zurückhaltung und Versöhnung der demokratischen Kräfte aufgerufen.»

Und weiter: » Wir wollen der Türkei dabei helfen, ein Rechtsstaat zu bleiben. Hier hat das Land in den letzten Jahrzehnten grosse Fortschritte gemacht, gerade unter der AKP-Regierung von Erdogan.»

Yves Rossier Keystone

Diese Hilfe sollte in Form eines Dialogs fortgeführt werden, so Rossier, nicht nur mit der Regierung, sondern auch mit der Zivilgesellschaft. Auch die grossen NGO seien vor Ort und hälfen, aus Gerüchten Fakten zu machen. «Die Türkei ist heute eine moderne, urbane Gesellschaft. Das war vor 30 Jahren ganz anders. Wir wollen sagen: Zerstört nicht, was ihr aufgebaut habt.»

Putsch ist Katastrophe für Rechtsstaat

Rossier sagte weiter: «Wenn sich die Türkei tatsächlich von der Rechtsstaatlichkeit verabschieden würde, wäre das eine Katastrophe. Aber schauen Sie, was jetzt geschieht: Die AKP und die Oppositionsparteien haben sich angenähert. Es gibt nun die Reaktion auf den Putsch, ja. Aber das ist normal. Ein Putsch ist katastrophal für den Rechtsstaat.»

Und Rossier wurde noch deutlicher: «Stellen Sie sich vor, in der Schweiz würde das Militär das Bundeshaus angreifen und auf Zivilisten schiessen. Man würde mit Verhaftungen reagieren. Die Verhaftungen auszuweiten auf blosse Regierungskritiker ist dagegen nicht zulässig. Wichtig ist, dass sich die Betroffenen gerichtlich dagegen wehren können.»

«Aussage ist blauäugig»

Kritik an den Äusserungen des Chefdiplomaten Yves Rossier übt Mustafa Atici, Basler Grossrat der Sozialdemokratischen Partei. Er sei zwar einverstanden, sagt der in der Türkei geborene Schweizer gegenüber dem Tages-Anzeiger, dass die Schweiz der Türkei helfen soll, demokratischer zu werden. Aber «wir müssen der Türkei gegenüber klarstellen, was wir unter einer rechtsstaatlichen Demokratie verstehen: Dazu gehören Menschrechte, Minderheitenschutz, Medienfreiheit und eine unabhängige Justiz.» 

Konfrontiert mit der Aussage von Rossier, es sei wichtig, dass sich die Betroffenen gerichtlich wehren könnten, antwortet Atici: «Die Aussage ist blauäugig. Bereits vor dem Putschversuch hat Erdogan wiederholt Hunderte Richter entlassen, die nicht auf seiner politischen Linie waren. Welche unabhängigen Gerichte sollen die Betroffenen also anrufen?» 


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