Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Die Mächtigen der Welt treffen sich in Montreux – wirklich?

Montreux Palace
Die Teilnehmenden der Bilderberg-Konferenz dürfem das Hotel Montrreux Palace während drei Tagen nicht verlassen. Keystone / Martial Trezzini

Vom 30. Mai bis 2. Juni findet im Montreux Palace die Bilderberg-Konferenz-2019 statt. Dieses Gipfeltreffen von rund 130 Mächtigen des Westens ist Gegenstand vieler Verschwörungsfantasien. Manchmal wird es als "Weltregierung" bezeichnet. Wie sieht die Realität aus?


Die Bilderberg Konferenz fand erstmals 1954 im Hotel Bilderberg (daher der Name) im niederländischen Oosterbeek statt. Seither findet einmal pro Jahr eine Sitzung statt, jeweils an einem anderen Ort. Dieser Diskussionsclub für europäische und amerikanische Führungskräfte, der mitten im Kalten Krieg ins Leben gerufen wurde, sollte ein Bollwerk gegen die kommunistische Ideologie sein.

Die Konferenz wird auf Einladung des Lenkungsausschusses besucht, und die Teilnehmenden wechseln jedes Jahr, aber es hat auch einige Stammgäste.

128 Personen, von denen etwa ein Viertel Frauen sind. Mit Ausnahme von 10 Gästen (aus der Türkei, Polen, Bulgarien und Estland) kommen alle aus Nordamerika und Westeuropa. Das Treffen ist privat und die Teilnehmenden sind selbst für ihre Reise- und Aufenthaltskosten verantwortlich. Sie müssen allein kommen, ohne Ehepartner oder Partnerin und ohne Assistentinnen oder Assistenten. Sie bleiben während der dreitägigen Diskussionen im Hotel.

Auf der GästelisteExterner Link stehen Namen von amtierenden und ehemaligen Ministerinnen und Ministern wie Bruno Le Maire aus Frankreich, Mark Rutte aus den Niederlanden, Ursula von der Leyen aus Deutschland, Matteo Renzi aus Italien oder der Henry Kissinger – ein regelmässiger Gast – aus den USA.

Hinzu kommen Vorsitzende internationaler Institutionen oder CEOs globaler Konzerne wie der Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, der ehemalige Google CEO, Eric Schmidt, der CEO von Total, Patrick Pouyanné, NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, Microsoft CEO Satya Nadellades oder der ehemalige Präsident der Europäischen Kommission und heutige Banker, José Manuel Barroso. Ganz zu schweigen von Jared Kushner, dem persönlichen Berater und Schwiegersohn von Donald Trump.

Auf Schweizer Seite wird Ueli Maurer als erster amtierender Bundespräsident an den dreitägigen Debatten teilnehmen. Er wird dort auch einigen Landsleuten wie André Hoffmann, Vizepräsident der Roche-Gruppe, Tidjane Thiam, CEO der Credit Suisse, und den Industriellen André Kudelski, Organisator des Bilderbergs 2019, begegnen.

Bilderberg versteht sich als Instrument zur «Förderung des Dialogs zwischen Europa und Nordamerika». Es ist ein Forum für informelle Diskussionen, in dem jeder für sich selbst spricht und daher nicht seine Regierung, sein Unternehmen oder seine Organisation vertritt.

Die Hauptthemen für dieses Jahr sind die Zukunft Europas, Brexit, China, Russland, Klimawandel und Nachhaltigkeit, Raumfahrt, künstliche Intelligenz, digitale Bedrohungen und die Zukunft des Kapitalismus.

Bilderberg ist ein Thema, das den Verschwörern am Herzen liegt. Man muss nur den Namen «googeln», um es selbst zu sehen. Die Gruppe habe die Macht, Kriege zu führen und versuche, eine Art globale Schattenregierung zu werden, heisst es da etwa.

Angesichts der Kritik hat sich der Club von einer quasi geheimen zu einer diskreten Institution entwickelt. Seit einigen Jahren hat er eine WebsiteExterner Link, die nüchtern, kurz und bündig daherkommt. Darin steht zum Beispiel, dass die Konferenz, die «kein Ergebnis erzielen will, nicht mit einer Abschlusserklärung oder Resolution endet». Es gibt keine Abstimmungen, und Bilderberg unterstützt keine politischen Parteien oder Standpunkte.

Ist Bilderberg lediglich eines von vielen internationalen Foren, aber ohne Publizität? Die Organisatoren weisen darauf hin, dass die Diskretion den Teilnehmenden erlaubt, sich freier auszudrücken, als sie es unter dem Druck der Medien, eines Verhandlungsmandats oder ihrer öffentlichen Meinung tun würden.

Dennoch ist der Club nach wie vor sehr von der westlichen Ideologie geprägt, die sich den Werten der Demokratie und Freiheit verpflichtet fühlt – einschliesslich des Unternehmertums. «Über die Zukunft des Kapitalismus zu sprechen, bedeutet nicht, dass wir es für das einzig mögliche System halten», sagte André Kudelski der Waadtländer Tageszeitung 24 heures vor dem Montreux-Event.

Das mag sein. Aber Greta Thunbergs Namen steht nicht auf der Gästeliste.

Montreux wird die erste Bilderberg-Konferenz in der Westschweiz sein. Aber in der Schweiz fanden seit den 1950er-Jahren bereits fünf Ausgaben statt.

So berichtete die Tagesschau des Schweizer Fernsehen und Radio 2013 über die Bilderberg-Konferenz im englischen Watford.

Externer Inhalt


(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)

Beliebte Artikel

Meistdiskutiert

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft