Post startet öffentliche Demo-Version – mehr als ein Werbegag?
Einige Kantone bieten Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern an, per Internet an Abstimmungen in ihrer alten Heimat teilzunehmen. Drei Systeme konkurrieren derzeit auf dem Schweizer Markt, eines davon bietet die Schweizerische Post an. swissinfo.ch hat für Sie die neu lancierte Demoversion getestet.
Der Einstieg in den Selbstversuch klappt problemlos: Zuerst kann ich auf der eigens dafür geschaffenen WebsiteExterner Link der Post einen digitalen Stimmausweis in den Nationalsprachen herunterladen. Diesen hätte ich im Normalfall per Post erhalten.
Wer Codes nicht mag, sollte nun der Liebe zur alten Heimat wegen über seinen Schatten springen: Denn auf dem Stimmausweis befinden sich drei Codes. Nun müssen der erste Code und ein fiktives Geburtsjahr eingegeben werden – und schon geht’s los.
Ich kann über verschiedene politische Vorlagen abstimmen, wie ich das von einem «analogen» Stimmzettel her gewohnt bin. Nur dass jetzt meine Wahl per Maus und nicht per Stift geschieht.
In einem zweiten Schritt werden meine Angaben «versiegelt». Anhand von Prüfzahlen kann ich kontrollieren, ob die Angaben korrekt an einen Server übermittelt wurden. Dann folgt bereits der finale Schritt: Mit der Eingabe eines weiteren Codes kann ich meinen virtuellen Stimmzettel «einwerfen». Fazit: Ein Kinderspiel!
Post geht in die Offensive
Der Markt fürs E-Voting ist in der Schweiz hart umkämpft, weil er ein grosses Wachstumspotenzial birgt. Der «Gelbe Riese» ist neben dem Kanton Genf und der EmineoExterner Link einer von drei Anbietern in der Schweiz.
«Die Demo-Version ist kein Werbegag», betont Oliver Flüeler, Pressesprecher der Post. Die Post wolle der Bevölkerung zeigen, was E-Voting überhaupt sei und wie einfach das System funktioniere, begründet er die Aktion.
Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) begrüsst diesen Schritt. «So kann der Bevölkerung gezeigt werden, dass dieses System sehr einfach zu nutzen ist», sagt Pressesprecher Sasha Edelmann.
Freiburg war im November des vergangenen Jahres der erste Kanton, in dem das gemeinsam mit der privaten spanischen Firma Scytl entwickelte System der PostExterner Link erfolgreich beim Auslandschweizer Stimmvolk eingesetzt wurde.
Mehr
Mehr
Immer mehr Schweizer leben im Ausland
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Allein im vergangenen Jahr nahm die Anzahl der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer um fast drei Prozent zu, wie das Aussendepartement (EDA) mitteilte. Die Zunahme im vergangenen Jahr liegt demnach über dem Wachstum der vergangenen Jahre von rund zwei Prozent. Konkret liessen sich im vergangenen Jahr 21’784 Personen bei den Vertretungen im Ausland registrieren. Total leben heute…
Bei den Abstimmungen vom 12. Februar nutzte auch die Auslandgemeinde des Kantons Neuenburg den neuen Kanal (dort konnten auch Inlandschweizer per Internet abstimmen). Als dritten Kanton visiert die Post nun Basel-Stadt an, ausgerechnet ein Kanton, der bisher auf die Konkurrenz CHVote gesetzt hatte. Jenes System nutzen auch die Kantone Bern und Luzern.
Knackpunkt bleibt die Sicherheit
Die Sicherheit der Stimmabgabe ist das zentrale Thema, wenn es um E-Voting geht. Kritiker bemängeln, das Risiko der Stimmenmanipulation sei heute noch zu hoch. Die Post hingegen zeigt sich «überzeugt, dass nur transparente E-Voting-Lösungen langfristig erfolgreich sein können», wie es in der Mitteilung heisst.
Der Dritte fühlt sich ausgebremst
Als dritter Player hat sich Emineo ins Spiel gebracht. Das Schweizer Informatik-Unternehmen bemängelt, dass etwa die Kantone St. Gallen und Aargau nur die beiden Systeme CHVote und Post geprüft haben, was einer Abschottung gleichkomme und überhaupt keine Konkurrenz ermögliche, wie Mitgründer Werner Zecchino letzten November gegenüber swissinfo.ch erklärte. Deswegen reichte es gegen beide Beschaffungsprozesse Rekurs ein.
Geschäftsführer Thomas Zwahlen sagt, in der Zwischenzeit habe man die Rekurse zurückgezogen. Nach einer Güterabwägung habe man die Erfolgschancen als zu gering eingeschätzt. Der finanzielle und zeitliche Aufwand sei für eine privatwirtschaftliche Firma schlicht zu gross. Man stehe aber weiterhin «in Sondierungskontakten mit anderen Verwaltungseinheiten in der Schweiz».
Bedürfnisse der Fünften Schweiz
Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) kämpft seit Jahren für die Einführung des E-Voting für die Auslandgemeinde in allen Kantonen. Für viele von ihnen ist dies die einzige Möglichkeit, ihre Bürgerrechte wahrzunehmen, denn in gewissen Ländern ist die Post zu langsam, um das Stimm- und Wahlmaterial innert nützlicher Frist zuzustellen.
Ständerat Filippo Lombardi und Nationalrat Tim Guldimann haben je eine Motion eingereicht, in denen sie verlangten, bis zu den nationalen Wahlen 2019 allen berechtigten Auslandschweizerinnen und -schweizern die Möglichkeit der elektronischen Stimmabgabe anzubieten.
Der Ständerat lehnte die Motion LombardiExterner Link im letzten März ab und war damit der Empfehlung der Regierung gefolgt. Diese hatte argumentiert, für die Durchführung von Wahlen und Abstimmungen seien die Kantone zuständig. Nach der Ablehnung im Ständerat zog Guldimann seine MotionExterner Link im Nationalrat zurück.
Würden Sie gerne online abstimmen können? Diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren!
Meistgelesen Swiss Abroad
Mehr
Freiburger gründet «Tinder der Berge» für die Liebe in der Höhe
Soll der Verkauf von Rohmilch verboten werden oder sollen Konsumentinnen und Konsumenten selbst entscheiden?
In der Schweiz verbietet das Lebensmittelgesetz den Verkauf von Rohmilch zum direkten Verzehr. Ein Schlupfloch erlaubt dies jedoch in 400 Rohmilchautomaten.
Ist eine Reform des Schweizer Rentensystems noch möglich, und wenn ja, wie?
Es müssen noch Lösungen gefunden werden, um die Herausforderung einer alternden Bevölkerung zu bewältigen und die Renten von Geringverdienenden, mehrheitlich Frauen, zu verbessern.
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch
Mehr lesen
Mehr
Kanton Freiburg ist sehr zufrieden mit neuem E-Voting-System
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
«Alles hat sehr gut funktioniert, sowohl für die Abstimmung auf Bundesebene als auch für die kantonalen Wahlen», erklärte die Staatskanzlerin Danielle Gagnaux-Morel gegenüber swissinfo.ch. 34% der Auslandfreiburger, die sich an der Abstimmung über die Volksinitiative für einen «geordneten» Atomausstieg beteiligt haben, sowie 41,8% derjenigen, die am zweiten Wahlgang der kantonalen Wahlen teilgenommen haben, nutzten den…
E-Voting zwischen Hoffnung, Misstrauen und Konkurrenzdenken
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Für das E-VotingExterner Link wird der kommende Sonntag im Kanton Freiburg zu einer Nagelprobe: Einerseits ist es das erste Mal, dass einer der neun Kantone, die sich zum Konsortium «Vote électronique» zusammengeschlossen hatten, diesen Kanal wieder für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer öffnet. 2015 hatte die Landesregierung (Bundesrat) dem Konsortium aus Sicherheitsgründen die Bewilligung entzogen, ihr System…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die elektronische Stimmabgabe ist unter Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern ein heikles Thema. In der Tat haben sich 24 Jahre nach der Einführung der brieflichen Stimmabgabe mehr als 142’000 Personen, die im Ausland leben, in einem Stimmregister eingetragen, um ihre politischen Rechte ausüben zu können. Leider ist es in der Praxis für viele schwierig, politisch aktiv zu…
Demokratie erfordert Vorsicht beim Abstimmen über das Internet
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
In einer Demokratie ist es von grundlegender Bedeutung, dass die Bürgerinnen und Bürger absolutes Vertrauen haben in die Glaubwürdigkeit der Urnengänge. Andernfalls würde die Legitimität von Volksentscheiden und gewählten Institutionen stark geschwächt. Diese Glaubwürdigkeit muss deshalb unbedingt garantiert sein, bevor ein neuer Kanal zur Stimmabgabe eröffnet wird. Und bisher ist das für das Abstimmen und…
Grosse Zustimmung zu E-Voting trotz Sicherheitsbedenken
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Das geht aus einer am Montag veröffentlichten Umfrage im Auftrag des Zentrums für DemokratieExterner Link (ZDA) in Aarau hervor. 29 Prozent der insgesamt 1523 befragten Personen in den drei Landesteilen lehnen das E-Voting ab oder sind vollkommen dagegen. Sicherheitsbedenken sind vorhanden. 61 Prozent der Befragten glauben, dass die Stimmabgabe über das Internet einfacher manipuliert werden…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Nur eine beschränkte Zahl der Bewohner von sechs der insgesamt 26 Kantone kann in der Schweiz zurzeit elektronisch abstimmen. Der langfristige Prozess hin zur elektronischen Stimmabgabe erlitt im vergangenen Jahr einen grossen Rückschlag. Damals stoppte die Schweizer Regierung wegen Sicherheitsbedenken den Gebrauch eines amerikanischen Systems. Seither buhlen zwei von den Behörden zugelassene E-Voting-Systeme um die…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Die Schweiz gehört zu den Pionierländern des E-Voting. Trotzdem kann erst eine Minderheit der Fünften Schweiz ihre Stimme per Mausklick abgeben. Das Vorhaben erleidet immer wieder technische oder politische Rückschläge. Jüngstes Beispiel ist der Entscheid des Ständerats (Vertreter der Kantone), eine Motion von Filippo Lombardi abzulehnen. Weil es für viele im Ausland lebende Schweizer schwierig…
Öffentlich oder privat? Der Kampf um die Zukunft des E-Voting
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Seit den ersten Versuchen von 2003 stehen sich in der Frage, wie das E-Voting in der Schweiz umgesetzt werden soll, zwei Visionen gegenüber. Auf der einen Seite steht der Kanton Genf, wo der Staat traditionell eine wichtige Rolle spielt. Genf setzte von Anfang an auf ein öffentliches System, das von A bis Z von kantonalen…
«E-Voting ist Teil unserer strategischen Missionen»
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
swissinfo.ch: Wieso steigt die Post in den E-Voting-Markt ein? Claudia Pletscher: Mit den 19 Millionen Briefen, die wir jedes Jahr im Rahmen von Abstimmungen und Wahlen befördern, sind wir in diesem Bereich schon heute der bedeutendste Partner der Kantone und wollen das auch in Zukunft bleiben. Das E-Voting, die elektronische Stimmabgabe, reiht sich ein in…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Insgesamt haben 13’370 Stimmberechtigte in der Schweiz und im Ausland am Sonntag ihre Parlamentsvertreter auf elektronischem Weg gewählt, das ist knapp einer von 200 Wählenden. So waren es in Luzern 745, in Basel-Stadt 1120, 4416 in Neuenburg und 7089 in Genf, welche diese Gelegenheit beim Schopf packten, wie Zahlen der Bundeskanzlei in Bern belegen. 2011…
Angst vor Hackern verzögert Stimmabgabe per Internet
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
Eine Medienmitteilung Externer Linkder Schweizer Regierung sorgte am 12. August für Aufregung: Nur zwei Monate vor den eidgenössischen Wahlen verweigerte die Regierung neun Kantonen die Bewilligung für die elektronische Stimmabgabe ihrer im Ausland lebenden Bürger. Seither schieben sich das Konsortium der neun Kantone und der Bund die Verantwortung für diese Schlappe gegenseitig in die Schuhe.»Der…
Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht
«Keine Bewilligung erhielten die Kantone des Consortiums Vote électronique», heisst es lapidar in der Mitteilung der BundesbehördenExterner Link. Hinter diesem Satz versteckt sich Zündstoff. In Klartext bedeutet er, dass Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer in neun Kantonen am 18. Oktober nicht elektronisch wählen können: Zürich, Glarus, Freiburg, Solothurn, Schaffhausen, St. Gallen, Graubünden, Aargau und Thurgau. Als Grund…
Ihr Abonnement konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuchen Sie es erneut.
Fast fertig... Wir müssen Ihre E-Mail-Adresse bestätigen. Um den Anmeldeprozess zu beenden, klicken Sie bitte den Link in der E-Mail an, die wir Ihnen geschickt haben.
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch