Ueli Maurer – ein Bundesrat hat wieder Spass am Regieren
Ab 1. Januar 2019 ist Finanzminister Ueli Maurer neuer Bundespräsident der Schweiz. Das Amt macht den 68-jährigen Zürcher zum Kopf der Regierung – ist aber turnusgemäss nur auf ein Jahr beschränkt.
Mit einem Glanzresultat wählte das Schweizer Parlament am 5. Dezember 2018 Ueli Maurer zum Bundespräsidenten: 201 von 209 Mitglieder von National- und Ständerat (grosse und kleine Kammer) gaben Maurer ihre Stimme.
Der letzte Bundespräsident mit solch einem klaren Resultat war Jean-Pascal Delamuraz – und das war im Jahr 1989.
Gefühlsausbruch
Das sorgte bei Ueli Maurer für schon fast überschwängliche Freude. «Politik muss Freude und Spass machen», rief er in seiner Dankesrede den Mitgliedern der beiden Räte zu.
2013, in seinem ersten Präsidialjahr, hatte es noch anders getönt: Zu viele repräsentative Termine, zu viele Reisen ins Ausland, hatte Maurer damals geklagt.
In der Schweiz hat der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin nicht mehr politische Macht als die sechs Kolleginnen und Kollegen. Die Aufgabe ist vor allem symbolischer Art. Aber es fallen einige besondere Aufgaben an: Maurer wird die Bundesratssitzungen leiten. Und sollte sich das siebenköpfige Gremium nicht einig sein, fällt ihm der Stichentscheid zu.
Im Schatten Blochers
Das Amt des Bundespräsidenten ist die Krönung von Maurers klassischer Schweizer Politikerkarriere: 1978 wurde er Gemeinderat in Hinwil im Kanton Zürich, 1983 Mitglied des Zürcher Kantonsparlaments, von wo er 1991 den Sprung ins nationale Parlament schaffte (als Nationalrat).
Führungserfahrung sammelte er als Präsident des Verbandes der Schweizer Gemüseproduzenten – aber vor allem als Präsident der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP). In seiner Amtszeit von 1996 bis 2008 stieg die SVP zur stärksten Partei der Schweiz auf.
Trotz der Erfolge aber gelang es Maurer nie, aus dem Schatten von SVP-Überfigur Christoph Blocher herauszutreten. Dieser dominiert die Partei bis heute – als Chefstratege und Mäzen.
Keine Scheu vor der Blockchain
Das begann sich erst ab 2009 zu ändern, als Maurer in den Bundesrat gewählt wurde. Genauer, als er 2016 vom Armee- ins Finanzministerium wechselte. Dort beeindruckte Maurer, der über den Abschluss eines eidgenössisch diplomierten Buchhalters verfügt, mit solider Dossierfestigkeit.
Und er zeigte sich bei Auftritten so hochkomplexen Dingen wie Blockchain und Bitcoin gewachsen. Denn Maurer hat erkannt, dass die Zeichen des digitalen Zeitalters auch vor der Finanzpolitik keinen Halt machen.
Davon zeugt auch seine Neujahrskarte – mit Abstand die innovativste aller sieben Regierungsmitglieder:
Die Neujahrskarten der Bundesräte haben es in diesem Jahr in sich. Also insbesondere die von Ueli #MaurerExterner Link.https://t.co/b5fXYJL7ooExterner Link
— SRF News (@srfnews) December 25, 2018Externer Link
Sorge unbegründet
«Rechtspopulist Maurer ist neuer Bundespräsident der Schweiz»: So titelte die deutsche Zeitung «TagesspiegelExterner Link» seine Wahl. Maurer ist zwar nach wie vor Mitglied der SVP. Und diese hält in gesellschaftspolitischen Fragen wie der Migration unverdrossen ihren rechtskonservativen Kurs.
Trotzdem aber sind von ihm in seinem Präsidialjahr keine rechtspopulistischen Rundumschläge zu erwarten. Die Schweizer Regierung ist per Verfassung eine Kollegialbehörde. Damit diese funktionieren kann, müssen die Bundesrätinnen und Bundesräte mit Eintritt in die Regierung weitgehend Abstand nehmen von den Positionen ihrer Parteien.
Denn in der Regierung sind tragfähige Lösungen im Interesse des vielsprachigen Landes gefragt, nicht Parteiengezänk.
Geht er, geht er nicht?
Noch unklar ist, ob Maurer am Ende seines Präsidialjahres die politische Bühne verlassen wird. Beobachterinnen und Beobachter meinen schon länger, bei ihm eine gewisse Amtsmüdigkeit wahrzunehmen. Doch Maurer hat nicht nur Spass, mit dem Fahrrad in sein Büro im Bundeshaus zu fahren.
Spass macht ihm auch, Besserwisser hin und wieder zu düpieren. Und Spass macht ihm offenbar nach wie vor auch die Politik.
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