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Carla Del Ponte untersucht für Syrien

Die ehemalige Haager Chefanklägerin Carla del Ponte. Keystone

Die ehemalige Chefanklägerin am Internationalen Strafgerichtshof für Ex-Jugoslawien in Den Haag, Carla del Ponte, ist am Freitag für die UNO Untersuchungskommission der Kriegsverbrechen in Syrien nominiert worden.

Der UNO-Menschenrechtsrat hat bekannt gegeben, dass die ehemalige Chefanklägerin am Internationalen Strafgerichtshof für Ex-Jugoslawien am Freitag für die UNO-Untersuchungskommission der Kriegsverbrechen in Syrien nominiert worden ist.

Die Schweiz hatte die ehemalige Tessiner Staats- und Schweizer Bundesanwältin Del Ponte für die unabhängige Syrien-Kommission vorgeschlagen. Präsidiert wird sie vom Brasilianer Paulo Pinheiro. Die Kommission ist beauftragt, die Kriegsverbrechen zu untersuchen, die im Konflikt zwischen der Regierung von Präsident Bachar al Assad und Aufständischen begangen werden. Dieser ist im März 2011 ausgebrochen.

Der Menschenrechtsrat hat die im seit über 18 Monaten dauernden Bürgerkrieg begangenen Massaker in Syrien verurteilt und beschlossen, das Mandat der Kommission um sechs Monate zu verlängern, gegen die Stimmen von Russland, China und Kuba. Die für die Massaker Verantwortlichen sollen bestraft werden..

Die Berufung einer so erfahrenen Anwältin sei ein starkes Zeichen dafür, dass die UNO Kriegsverbrecher entschieden vor Gericht bringen wolle, sagten Diplomaten.

Del Ponte hatte sich vor allem durch ihren Einsatz bei den Verbrechen im Krieg in Ex-Jugoslawien und in Ruanda einen Namen gemacht hatte.

«Sie bringt starke Ermittlungsfähigkeiten und eine Geschicklichkeit für eine systematischere Verwendung der umfangreichen Informationen mit, welche die Untersuchungskommission im Hinblick auf eine spätere Anklage zusammentragen muss», sagte EU-Botschafterin Mariangela Zappia.

Im Kampf gegen die Straffreiheit

Die vor einem Jahr eingesetzte Kommission hat – ohne Einreiseerlaubnis nach Syrien – bereits mehr als 1100 Gespräche mit Opfern, Flüchtlingen und Deserteuren geführt. Es geht um Verbrechen gegen die Menschheit, begangen von Regierungskräften und Milizen, die für das Regime operieren, insbesondere im letzten Frühling in Hula. Die UNO-Experten haben auch Missbräuche seitens der Opposition festgestellt, aber in geringerem Ausmass.

Die Ergebnisse der Befragungen werden als Beweise für allfällige spätere Prozesse gegen die syrischen Verantwortlichen vor dem internationalen Gericht betrachtet.

Die Kommission hat Navi Pillay, der Hohem Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR), eine Liste mit Namen von beschuldigten Personen oder ihrer Einheiten überreicht. Noch wird diese nicht veröffentlicht, doch werden sie künftig als Arbeitsgrundlage verwendet, falls der UNO-Sicherheitsrat entscheiden sollte, dass ein Internationaler Strafgerichtshof eingesetzt wird.  

Geboren 1947 in Bignasco, im Südschweizer Kanton Tessin.

Sie studierte in Bern, Genf und Grossbritannien internationales Recht.

1981 wurde sie Tessiner Staatsanwältin.

Bekannt wurde sie durch ihren Kampf gegen Geldwäscherei, organisierte Kriminalität und Waffenschmuggel.

Del Ponte war von 1994 bis 1999 Bundesanwältin. Ihre Arbeit wurde unterschiedlich bewertet. Verschiedene Seiten warfen ihr «Aktivismus» vor.

1999 ernannte sie UNO-Generalsekretär Kofi Annan zur Chefanklägerin des UNO-Kriegsverbrechertribunals.

Nachdem sie Ende 2007 dieses Amt abgegeben hatte, war sie von 2008 bis 2011 Schweizer Botschafterin in Argentinien.

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