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Chalets weiterhin Magnete für ausländische Käufer

museedebagnes.ch

Laut Immobilienfirmen, die Chalets und Appartements an Ausländer verkaufen, wirkten sich die neue Beschränkung von Ferienwohnungen kaum auf ihr Geschäft aus. swissinfo.ch war in Grimentz, wo rund 81% der Wohnungen Zweitwohnungen sind.

Sonnenstrahlen scheinen durch die Spalten zwischen den Balken der alten Kornspeicher aus Lärchenholz im Dorfkern von Grimentz im Val d’Anniviers im Kanton Wallis. Schatten fallen auf den verschneiten Boden. Alte und neue Chalets sowie ab und zu ein Kran drängen sich an den steilen Hängen oberhalb dieses kleinen, rasch wachsenden Feriendorfs in den Alpen.

Heute ist alles ruhig, als ob das Dorf nach den ausgelassenen Feiern zum Jahreswechsel kollektiv tief Atem holen würde. Noch haben einheimische und ausländische Liegenschafts-Unternehmen und Makler den Entscheid der Abstimmung vom März 2011 nicht verdaut. Damals entschied das Schweizer Stimmvolk, den Anteil von Zweitwohnungen in allen Gemeinden auf 20% zu beschränken. Am 1. Januar 2013 ist die Verordnung zur Umsetzung der «Zweitwohnungs-Initiative» in Kraft getreten.

Besonders betroffen – und auch verärgert – über die neuen Vorgaben sind vor allem Gemeinden in den Alpen wie jene, zu der Grimentz gehört, wo 81% der Wohnungen Ferienwohnungen sind.

Niemand habe erwartet, dass ein solches Gesetz durchkommen werde, erklärte Will Herrington, Makler der Firma Mark Warner Property, die im Ferienort Chalets und Wohnungen verwaltet und verkauft.

Der Kauf von Ferienwohnungen in der Schweiz unterliegt für Ausländer gewissen Restriktionen, pro Jahr können nur 1500 Bewilligungen erteilt werden.

Doch reiche ausländische Käufer scheinen ihren Appetit auf Schweizer Liegenschaften neu entdeckt zu haben. Sie lassen sich auch vom trüben globalen Wirtschaftsklima und den hohen Schweizer Preisen sowie der Aussicht auf weitere Einschränkungen durch die neuen Vorgaben, die Schweizer und Nicht-Schweizer betreffen, nicht abschrecken.

«Wir halten den Laden am Laufen und haben in den letzten drei, vier Monaten ein gewisses Interesse gesehen», erklärte der Brite Herrington, der mit seiner Familie seit sieben Jahren in Grimentz lebt. «Mit dem heutigen Bestand an Objekten wird die ‹Lex Weber› auf das Geschäft keinen bedeutenden Einfluss haben.»

In der Schweiz gibt es heute etwa 500’000 Zweitwohnungen. Zahlenmässig an der Spitze liegt der Kanton Wallis mit 62’000 dieser nur zeitweise belegten Wohnungen, gefolgt von Graubünden mit 48’000, Bern mit 45’000 und die Waadt mit 43’000.

Die Kantone mit den prozentual höchsten Anteilen von Zweitwohnungen am Gesamtbestand der Wohnungen sind Graubünden (37%), Wallis (36%), Tessin (24%) und Obwalden (22%).

573 Gemeinden haben nach Berechnungen des Bundesamts für Raumentwicklung einen Zweitwohnungsbestand von mehr als 20%. In  einigen Gemeinden liegt der Anteil über 80%; die Spitzenreiter sind St Luc (82,8%) und Grimentz (81,8%) im Wallis sowie Laax (80,9%) im Graubünden.

Die meisten Zweitwohnungen in Touristenregionen werden nicht kommerziell bewirtschaftet und werden im Durchschnitt während 30 bis 40 Tagen im Jahr genutzt.

(Quelle: Bundesamt für Raumentwicklung)

«Gut für das Geschäft» 

Andere Liegenschaftsexperten äusserten sich ähnlich. «Kurzfristig betrachtet war der Entscheid für die ‹Lex Weber› sogar gut für das Geschäft», erklärte Simon Malster von Investors in Property. «Wir hatten ziemlich viele Kunden, die sich mit dem Gedanken trugen, in der Schweiz etwas zu kaufen. Nun fanden sie, der Zeitpunkt zum Handeln sei gekommen.»

Liegenschaften in Skigebieten in der Schweiz sind teuer. Die Preise für Wohnungen sind 30% höher als in Frankreich und mehr als doppelt so hoch wie in Österreich. Doch für viele Käufer ist ein der Kauf einer Immobilie in der Schweiz eine sichere, langfristige Investition, ein Mittel, sich gegen Risiken und Währungsschwankungen abzusichern – verbunden mit potentiellen Mieteinnahmen. Auch die Hypothekarzinsen sind sehr attraktiv.

«2008 und 2009 war die Nachfrage abgestürzt. Doch ab November 2011 gab es eine grundlegende Veränderung mit grösserem Interesse für Ski-Immobilien in der Schweiz und neuen Käufern», sagte Jeremy Rollason, Geschäftsführer von Alpine Homes/Savills.

Etwa ein Fünftel aller Ferienwohnungen in der Schweiz ist im Besitz von Ausländern. Bis vor kurzem wurde der Markt dominiert von Käufern aus Deutschland, den Niederlanden, Italien und Grossbritannien. In den zwei letzten Jahren stiessen vermehrt Käufer aus Russland und dem Fernen Osten dazu.

Ungewissheit 

Obschon das Geschäft kurzfristig neuen Schwung erhielt, bleiben viele offene Fragen, was das künftige Angebot von Ferienwohnungen und die Flexibilität der neuen Gesetzgebung angeht.

Zwischen März 2012 und dem 1. Januar 2013 wurden Touristen-Regionen von Baugesuchen überschwemmt. Statt der sonst üblichen Gesuche für rund 3000 Wohnungseinheiten waren es bis Oktober rund 8000, weil Grundbesitzer Bauvorhaben vorzogen.

«Ich kann mir vorstellen, dass hier für jedes letzte verfügbare Grundstück eine Baugenehmigung vorliegt. Es ist schlicht nichts mehr übrig», sagte Herrington und liess seinen Blick über die dicht bebauten Hänge streifen.

Nach den neuen rechtlichen Auflagen können Bauherren, die vor März 2012 ein Baugesuch eingereicht hatten, die Liegenschaft innerhalb von drei Jahren nach Erhalt der Baugenehmigung errichten und sie danach als Ferienwohnung verkaufen.

Noch offen ist, was mit jenen Gesuchen passiert, die zwischen März und Dezember 2012 eingereicht und von der Gemeinde gutgeheissen wurden. Kantonale Gerichte im Wallis und Graubünden gaben zwar grünes Licht. Doch nach Einsprüchen des Vereins Helvetia Nostra wird sich nun auch das Bundesgericht mit der Frage befassen müssen.

Natürliche und juristische Personen im Ausland, die in der Schweiz eine Liegenschaft oder ein Grundstück kaufen wollen, müssen beim jeweiligen Kanton zuerst eine Bewilligung einholen. Die Zahl dieser Bewilligungen ist strikt limitiert.

Staatsangehörige aus den EU- und EFTA-Staaten sowie Ausländer und Ausländerinnen, die mit einer Niederlassungsbewilligung C in der Schweiz leben, gelten in diesem Zusammenhang nicht als «Personen aus dem Ausland».

Keine Bewilligung braucht es zum Erwerb von Grundstücken, die für einen geschäftlichen Zweck genutzt werden, ausgenommen, wenn Wohnraum erstellt, vermietet, verpachtet oder damit Handel getrieben werden soll.

Ausländer, die eine Wohnung oder Bauland für eine Wohnung erwerben, müssen diese als ihren hauptsächlichen Wohnsitz nutzen.

Um den Liegenschaftserwerb durch Ausländer einzudämmen und zu verhindern, dass Investoren aus dem Ausland den heimischen Immobilienmarkt verzerren, wurde die Zahl der Bewilligungen 1961 auf 1500 neue pro Jahr begrenzt.

1983 wurden diese Richtlinien in ein Gesetz überführt, das seither mehrmals revidiert wurde. Das Gesetz wurde nach dem damaligen Justizminister Arnold Koller «Lex Koller» benannt.

Ein Vorstoss der Regierung, das Gesetz ausser Kraft zu setzen, wurde 2008 vom Parlament verworfen. Im Dezember 2012 wies der Nationalrat (Grosse Kammer) einen weiteren Vorstoss, die Lex Koller aufzuheben, erneut zurück. Der Ständerat (Kleine Kammer) soll die Frage im Frühling behandeln.

Klaffende Löcher und warme Betten 

Bauherren warten aber nicht nur auf Entscheide, was hängige Baugesuche angeht, sondern auch darauf, ob Baubewilligungen für neue grössere Anlagen erteilt werden, die aus einer Mischung von Hotels und Wohnungen bestehen. In diesen Fällen müssten die Besitzer die Wohnungen vermieten, falls sie diese nicht selber nutzen. So sollen aus kalten warme Betten werden.

Herrington lächelt. In Grimentz gibt es einige grosse Projekte, die bereits bewilligt, aber noch nicht gebaut sind. Dazu gehören die Anlage Chalets d’Adelaide, – zurzeit erst ein klaffendes Loch am Hang -, eine neue Seilbahn, die Grimentz bis 2013/2014 mit dem naheliegenden Ferienort Zinal verbinden soll, sowie ein Projekt für eine Bäderanlage. All dies dürfte Bauherren und Immobilienmakler für die nächsten vier bis fünf Jahre auf Trab halten.

«Es gibt ein breites Angebot an Chalets und Wohnungen für 800’000 Franken bis hin zu Chalets mit Swimming-Pool für fünf Millionen Franken. Was hingegen fehlt, ist das eine oder andere freie Grundstück, wo man ein massgeschneidertes Chalet bauen könnte», erklärte der Makler von Mark Warner. 

Sinkt Angebot? 

Vor dem Hintergrund von Einschränkungen und Ungewissheiten machen sich Firmen, die an Ausländer verkaufen, auch Sorgen, dass ihre Auswahl in ein paar Jahren nicht mehr so gross sein könnte.

«Noch gibt es ein Zeitfenster, aber es schliesst sich langsam. Das Angebot der vorhandenen Liegenschaften reicht noch für etwa zwei, drei Jahre», sagte Rollason.

Die Höhe der künftigen Nachfrage und ein begrenztes Angebot dürften die Preise in die Höhe treiben, glaubt er.

Für Herrington ist die Situation ziemlich klar. «Langfristig werden wir uns mehr auf Besitz ausrichten müssen, der wieder verkauft wird. Aber das wird schwieriger werden, da man eine Liegenschaft als Ausländer erst nach fünf Jahren wieder verkaufen kann, als Schweizer erst nach zehn Jahren. Daher gibt es keine stete Fluktuation von Liegenschaften auf dem Markt.»

(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

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