Bundespraesident Ignazio Cassis und die Generaldirektorin der Vereinten Nationen in Genf, Tatiana Valovaya bei der Einweihung des Modells des Palais des Nations zur Feier des 20. Jahrestag der Schweizer UNO Mitgliedschaft am 10. September 2022 im Swissminiatur in Melide.
Keystone / Samuel Golay
Nach einem halben Jahrhundert nationaler Debatten wurde die Schweiz am 10. September 2002 Mitglied der Vereinten Nationen. Heute feiert sie ihr 20-jähriges UNO-Jubiläum kurz vor einem weiteren Meilenstein: Ab Januar 2023 wird die Schweiz erstmals für zwei Jahre als nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat vertreten sein.
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Geboren in Yokohama, Japan, lebe ich seit 1999 in der Schweiz und habe einen Master in internationalen Beziehungen. Seit 2016 arbeite ich für SWI swissinfo.ch, nachdem ich 15 Jahre lang für Asahi Shimbun im Büro der Vereinten Nationen in Genf tätig war, wo ich multilaterale und Schweizer Angelegenheiten verfolgte.
«Die grösste Aufgabe liegt noch vor uns», sagte Bundespräsident Cassis am Samstag an der Feier zum 20-jährigen Jahrestag des UNO-Beitritts. «Wir werden uns für die Daseinsberechtigung der UNO einsetzen, um die nachfolgenden Generationen vor der Geissel des Krieges zu bewahren.» Er bezog sich damit auf die nicht-ständige Mitgliedschaft der Schweiz im Sicherheitsrat, die im Januar beginnen wird.
Innenpolitische Antipathie
Für die Schweiz, eines der jüngsten Mitglieder der Organisation, war der Beitritt zur UNO nicht ganz einfach. Gegner:innen sprachen sich gegen einen Beitritt aus, da dieser die Neutralität des Landes gefährden würde. Die Befürworter:innen argumentierten, dass die Schweiz dadurch eine Stimme auf der internationalen Bühne erhalten würde und dass sie ihren 1815 erworbenen Status der Neutralität auch als Mitglied der UNO beibehalten könne. Friedensmediation und humanitäre Hilfe, zwei der wichtigsten Beiträge der Schweiz zur UNO, würden die Neutralität nicht in Frage stellen.
Stellungnahme des Aktionskommittees für den UNO-Beitritt der Schweiz mit Peter Sager (links) und Rudolf Friedrich an einer Pressekonferenz am 17. Februar 1986 in Bern. Das Abstimmungsplakat «Raus aus der Nussschale» des Luzerner Kunsmalers Hans Erni im Hintergrund wirbt für einen UNO-Beitritt der Schweiz. Erni schuf das Plakat im Hinblick auf die Abstimmung von 16. März 1986 gratis, damit die Schweiz angesichts der Not und des Elends in der Welt nicht weiter in der Isolation verharre.
Keystone / Str
Die Schweizerische Gesellschaft für die Vereinten Nationen übergibt am 13. Februar 1986 in Bern in Persona der Mutter Helvetia dem Co-Präsidenten des bernischen Aktionskommitees Ständerat Arthur Hänsenberger, rechts, den «UNO-Propaganda-Bus». Der Oltimerbus soll bis zur Abstimmung im Kanton für den Beitritt der Schweiz zur UNO werben. Die Bevölkerung sprach sich schliesslich deutlich gegen einen UNO-Beitritt aus.
Keystone / Hans Schlegel
Bundesrat Joseph Deiss diskutiert am Mittwoch, 16. Januar 2002 im Freiburgischen Giffers mit Schüler:innen über die UNO.
Keystone/karl-heinz Hug
Rund 100 Jugendliche demonstrieren am Samstag, 26. Januar 2002, in Bern gegen den politischen UNO-Beitritt der Schweiz.
Keystone / Edi Engeler
Die positive Abstimmung der Schweizer über den Beitritt zu den Vereinten Nationen wurde im Ausland sehr gut aufgenommen und fand weit über Europa hinaus ein breites Echo in der ganzen Welt. Die Weltpresse begrüsste den Wandel in der Denkweise und das Ende der Isolation der Schweiz
Keystone / Laurent Gillieron
Nationalrat Christoph Blocher, links aussen, und Bundesrat Joseph Deiss, rechts aussen, bei der Aufzeichnung der UNO-Arena im Fernsehstudio SF DRS am Donnerstag, 14. Februar 2002.
Key
Eine Schweizerin springt über eine Abschrankung im Sitzungssaal der UNO im Palais des Nations in Genf, aufgenommen am 18. Februar 2002.
Keystone / Martin Ruetschi
Von links: Serguei Ordjonikidze, neuer russischer Generaldirektor der UNO in Genf (UNOG), der Schweizer Botschafter bei der UNOG, Francois Nordmann, und der ehemalige Schweizer Bundespräsident Adolf Ogi schütteln sich nach der Abstimmung über die Aufnahme der Schweiz in die Vereinten Nationen am Sonntag, 3. März 2002, in Genf die Hände.
Keystone / Donald Stampfli
UNO-Generalsekretär Kofi Annan, Mitte rechts, spricht am Dienstag, 10. September 2002, in New York vor dem Hauptsitz der Vereinten Nationen nach dem feierlichen Aufzug der Schweizer Fahne zur Schweizer Delegation, der Swiss Army Band, welche den Anlass musikalisch begleitete, und den weiteren anwesenden UNO-Delegierten. Kurz vorher hat die Generalversammlung der UNO die Schweiz offiziell als 190. Mitglied aufgenommen.
Keystone / Alessandro Della Valle
Das Empire State Building in New York leuchtet am Montag, 9. September 2002 in den Schweizer Farben Rot und Weiss.
Keystone / Alessandro Della Valle
Der Beitritt erfolgte 2002 nach einer hitzigen Debatte und einem nationalen Referendum, das mit einer Mehrheit von 54,6% angenommen wurde. Nur Zwölf von 23 Kantonen stimmten für den Beitritt, es war also knapp.
Der Beitritt zur UNO bedeutete, dass die Schweiz mit ihren nun knapp 9 Millionen Einwohnern wichtige internationale Entscheidungen zu globalen Herausforderungen wie Klimawandel oder Gesundheit beeinflussen kann.
Nichtständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat
Zwei Jahrzehnte später war die Wahl zum nicht-ständigen Mitglied des Sicherheitsrats ebenfalls kontrovers. Ein Drittel des Nationalrats hat die Kandidatur nicht unterstützt. Das Pro-Lager argumentierte, dass die Neutralität ausschliesslich in Fällen internationaler bewaffneter Konflikte gelte und dass der Sicherheitsrat keine kriegführende Partei sei.
Bei der Abstimmung in der UNO-Generalversammlung am 9. Juni stimmten 187 der 193 UNO-Mitgliedsstaaten für die Aufnahme der Schweiz als nicht-ständiges Mitglied des Sicherheitsrates für 2023-24. Kein Land hat sich gegen die Abstimmung ausgesprochen.
Vor der Abstimmung erklärte Bundespräsident Ignazio Cassis, dass die Prioritäten der Schweiz für die nächsten zwei Jahre «nachhaltiger Frieden, Klimawandel, Sicherheit und der Schutz der Zivilbevölkerung» sein werden.
Die Schweiz wird sich auch dafür einsetzen, dass das Thema Klimasicherheit stärker im Entscheidungsprozess des Sicherheitsrats verankert wird.
Die Schweiz investiert 24,5 Millionen Franken zur Unterstützung ihrer Kandidatur und ihres Sitzes im UNO-Sicherheitsrat. Im Jahr 2021 zahlte die Schweiz 101,67 Millionen Franken an das reguläre UNO-Budget und ist damit der 18. grösste Beitragszahler.
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