Der Streit um das indonesische Palmöl
Gegen das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und Indonesien wurde das Referendum ergriffen. Es kommt deshalb zur nationalen Abstimmung. Die Kontroverse dreht sich um die Produktion und den Import von Palmöl.
Über das Freihandelsabkommen wird am 7. März abgestimmt, zusammen mit zwei weiteren Vorlagen.
Es ist erst das zweite Mal in 50 Jahren, dass die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger das letzte Wort über ein Freihandelsabkommen haben.
Die Schweiz gehört zu den ersten Ländern in Europa, die besonders enge Handelsbeziehungen zu Indonesien suchen, einer führenden Volkswirtschaft in Südostasien.
Das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und Indonesien zielt auf eine drastische Senkung der Zölle für die Schweizer Exportindustrie ab. Es wird erwartet, dass das Abkommen den Schweizer Unternehmen bis zu 25 Millionen Franken einspart.
Im Gegenzug profitiert Indonesien von einem zollfreien Marktzugang für Industrieprodukte zum Schweizer Markt und erhält Zugeständnisse bei bestimmten landwirtschaftlichen Gütern – vor allem Palmöl. Indonesien ist der weltweit grösste Produzent von Palmöl.
Das Abkommen beinhaltet eine Reihe von Nachhaltigkeitsstandards und Anforderungen zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte.
Gegnerinnen und Gegner des Abkommens kritisieren ganz grundsätzlich die Globalisierung, den übermässigen Handel, die Umweltverschmutzung, das Konsumverhalten sowie Ausbeutung und Verletzung von Menschenrechten der indigenen Bevölkerung Indonesiens.
Auch Bedenken über die Zerstörung des Regenwaldes in Südostasien wurden geäussert.
Einige Schweizer Landwirte befürchten, dass zunehmende Palmölimporte die Produktion von Sonnenblumen- und Rapsöl in der Schweiz bedrohen könnten.
Die Befürworterinnen und Befürworter argumentieren, das Handelsabkommen biete Vorteile für Schweizer Unternehmen in Indonesien – das zu den 16 grössten Volkswirtschaften der Welt gehört und ein Schwerpunkt der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit ist.
Es brauche rechtliche Standards, damit die Schweiz ihren Wettbewerbsvorteil gegenüber Konkurrenten wie der Europäischen Union behalten könne.
Laut Befürwortern können die Schutzklauseln im Abkommen sicherstellen, dass Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden.
Die Schweiz importierte zwischen 2012 und 2019 jährlich rund 32’000 Tonnen Palmöl aus verschiedenen Ländern.
Das Wirtschaftsministerium sagt, die Nachfrage nach Palmöl sei in der Schweiz rückläufig. Die Gegnerschaft argumentiert ihrerseits, dass das Abkommen zu übermässigen Exporten anregen könnte.
Eine Allianz linker Gruppierungen unter der Leitung des Genfer Winzers Willy Cretegny sammelte mehr als 61’000 Unterschriften für ein Referendum gegen das Freihandelsabkommen. Das Abkommen wurde im Dezember 2019 vom Parlament verabschiedet, aber seine Umsetzung wurde von der Opposition verzögert.
Dank direkter Demokratie können in der Schweiz nationale Abstimmungen über solche Parlamentsentscheidungen erzwungen werden, wenn innerhalb von 100 Tagen mindestens 50’000 Unterschriften gesammelt werden.
Die Opposition gegen das Abkommen mit Indonesien setzt sich aus Globalisierungskritikern, linken politischen Gruppen und Nichtregierungsorganisationen zusammen. Dazu gehören die Grüne Partei, Jugend- und Ortsverbände anderer Parteien sowie mehrere kleinere Bauern- und Umweltverbände.
Die anderen grossen Parteien, die Schweizer Wirtschaft und die Regierung empfehlen die Annahme des Abkommens, ebenso wie der grösste Bauernverband.
Mehr
Landesweite Abstimmungen über internationale Handelsabkommen sind selten. Die letzte derartige Abstimmung geht auf das Jahr 1972 zurück, als die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union (damals noch Europäische Gemeinschaft genannt) genehmigten.
Letztes Jahr wurde ein Vorschlag eines breiten Bündnisses aus hauptsächlich linken Parteien und der Zivilgesellschaft, das Schweizer Unternehmen bei ihren Tätigkeiten im Ausland Sorgfaltspflichten auferlegen wollte («Konzernverantwortungs-Initiative»), an der Urne knapp abgelehnt.
Ein Vorschlag der Grünen Partei, der auf die Förderung nachhaltiger Lebensmittelproduktion und -importe abzielte («Fair-Food-Initiative»), erhielt in einer landesweiten Abstimmung 2018 knapp 39% der Stimmen.
Sibilla Bondolfi
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch