Die Schweiz ist bereit, ein grosses Ja zur «Ehe für alle» zu sagen
Gleichgeschlechtliche Paare werden in der Schweiz wohl bald heiraten können. Gut einen Monat vor der Abstimmung am 26. September sind laut der ersten SRG-Umfrage 69% der Befragten dafür. Die 99%-Initiative, die eine höhere Besteuerung grosser Vermögen vorschlägt, hat noch einen knappen Vorsprung.
Wie es bei den meisten europäischen Länder bereits der Fall ist, wird voraussichtlich auch die Schweiz gleichgeschlechtlichen Paaren das Recht auf Heirat und Familiengründung gewähren.
Die erste SRG-Umfrage des Instituts gfs.bern von Anfang August bestätigt den Trend zugunsten der Eidgenössischen Abstimmung vom 26. September, der sich bereits in früheren Umfragen zum Thema abgezeichnet hat.
Wir diskutieren die Vorlage am 20. August um 17 Uhr in einer Online-Debatte auf Französisch:
69% der Befragten wollen eine Änderung des ZivilgesetzbuchsExterner Link akzeptieren, welche die Ehe zwischen zwei Frauen oder zwei Männern legalisiert. 29% sind dagegen, und nur 2% sind unentschlossen. Zur Erinnerung: Der Text sieht auch den Zugang zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung für weibliche Paare vor.
Die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer – von denen ein grosser Teil in Ländern lebt, welche die Ehe für alle bereits eingeführt haben – befürworten das Projekt noch stärker: 72% sind dafür, 27% dagegen und 1% hat sich noch nicht entschieden.
Angesichts dieser eindeutigen Mehrheit ist eine Trendwende unwahrscheinlich. Nicht zuletzt, weil «ein breiter gesellschaftlicher Konsens über die Ehe für alle besteht», wie der Bericht präzisiert.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Öffnung der Ehe für Homosexuelle eine Generationen-Frage ist, die auch von den jeweiligen religiösen und politischen Überzeugungen beeinflusst wird.
Breiter gesellschaftlicher Konsens
Nur zwei gesellschaftliche Gruppen lehnen das Projekt überwiegend ab: die Mitglieder der christlichen Freikirchen und die Anhängerinnen und Anhänger der Schweizerischen Volkspartei (SVP). Skepsis ist häufiger bei Rentnern, Männern, Personen mit niedrigem Bildungsniveau, regierungskritischen Personen und Italienischsprachigen anzutreffen.
Für die erste Bevölkerungsumfrage im Hinblick auf die eidgenössische Volksabstimmung vom 26. September 2021 befragte das Institut gfs.bern zwischen dem 2. und 16. August 22’427 Stimmberechtigte, die repräsentativ ausgewählt und auf alle Sprachregionen der Schweiz verteilt wurden.
Die statistische Fehlermarge beträgt +/-2,8 Prozentpunkte.
Das Argument, dass die Ehe für alle ein längst notwendiger Schritt zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare sei, trifft einen Nerv: 72% der Befragten stimmten ihm zu. Die Gegnerinnen und Gegner sind davon überzeugt, dass die Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau geschützt werden sollte, weil sie die Fähigkeit habe, Leben zu schenken.
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Schlechter Start für 99%-Initiative
Das Schicksal der Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern», auch bekannt als 99%-InitiativeExterner Link, ist hingegen ungewisser. 46% der Befragten sprachen sich für die Initiative der Jungsozialisten aus, die eine höhere Steuer auf hohe Kapitaleinkommen vorschlägt, um die Ungleichheit zu bekämpfen. Auf die Gegnerschaft entfallen 45%, während noch immer 9% unentschlossen sind.
Es überrascht nicht, dass die Initiative nur von den Linken unterstützt wird, mit 84% Unterstützung der Wählenden der Grünen und 83% der Sozialdemokraten.
Neben der politischen Überzeugung der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger spielt auch ihre finanzielle Situation eine Rolle: Je höher ihr Einkommen, desto weniger unterstützen sie die 99%-Initiative. Konkret zeigt die Umfrage, dass Personen, die in Haushalten mit einem Einkommen von bis zu 7000 Franken leben, am ehesten für die Initiative stimmen werden. In Haushalten mit einem höheren Einkommen ist dies nicht mehr der Fall.
Während linke Initiativen im Allgemeinen in städtischen Gebieten beliebter sind, ist in dieser Abstimmung das Gegenteil der Fall: Auf dem Land ist die Zustimmung höher als in den Städten.
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Die reiche Elite der Schweiz im Visier
Pandemie sorgt für Gegenwind
Das überzeugendste Argument des Kontra-Komitees ist, dass eine neue Steuer nicht nur die Reichen, sondern auch kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU) treffen würde. 49% der Befragten befürchten, dass dies die wirtschaftliche Erholung von der Coronavirus-Krise gefährden könnte. Umgekehrt sind die Befürworterinnen und Befürworter der Initiative der Meinung, dass die Wirtschaft profitiere, wenn kleine und mittlere Einkommen weniger Steuern zahlen.
Das Institut gfs.bern hält den Ausgang der Abstimmung in dieser Frage für offen, stellt aber fest, dass die Ausgangslage «nicht sehr vielversprechend» sei. Ein Teil der Befürwortenden der Initiative und der Unentschlossenen könnte letztlich mit Nein stimmen.
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