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FATCA drängt Banken zur Erledigung ihrer Aufgaben

Wollte FATCA mit einer Globallösung im Steuerstreit mit den USA verknüpfen: Eveline Widmer-Schlumpf. Manuel Winterberger/EQ Images

Die Schweiz gibt dem Druck nach und will das Bankgeheimnis für US-Kunden faktisch aufheben. Das erhöhe den Appetit der EU und anderer auf den automatischen Austausch von Bankdaten, sagt ein Experte. Ein anderer wirft der Schweiz Konzeptlosigkeit vor.

«Wenn die Schweiz den USA den Datenaustausch zugesteht, dann steht er auch anderen Ländern zu. Sonst haben diese einen Wettbewerbs-Nachteil», sagt Sergio Rossi, Wirtschaftsprofessor an der Universität Freiburg, gegenüber swissinfo.ch: «Deshalb denke ich, dass der Druck von Seiten der EU – aber auch von einzelnen Ländern – auf die Schweizer Banken, den automatischen Datenaustausch einzuführen, von nun an viel grösser sein wird.»

Die USA wollen mit dem FATCA-Gesetz (Foreign Account Tax Compliance Act) erreichen, dass alle Konten ihrer Steuerpflichtigen im Ausland erfasst werden. Deshalb zwingen sie die Banken auf der ganzen Welt faktisch dazu, ihnen ab 2014 automatisch Informationen zu den Bankkonten aller US-Bürger oder -Bewohner zu liefern.

Zurzeit verhandeln die USA mit rund 50 Ländern über ein Rahmenabkommen, das die Umsetzung des 2010 vom amerikanischen Parlament verabschiedete Gesetzes garantiert.

Genauer Inhalt unbekannt

Nach monatelangen Verhandlungen haben die USA und die Schweiz Anfang Dezember ein entsprechendes Rahmenabkommen paraphiert. Das Abkommen wird voraussichtlich im Frühherbst dem Parlament vorgelegt werden. Der genaue Inhalt bleibt bis zur Debatte im Parlament geheim.

Bekannt sind die Eckdaten: Demnach solle nicht, wie in den Abkommen mit Deutschland und anderen EU-Ländern, der Staat dem US-Fiskus die Bankkundendaten liefern, sondern die Banken. Vom Abkommen ausgenommen sind die kleinen Banken, Versicherungen und die Pensionskassen.

Offiziell setzt die Schweiz in ihren Beziehungen mit dem Ausland auf die Abgeltungssteuer. Den auch von der EU geforderten automatischen Datenaustausch lehnt sie ab. Das FATCA-Abkommen unterscheidet sich vom automatischen Datenaustausch lediglich in der Frage, wer die Kundendaten liefert.

Schutz der Regierung ist weg

Noch vor wenigen Wochen hatte die Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf erklärt, die Schweiz wolle das FATCA-Abkommen mit einer Globallösung im Steuerstreit mit den USA verknüpfen. Nun macht sie zeitliche Gründe dafür geltend, dass die Schweiz das Abkommen paraphiert hat, obschon noch keine Globallösung gefunden worden ist.

«Es ist die traurige alte Geschichte: Die Schweizer Regierung schliesst mit anderen Ländern Verträge ab. Sie erhalten das, was sie wollen. Die Schweiz ihrerseits fordert nichts, oder wenn sie etwas fordert, dann erhält sie nichts», sagt der Zürcher Bankenexperte Hans Geiger gegenüber swissinfo.ch. Dass die kleinen Banken von der Meldepflicht ausgenommen werden sollen, ist für Geiger immerhin «ein kleiner Erfolg der Schweiz».

Auch Sergio Rossi wertet das als Erfolg, denn «wenn es ein Problem gibt mit der Weitergabe von Daten, dann wird der amerikanische Staat nicht den Schweizer Staat angreifen, sondern die einzelnen Banken. Damit wird auch der Druck auf die Banken grösser, denn sie werden nicht mehr den Schutz der Regierung haben», sagt Rossi.

Auf dem Weg zum Datenaustausch

Das FATCA-Abkommen sei «zweifelsohne etwas, das die Banken dazu drängen wird, ihre Hausaufgaben schneller zu erledigen und sich Richtung automatischen Datenaustausch zu positionieren», so Rossi. «Vielleicht werden sie in einer ersten Phase den Datenaustausch lediglich auf Anfrage einführen und erst später den automatischen Datenaustausch .»

Das werde dann der Fall sein, wenn die OECD den automatischen Datenaustausch als Standard einführe, so Rossi: «Das wird kommen, das ist eine Frage von fünf oder zehn Jahren im Maximum.»

Die einzige Milchkuh?

«Wenn die OECD beschliesst, dass auf dieser Welt grundsätzlich der automatische Datenaustausch gilt, dann glaube ich nicht, dass sich die Schweiz dem entziehen könnte», sagt Hans Geiger. Die Schweiz könne dagegen zwar grundsätzlich das Veto ergreifen, aber, «das wird sie mit Sicherheit nicht machen Sie hat nie von ihrem Vetorecht Gebrauch gemacht, obwohl das ein sehr berechtigtes Anliegen wäre».

Das Vorgehen der Schweiz sei «konzeptlos», kritisiert Geiger. «Die USA spielen ein Machtspiel, das die Schweiz immer verliert.» Mit einzelnen Ländern wie Österreich oder England schliesse sie Abgeltungssteuer-Abkommen ab, verhandle gleichzeitig bilateral mit der EU und pflege noch einmal andere Beziehungen mit den restlichen Ländern dieser Welt.

«Es ist sinnlos, vier verschiedene Arten von Arrangements zu treffen. Das macht nur alles kompliziert. Die Schweiz verhält sich wie ein Land, das man besonders gut ausplündern kann. Wenn am Schluss die OECD den automatischen Datenaustausch zum Standard macht, dann ist die Schweiz ein Land wie andere auch und nicht die einzige Milchkuh in dieser ganzen Herde.»

Mit der Einführung des FATCA-Gesetzes (Foreign Account Tax Compliance Act) strebt die US-Regierung die Offenlegung der Vermögenswerte von US-Steuerpflichtigen bei Finanzdienstleistern in der gesamten Welt an.

Mit FATCA soll durchgesetzt werden, dass ab 2014 sämtliche ausländischen Finanzdienstleister der amerikanischen Steuerbehörde IRS Einsicht in die Geschäftsbeziehungen mit US-Steuerpflichtigen gewähren.

Unter US-Steuerpflichtigen sind zum Beispiel US-Staatsbürger, US-Doppelbürger, Besitzer einer Green Card, Personen, die sich beruflich längere Zeit in den USA aufhalten sowie US-Personengesellschaften und US-juristische Personen zu verstehen.

Alle ausländischen Finanzdienstleister müssen dem IRS nach Inkrafttreten des Gesetzes periodisch und automatisch die Identität und die Vermögenswerte der von ihnen betreuten US-Kunden melden.

In Anbetracht des massiven Drucks auf das Bankgeheimnis möchte die Schweiz mit möglichst vielen Staaten Doppelbesteuerungs-Abkommen abschliessen, welche das Problem der Steuerflucht mit einer Abgeltungssteuer regeln.

Damit bliebe die Anonymität der Bankkunden gewährleistet.

Die OECD und die EU setzen hingegen auf den automatischen Informationsaustausch von Bankkundendaten.

Bisher hat die Schweiz mit Österreich und Grossbritannien ein Abgeltungssteuer abgeschlossen.

In Deutschland ist das Abkommen am Nein des Bundesrates (Länderkammer) gescheitert. Der Bundestag hat dem Abkommen zugestimmt. Am  12. Dezember wird sich der Vermittlungsausschuss der beiden Kammern mit dem Abkommen befassen. Beobachter gehen davon aus, dass es bei einem Nein bleibt.

Auch Frankreich steht der Abgeltungssteuer ablehnend gegenüber. Präsident François Hollande bezeichnete anlässlich des Besuchs der Schweizer Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf vom vergangenen Freitag die Abgeltungssteuer einmal mehr als Amnestie für Steuersünder.

Interessiert an einem Abgeltungssteuer-Abkommen sind Italien, Griechenland und Spanien.

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