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Finanzplatz Schweiz: Auf dem Spiel steht die Glaubwürdigkeit

Ziel: Keine nicht deklarierten Gelder mehr. Die OECD erlässt Regeln und Standards, nach denen alle Länder in Steuerbelangen Informationen austauschen sollen. Keystone

"Ungenügend", urteilte die OECD im Jahr 2011 und meinte damit die Bemühungen der Schweiz im Kampf gegen unversteuerte Gelder. In der Zwischenzeit hat das Land punkto Steuertransparenz und Amtshilfe nachgebessert und hofft im zweiten Anlauf auf eine bessere Note. Auf dem Spiel steht die Glaubwürdigkeit des Finanzplatzes.

«Unsere Glaubwürdigkeit ist international nicht sehr hoch. In der Vergangenheit musste die Schweiz oft an den Ohren gezogen werden und zeigte sich resistent bis zur letzten Minute», sagt Sergio Rossi,Externer Link Wirtschaftsprofessor an der Universität Freiburg gegenüber swissinfo.ch: «Die Schweiz wird unter genauerer Beobachtung stehen, als andere Länder.»

Auch der für internationale Finanzfragen zuständige Staatssekretär Jacques de WattevilleExterner Link räumt ein, die «jahrzehntelange Tradition des Schweizer Bankgeheimnisses» habe Spuren hinterlassen: «Gewisse Länder fragen sich, ob die Schweiz wirklich aufrichtig ist. Es ist an uns, diese Vorbehalte auszuräumen und die Ernsthaftigkeit unserer Handlungen zu beweisen», sagte de Wattewille kürzlich in einem Gespräch mit swissinfo.ch.

Einig sind sich der Diplomat und der bankenkritische Professor in der Frage, ob die Schweiz im zweiten Anlauf zum Länderexamen des Global Forums der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD)Externer Link besser wegkomme, als 2011. Damals rügte das Global Forum, die Schweiz habe immer noch zu viele Steuerschlupflöcher. Deshalb wurde sie nicht zur so genannten Phase II der Examen zugelassen. Seither befindet sich die Schweiz in der Gesellschaft von Ländern wie Botswana, Libanon oder Vanuatu.

Global Forum

Die OECD erlässt nicht nur Regeln und Standards, nach denen alle Länder in Steuerbelangen Informationen austauschen sollen. Sie überprüft auch, ob jedes Land diese Vorgaben tatsächlich einhält.

Das Global Forum sorgt dafür, dass die internationalen Standards hinsichtlich Transparenz und Informationsaustausch zu Steuerzwecken auf internationaler Ebene eingehalten und in einheitlicher Weise umgesetzt werden.

Es ist die weltweit grösste Organisation im Steuerbereich und zählt aktuell 122 Mitglieder (121 Länder und die EU), die sich alle dazu verpflichtet haben, die internationalen Standards einzuhalten.

Die Schweiz gehört zum kleinen Kreis der Länder, die im Leitungsausschuss (18 Mitglieder) und in der Peer-Review-Gruppe (30 Mitglieder) vertreten sind. Sie stellt zudem Prüfungsexperten zur Verfügung.

Länderüberprüfungen – oder Peer Reviews – ermöglichen es zu beurteilen, ob eine Jurisdiktion die internationalen Standards wirkungsvoll anwendet. Das Ziel besteht darin zu verhindern, dass sich gewisse Länder einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, indem sie die internationalen Standards nicht anwenden oder sich nicht am Global Forum beteiligen wollen.

Zuversicht überwiegt

«Ich denke, die Schweiz wird in die Phase II kommen, aber sie wird unter genauer Beobachtung bleiben», so Rossi. «Wir haben viele Anstrengungen unternommen, damit das Resultat dieser Evaluation positiv herauskommt», sagt de Watteville und erinnert an die 49 neuen, dem geltenden OECD-Standard angepassten Doppelbesteuerungs-Abkommen, das revidierte Amtshilfegesetz, das es nicht mehr erlaubt, ausländische Bankkunden vorab zu informieren, wenn ihre Bank aufgrund eines Amtshilfegesuches Kontodaten an den Fiskus ihres Landes weiterleitet und daran, dass die Besitzer von Inhaberaktien künftig nicht mehr anonym bleiben können.» Dies rechtfertigt aus unserer Sicht den Wechsel von Phase I zu Phase II», so de Watteville.

«Wir sind zuversichtlich, dass die Überprüfung positiv sein wird», sagte kürzlich OECD-Steuerchef  Pascal Saint-Amans, der in früheren Phasen in einem TV-Interview kritisierte, die Schweiz verhalte sich «störrisch».

Grundsätzlich wird in der Phase eins geprüft, ob in einem Amtshilfeverfahren die nötigen regulatorischen Voraussetzungen für einen funktionierenden Informationsaustausch zwischen den Ländern vorhanden sind. In der zweiten Phase geht es um die konkrete Umsetzung des Regelwerks. Das Länderexamen wird von der Peer-Review-Gruppe der OECD durchgeführt und beginnt am 9. Februar. «Die Beschlüsse über die Zulassung von Ländern zur Phase II müssen anschliessend von allen über 100 Mitgliedländern des Global Forum innerhalb von 30 Tagen schriftlich genehmigt werden», sagt Mario Tuor, Leiter Kommunikation des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen.Externer Link

Damoklesschwert schwarze Listen

Seit die Schweiz im Frühjahr 2009 auf der schwarzen Liste der OECD als Steueroase aufgeführt wurde, hat die Politik das Bankgeheimnis gegenüber dem Ausland in mehreren Schritten aufgegeben. Das tat sie meist widerwillig und vielfach in letzter Minute nach einem zähen hin und her zwischen den beiden Parlamentskammern. «Auch wenn die Schweiz jetzt in die Phase II kommen wird, ist ihre internationale Glaubwürdigkeit schwach», sagt Sergio Rossi. «Sie hat verschiedene Entscheide bis zur letzten Minute verschleppt. Es bleibt abzuwarten, ob die Schweiz auch vollzieht, was die OECD verlangt. Das ist keine technische Frage, sondern eine politische.»

Die nächste politische Auseinandersetzung ist programmiert. Der derzeit geltende OECD-Standard über den Austausch von Steuerdaten auf Anfrage wird 2017 vom automatischen Informationsaustausch abgelöst werden. Die Schweiz hat sich verpflichtet, den Standard ab 2018 umzusetzen. Das Parlament wird sich ab Herbst 2015 damit befassen. 

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