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Frankreich statuiert Exempel an der Schweiz

Im Mittelpunkt von Steuerpolitik und steuerpolitischen Ermittlungen: Frankreichs Budgetminister Jérôme Cahuzac. Keystone

"Schluss mit der Toleranz": Frankreichs Budgetminister Jérôme Cahuzac hat klipp und klar erklärt, dass sein Land am Beispiel der Schweiz demonstrieren wolle, wie es den Kampf gegen Steuerflucht führen werde.

Cahuzac, der sich selbst mit Vorwürfen konfrontiert sieht (siehe weiter unten), Konten auf Banken in der Schweiz unterhalten zu haben, rechtfertigte den Entscheid Frankreichs.

Die kurz vor dem Jahreswechsel verkündete Modifizierung sieht vor, dass reiche Franzosen, die in der Schweiz pauschalbesteuert werden, künftig auch in ihrer Heimat Steuern bezahlen. Die Grundlage bilden Einkünfte, die sie in Frankreich erzielen.

In einer Fernsehdebatte am Montagabend warf Jean-Luc Mélenchon, der Führer des Linksbündnisses, Cahuzac vor, im Kampf gegen die Steuerparadiese und Steuerflucht nicht genügend getan zu haben. Der Minister verteidigte sich mit dem Verweis auf den jüngsten Regierungserlass, der die Schweiz zum Inhalt hat.

Laut dem Erlass sollen reiche Franzosen, die in der Schweiz pauschalbesteuert werden, künftig auch in ihrer Heimat Steuern bezahlen. Grundlage sind die Einkünfte, die sie in Frankreich erzielen.

Dies bedeutet eine einseitige Änderung der bisherigen Auslegung des Doppelbesteuerungs-Abkommens, das beide Länder 1966 abgeschlossen hatten.

Darin ist u.a. festgelegt, wie ein Steuersitz definiert wird. Demnach ist vor allem der Wohnsitz relevant und nicht, wo jemand sein Einkommen erzielt. Pauschalsteuern sind jedoch im Abkommen explizit verboten.

Trotz diesem Passus hatte Frankreich seit 1972 eine Pauschalbesteuerung ihrer Bürger mit Wohnsitz in der Schweiz «toleriert». Dieser Duldung will Paris jetzt ein Ende setzen.

«Schöne Schweizer Berge»

Es habe eine gewisse Toleranz in der Umsetzung des Doppelbesteuerungs-Abkommens gegeben, sagte der Minister in Anspielung an die Franzosen, die sich entschieden hätten, in den «schönen Bergen» zu leben.

«Zusammen mit Finanzminister Pierre Moscovici haben wir diese Toleranz nun beendet. Das Abkommen soll genau nach Buchstaben umgesetzt werden und nicht mehr gemäss Interpretation», so Cahuzac.

In den letzten 40 Jahren hatte Frankreich geduldet, dass französische Bürger, die aufgrund ihres Reichtums in der Schweiz von einer günstigen Pauschalbesteuerung profitierten, in ihrer Heimat keine Steuern zahlen mussten.

Die Abkehr von dieser Duldungspraxis war eines der ersten Ziele, die Präsident François Hollande nach seiner Wahl im Kampf gegen Steuerflucht erklärt hatte.

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Gemäss Zahlen von Ende 2010 kamen in der Schweiz 5445 Superreiche in den Genuss von Pauschalsteuern.

Davon sollen 2000 einen französischen Pass haben. Besonders viele Pauschalbesteuerte residieren in der Westschweiz. Im Kanton Waadt wird in rund 1400 Fällen eine pauschale Steuer erhoben.

Im Wallis sind es mehr als 1100 Fälle, in Genf 690 und in Neuenburg 28.

Allein in Genf spülten die Pauschalsteuern rund 90 Mio. Franken in die Kantonskasse, wie die Tribune de Genève meldete.

Helvetische Schwachstelle

Anders als Mélenchon, der ein entsprechendes, neues Gesetz gefordert hatte, ist Cahuzac der Meinung, dass ein solches keinen Einfluss auf das Steuerabkommen mit der Schweiz hätte, weil es diesem untergeordnet wäre.

Ausserdem liege die durchschnittliche Frist, um ein Steuerabkommen neu zu verhandeln, zwischen 2,5 und 5 Jahren», polterte Cahuzac und liess durchsickern, dass diese Initiative zu langsam und zu kompliziert sei.

Konsequenterweise hat die französische Regierung eine «andere Richtung» gewählt, die von Präsident François Hollande eingebracht worden war. «Er hatte vorgeschlagen, die Steuerabkommen zu überdenken», sagte Cahuzac.

Am Dienstag hat die Pariser Staatsanwaltschaft eine Untersuchung gegen Budgetminister Jérôme Cahuzac angekündigt.

Gemäss der französischen Internetplattform Mediapart verfügte er bei der Grossbank UBS in Genf lange über ein Konto mit unversteuertem Vermögen.

Zum Beweis legte Mediapart eine Tonaufnahme von Ende 2000 vor. Darauf identifiziert sich ein Mann als Jérôme Cahuzac und bestätigt, dass er ein Konto auf einer Schweizer Bank besitze.

Cahuzac wies die Vorwürfe als diffamierend zurück und reichte gegen Mediapart Klage ein.

Laut Mediapart hat der Sozialist Cahuzac das Konto Anfang 2010 aufgehoben, nur wenige Tage bevor er Präsident der Finanzkommission des Parlaments wurde.

Das Geld soll der Minister nach Singapur transferiert haben.

Paris dementiert Überraschungseffekt

Die französischen Beamten am Sitz des Finanzministeriums in Bercy zeigen sich erstaunt über die Reaktion der Schweizer Behörden, die behaupteten, sie seien über die Änderungen Frankreichs nicht benachrichtigt worden.

«Wir haben die Schweizer Behörden über die Abkehr von dieser Toleranz informiert, was bedeutet, dass man zur buchstabengetreuen Anwendung des Abkommens zurückkehrt», liess das Ministerium gegenüber swissinfo.ch verlauten. «Es ist also weder eine Überraschung, noch eine Kriegserklärung.»

Auf Schweizer Seite hat das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) den französischen Botschafter in Bern, Michel Duclos, um Erklärungen gebeten. Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) hatte seinerseits bedauert, dass es von Frankreich über den Entscheid nicht offiziell informiert worden sei.  

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