Fünfte Schweiz freut sich über Wiederaufnahme der E-Voting-Versuche
Am Sonntag haben mehrere Tausend Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer elektronisch abgestimmt. Eine Premiere seit 2019 und eine wichtige Angelegenheit für die Fünfte Schweiz. Wegen der langsamen Post in ihrem Wohnland können sie ihr Stimmrecht oft nicht wahrnehmen.
Die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer der Kantone Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau konnten am Abstimmungssonntag vom 18. Juni elektronisch abstimmen. Die drei Kantone nahmen an einem Grossversuch teil. Es ist der erste seit 2019 und der Sistierung des E-Votings aus Sicherheitsgründen.
Seither hat die Schweizerische Post, die das System anbietet, ihr Vorgehen überdacht. Die Bundeskanzlei hatte im März 2023 angekündigt, dass in diesen drei Kantonen Versuche durchgeführt werden sollen.
Gute Beteiligung beim E-Voting-Versuch
3616 Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer, die über die ganze Welt verteilt sind, konnten vom neuen System profitieren. Sie konnten bis Samstag, 17. Juni, 12.00 Uhr Schweizer Zeit ihre Stimme abgeben.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Stimmbeteiligung in den Kantonen, die E-Voting angeboten haben, über dem Durchschnitt der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer insgesamt lag.
Die Möglichkeit der elektronischen Stimmabgabe ersetzt die Briefwahl nicht, sie ist eine Ergänzung. Die in den drei erwähnten Kantonen immatrikulierten Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer hatten somit die Wahl zwischen der ordentlichen Stimmabgabe vor Ort oder per Post und dem E-Voting.
Die Zahlen zeigen nun: Die im Ausland lebenden Stimmberechtigten der drei Kantone entschieden sich mehrheitlich für das E-Voting.
Die Kantone zeigen sich zufrieden
Die Staatskanzleien der drei Kantone zeigten sich mit dem System zufrieden. «Wir haben von den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern viele positive Rückmeldungen erhalten, dass E-Voting nun wieder möglich ist. Für viele ist es die einzige Möglichkeit, ihre Stimme rechtzeitig abgeben zu können», sagte Philipp Egger, Leiter Informatik und Infrastruktur des Kantons St. Gallen.
Im Kanton Thurgau stellte Staatsschreiber Paul Roth fest, dass «die Stimmberechtigten mit dem System gut zurechtgekommen sind». Die Staatskanzlei habe nur vier Unterstützungsgesuche erhalten.
Ein ähnliches Bild zeigt sich in Basel-Stadt, wo laut Staatsschreiberin Barbara Schüpbach-Guggenbühl «die Wiedereinführung des E-Voting erfolgreich verlaufen ist».
In diesem Kanton betraf die häufigste Rückfrage die Eingabe der URL. Diese konnte nicht über eine Suchmaschine gefunden werden, sondern musste manuell in einem neuen Tab eingegeben werden.
Fünfte Schweiz ist begeistert
Während die Kantone sich zufrieden zeigen, sind die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer begeistert. «Halleluja», schrieb ein Leser von swissinfo.ch mit dem Pseudonym Rosendorfer: «Absolut problemlos, gut erklärt, Sicherheitslevel subjektiv sehr hoch, mehrstufiges Verfahren.»
Leserin Christa pflichtet ihm bei: «Problemlos, unkompliziert! Und dank den vielen Sicherheitscodes gut kontrolliert! Danke für die Möglichkeit!»
Diese Aussagen können jene beruhigen, die aufgrund der technischen Komplexität noch vor der elektronischen Stimmabgabe zurückschrecken. «Ich konnte bereits vor 10 Tagen meine Stimme elektronisch im Thurgau abgeben. Der Vorgang war sehr gut erklärt und einfach zu folgen», so der Rentner Hans Ulrich Lutz.
Die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sind sich einig, dass diese Versuche nun auf Dauer angelegt werden sollten. «Ich habe von Südthailand aus mitgemacht. Ich bin sehr positiv gestimmt und konnte alles schnell erledigen. Es wäre ein super Erfolg und wichtiger Schritt für die Zukunft, wenn es dabei bleiben wird», schreibt beispielsweise Chrenhuek38.
Diese Meinung teilt auch Ruth Kaufmann, die «hofft, dass die elektronische Stimmabgabe bald in allen Kantonen eingeführt wird».
Rosendorfer weist auf einen weiteren Vorteil des E-Voting hin: «Es erhöht beziehungsweise reaktiviert die Heimatverbundenheit und das Interesse an der Heimat enorm.»
Einführung des neuen Systems in Frage gestellt
Die Ankündigung im März 2023, die Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe wieder aufzunehmen, hatte bei einigen Parlamentsabgeordneten für Aufregung gesorgt. Inzwischen ist wieder Ruhe eingekehrt.
Die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Nationalrats wollte wissen, weshalb die Bundeskanzlei das E-Voting-System der Post wieder als genügend zuverlässig erachtet und auf welcher Grundlage ein neuer Versuch gestartet wurde.
Alfred Heer, Nationalrat der Schweizerischen Volkspartei (SVP), nahm ausdrücklich das Vorgehen der Bundeskanzlei und das revidierte E-Voting-System der Post ins Visier. Der Zürcher präsidiert in der GPK die für die Bundeskanzlei zuständige Subkommission.
Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier seien erstaunt gewesen, dass die Bundeskanzlei im März ohne Vorankündigung die Inbetriebnahme des überarbeiteten Systems bekanntgegeben habe, berichteten der Sonntagsblick und die Neue Zürcher Zeitung Anfang März.
Drei Monate sind seither vergangen. Auf Anfrage von swissinfo.ch teilt der Nationalrat mit, dass eine Aussprache mit der Bundeskanzlei stattgefunden habe. Dabei sei zum Ausdruck gekommen, dass Versuche mit E-Voting grundsätzlich dem Willen des Parlaments entsprächen.
Insofern sei die Einführung nicht willkürlich von der Bundeskanzlei vorgenommen worden. «Wir werden das Dossier weiterhin kritisch begleiten», sagt der Nationalrat.
Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub
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Übertragung aus dem Französischen: Christian Raaflaub
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