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Wie die Nationalbank den Reichtum der Schweizer verwaltet

Kleine Liebeserklärung an das Geld

Am Dienstag präsentiert die Schweizerische Nationalbank die neue Tausendernote. Der Anlass demonstriert: Geld zeigt sich in vielen Formen. Liebeserklärung an ein äusserst diverses Wesen, das stets tausendmal schöner ist als es scheint.

Liebes Geld

Ich liebe Dich, wenn Du mir zu einem Kaffee wirst. Ich liebe Dich, wenn Du mir Eintritt in ein Konzert verschaffst. Und ich liebe Dich, wenn Du Dich in einen Blumenstrauss verwandelst.

Ich erinnere mich gerne an unsere erste Begegnung: Du warst eine Münze, und ich war fünf Jahre alt. Dein Jahrgang: 1879. Der Altersunterschied, er stand uns nicht im Weg: Ich liebte Dich als das, was Du warst: Als Wert an und für sich, und als Wert für mich.

Einige Jahre später, 1998: die neue Banknotenserie. Zum ersten Mal meine Einsicht, dass Du, liebes Geld, wandelbar warst. Du bist mir trotzdem wertvoll geblieben. Ich akzeptierte Deine neuen Gesichter; die Liebe hielt an.

Ich wurde älter. Der Wunsch, Dich einzutauschen, liebes Geld, wurde stärker. Zu Beginn fielen mir die Trennungen schwer. Heute bin ich daran gewöhnt: Ich weiss, dass ich Dir damit zu Deiner Bestimmung verhelfe. Ich liebte Dich noch immer, Geld, aber die Liebe hatte sich gewandelt. Mit einem Giacometti in den Ausgang.

Zur gleichen Zeit eröffnete ich mein erstes Bankkonto. Du erschienst mir, liebes Geld, erstmals als Kontoauszug, als gedruckte Zahl auf einem Blatt Papier. Ich vermutete, dass Du eine Neue warst. Später erst, als ich Geldpolitik studierte, meine Gewissheit: im Gegensatz zum Bargeld stammst du nicht von der Nationalbank ab. Deine Erzeugerin, liebes Bankguthaben, war die Graubündner Kantonalbank.

Soll altes Geld wertlos werden?

Am Donnerstag berät der Nationalrat die Revision des Bundesgesetzes über die Währung und die Zahlungsmittel. Der Bundesrat schlägt vor, die Frist für den Umtausch von Banknoten, die nach 1976 emittiert wurden, abzuschaffen.

Nach heutiger Rechtslage ist die Schweizerische Nationalbank (SNB) während 20 Jahren verpflichtet, zurückgerufene Geldscheine zum Nennwert zu tauschen. Die Umtauschfrist für die in den 1990er-Jahren ersetzte 6. Banknotenserie läuft am 30. April 2020 ab.

Die Kleine Kammer hat sich im November 2018 gegen die Abschaffung der Umtauschfrist ausgesprochen. Bestätigt der Nationalrat dem Ständeratsentscheid, ist der Vorstoss des Bundesrates gescheitert.

Mehr und mehr Zeit habe ich mit Dir verbracht, liebes Buchgeld. Ein Klick im Internet, und ein neues Computerspiel war bestellt und bezahlt. Und auch beruflich hatte ich mit Dir zu tun, als ich für die Auszahlung von Versicherungsleistungen zuständig war. Bestimmt hast Du Erleichterung gebracht, wenn ich Dich auf ein Bankkonto einer bedürftigen Familie gesendet habe.

Es war egal, wer Deine Eltern waren. Es war egal, woher Du kamst: Du warst überall willkommen.

Deine Verwandten habe ich, liebes Geld, auf meiner Weltreise kennengelernt. Als ich 2008 in den Vereinigten Staaten war und die Wirtschaftskrise ihren Höhepunkt erreichte, ja, da wollte Dich plötzlich jeder haben. Wie teuer ich Dich, lieber Schweizer Franken, verkaufen konnte! Am Time Square bekam ich für Dich auf einmal fast doppelt so viel Maroni wie tags zuvor.

Geld, Du warst mir auch lieb, als Du Dich mir als Kreditkarte gezeigt hast. Ich ahnte: Du bist es, aber Du warst maskiert. Du hattest weder Vater noch Mutter. Du bist entstanden, wann ich es wollte. Mein Kauf hat Dich in die Welt gebracht. Und ich habe Dich vernichtet, wann immer ich meine Kreditkartenrechnung bezahlt habe. Liebes Kreditkartengeld: Nichts für ungut!

Geld, in Deinem schönsten Kleid erscheinst Du mir seit jeher an Weihnachten. Nie empfinde ich mehr Zärtlichkeit für Dich. Dein Ursprung ist dort, wo Du Dich in einen Berg Zauberwelten verwandelst: im Buchladen meines Heimatdorfes. Liebes Geld, als Büchergutschein mag ich Dich am besten.

Ich gebe zu, liebes Gut-Scheingeld: In meinen frühen Jahren hätte ich Dich gerne auch mal gegen ein Bier getauscht. Du hast Dich dagegen verwehrt. Deine Sturheit sei Dir verziehen.

Diese Woche gehört meine Aufmerksamkeit noch einmal Dir, liebes Banknötligeld. Du wirst in aller Medien sein. Du wirst als neue Tausendernote geboren werden.

Man sagt, Du seist der wertvollste Geldschein der Welt. Das mag sein, lieber Tausender. Aber bist Du auch das wertvollste Geld?

Du weisst doch, liebes Geld, deine Gestalt ist mir schnurz. Es sind die inneren Werte, die ich an Dir liebe.

Lieber Gutschein, lieber Geldschein. Lieber Fünf-Liber. Lieber US-Dollar und Yen. Liebe Kreditkartenlimite und liebes Bankkonto. Ich liebe euch, wenn ihr mir zu einem Kaffee werdet. Ich liebe euch, wenn ihr mir Eintritt in ein Konzertlokal verschafft. Und ich liebe euch, wenn ihr euch in einen Blumenstrauss verwandelt.

Tausend Dank,

Fabio

Autor Fabio CanetgExterner Link ist Makroökonom an der Universität Bern.

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