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Gesandter aus Palästina betont die Rolle der Schweiz

Ein palästinensischer Hirte in der Nähe der jüdischen Siedlung Revava, nahe dem westjordanischen Dorf Salfit. Keystone

Als Hüterin der Genfer Konventionen hat die Schweiz die moralische Befugnis, gegen israelische "Verstösse" des internationalen Rechts vorzugehen. Dies sagt der palästinensische Chefunterhändler.

Diese Woche fand in Jordanien eine zweite Runde von Sondierungs-Gesprächen zwischen Saeb Erekat und seinem israelischen Amtskollegen Yithhak Molcho statt, allerdings ohne greifbare Fortschritte. Es war das erste Treffen, seit die direkten Friedensverhandlungen Ende 2010 ausgesetzt wurden.

 

Wie es weitergehen soll, ist unklar. Die Palästinenser planen jedoch eigenen Angaben zufolge, ihre Bemühungen für eine UNO-Mitgliedschaft und eine Isolation Israels innerhalb der UNO erneut aufzunehmen. Mit einer neuen Resolution soll Israel zudem wegen des Baus jüdischer Siedlungen im Westjordanland und in Ostjerusalem verurteilt werden.

Schweizer Vorbild

Die Schweiz könnte, wenn es nach den Palästinensern geht, in diese neue Strategie integriert werden. Erekat sagte gegenüber swissinfo.ch. Die Schweiz sei in den Augen der Palästinenser ein «Modell» für die Achtung des internationalen Rechts und der Menschenrechte.

«Die Schweiz hat die moralische Autorität und Verantwortlichkeit, die Signatarstaaten der Genfer Konventionen zusammenzubringen, um Druck auf Israel auszuüben, damit es seine Verstösse gegen das internationale Recht in den besetzten Gebieten stoppe», so Erekat.

«Ich bezweifle, dass es auch nur eine einzige Klausel im internationalen Recht über die Behandlung von Zivilisten in Kriegszeiten gibt, gegen die Israel nicht verstossen hat.»

Für die Palästinenser steht die schwerwiegendste Rechtsverletzung, die Israel begangen hat, im Zusammenhang mit der Siedlungsfrage. «Gemäss den Genfer Konventionen ist es verboten, dass eine Besatzungsmacht die Bevölkerung von ihrem Land vertreibt und ihre eigenen Leute in die besetzten Gebiete bringt», erklärt Erekat.

«Hinzukommen zahlreiche weitere Verletzungen der Genfer Konventionen: Die Vernichtung tausender palästinensischer Häuser, die Beschlagnahmung von Land und die systematischen Angriffe, die tausende Zivilopfer forderten.»

Genfer Initiative

 

Das Schweizer Aussenministerium wollte zu einer allfälligen neuen Rolle keine Stellung nehmen. Es liess aber verlauten, dass die wiederkehrenden Verletzungen des internationalen humanitären Rechts durch verschiedene Parteien eine Lösung des Konflikts «zunehmend erschwerten».

Die Schweiz bestätigt auch, dass sie sich weiterhin für Lösungen im israelisch-palästinensischen Konflikt einsetzen werde. An einer Konferenz in November 2011 in Genf hatte die damalige Aussenministerin Micheline Calmy-Rey über die «Genfer Initiative 2.0» gesprochen.

«Die Schweiz unterstützt die Genfer Initiative weiterhin, ein Modell-Abkommen, das zwischen Israelis und Palästinensern der Zivilgesellschaft ausgehandelt wurde (lanciert 2003). Damit verpflichtet sich die Schweiz, zu garantieren, dass die in den Konflikt involvierten Gesellschaften und Unterhändler klare, solide Vorschläge als Grundlage zur Erlangung eines Abkommens haben», sagte Carole Wälti, Sprecherin im EDA, gegenüber swissinfo.ch.

Keine wesentlichen Fortschritte

Am Treffen dieser Woche in Jordanien nahm das so genannte Friedenquartett teil: die USA, die Europäische Union, Russland und die UNO. Es hatte den involvierten Parteien am 26. Oktober drei Monate Zeit gegeben, um ihre Vorschläge zu Territorium und Sicherheit vorzulegen.

«Es ist nichts Neues herausgekommen», sagte die ranghohe palästinensische Vertreterin Hanan Ashrawi am Montag.

«Die Israelis halten an ihrer kompromisslosen Haltung fest», betonte sie. «Es wird keine Rückkehr zu Verhandlungen geben, solange der Kolonisierungs-Prozess anhält und Israel kein klares Bekenntnis zur Grenzziehung von 1967 abgibt.»

Gemäss der online-Ausgabe der Zeitung Haaretz wollten die Berater von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu keine Einzelheiten über die Gespräche bekannt geben. Sie erklärten lediglich, Ende Januar werde ein weiteres Treffen stattfinden.

Netanyahu zieht auf Antrag der amerikanischen und jordanischen Behörden offenbar verschiedene vertrauensbildende Massnahmen in Betracht. Im Gegenzug erwartet der israelische Ministerpräsident von Abbas, dass er die vor einer Woche begonnenen Gespräche in Jordanien fortsetzt und von einer Eigenstaatlichkeit bei der UNO absieht.

Die letzte Runde der Friedensgespräche sind seit September 2010 auf Eis gelegt. Knackpunkt ist der Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem, Gebiete, die Israel im Krieg von 1967 besetzt hatte und die Palästinenser für ihren Staat beanspruchen.

Die Palästinenser fordern einen Siedlungsbaustopp. Sie weigern sich, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, solange Israel den Siedlungsbau in diesen zwei Gebieten fortsetzt.

Die meisten Staaten bezeichnen die Siedlungen als illegal, was Israel bestreitet.

Die Palästinenser verlangen zudem, dass sich Israel dazu verpflichtet, die Grenzen so zu akzeptieren, wie sie vor dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 gezogen waren.

Im September 2011 ersuchten die Palästinenser den UNO-Sicherheitsrat, sie als Vollmitglied in die Vereinten Nationen aufzunehmen. Sie erhielten im 15-köpfigen Rat jedoch nicht genügend Unterstützung. Als Alternative streben sie einen besseren Beobachter-Status bei der UNO an. Im Oktober wurde Palästina offiziell in die UNO-Kultur-Organisation Unesco aufgenommen.

Israel widersetzt sich diesen Schritten der Palästinenser bei der UNO und bezeichnet sie als «einseitige Massnahmen, die den Friedensprozess untergraben». Ein palästinensischer Staat könne nur durch Verhandlungen geschaffen werden, so die Haltung Israels.

Laut Israel sollen umgehend Friedensgespräche aufgenommen werden – und zwar ohne Vorbedingungen.

Ministerpräsident Benjamin Netanyahu schliesst eine Rückkehr zur Grenzziehung vor 1967 kategorisch aus, weil diese nicht zu verteidigen sei.

(Übertragung aus dem Englischen: Gaby Ochsenbein)

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