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Ihre Stimme ist wichtig, um die Welt zu einem gesünderen Ort zu machen

Bruno Kaufmann

Demokratie und Meinungsfreiheit stehen unter Beschuss. Doch es gibt rund um den Globus Menschen, die sich dagegen wehren. Um diese Leute geht es in diesem "Direct Democracy Newsletter", den es nun erstmals auf Deutsch gibt.

Manchmal fühle ich mich überwältigt von all den schlechten Nachrichten, die als Kurzmeldungen auf meinem Smartphone auftauchen: Ausbrüche von Gewalt an Orten wie Khartum (Sudan), Joliet (USA) oder Donbas (Ukraine); Verwässerungen von Klimavereinbarungen auf der COP26-Konferenz in Glasgow oder die anhaltende Todesspirale, die durch Covid19 ausgelöst wurde.

Die schiere Geschwindigkeit dieser eintreffenden Nachrichten lässt manchmal ein leichtes Gefühl des Zweifels aufkommen lassen, ob wir als Menschen, als mündige Bürger:innen, wirklich in der Lage sind, die Fortschritte zu erzielen, die wir dringend brauchen – um die Welt zu einem gesünderen Ort zu machen, indem wir friedlicher werden, sorgsamer mit der Natur umgehen und unsere Immunität stärken.

Doch sobald ich den Blick über den Smartphone-Bildschirm hinaus erhebe, spüre und verstehe ich wieder etwas ganz anderes: Auf meinem Schreibtisch liegen die Abstimmungsunterlagen für die bevorstehenden gesamtschweizerischen Initiativ- und Referendumsabstimmungen vom 28. November. Diesmal geht es um eine Initiative zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Gesundheitspersonals, um eine Initiative zur Änderung der Ernennung der obersten Richter und um eine Volksabstimmung (bereits die zweite in diesem Jahr) über die Gesetzgebung im Kampf gegen das Corona-Virus.

Ja, es ist wirklich ermutigend, dass wir als Bürger:innen das Recht haben, wichtige Entscheidungen zu treffen. Zwar haben die meisten Länder der Welt einige Instrumente der modernen direkten Demokratie in ihrer Verfassung oder Gesetzgebung verankert (derzeit gibt es mehr als 2000 verschiedene Instrumente in 109 LändernExterner Link), doch sind diese Rechte in den meisten Ländern weit davon entfernt, benutzerfreundlich und zugänglich zu sein. Diese Woche hatte ich Gelegenheit, mich in der ukrainischen Hauptstadt Kiew, wo ein neues Gesetz über lokale Volksabstimmungen in Vorbereitung ist, mit Gesetzgeber:innen, Wahlleiter:innen und Wissenschaftler:innen auszutauschen.

Ich traf mich auch mit Dylan Carter, einem Journalisten der renommierten englischsprachigen Zeitung, der Kyiv Post. Diese Publikation, die lange Zeit eine der unabhängigsten in der Ukraine war, wurde vor einigen Tagen von einem Oligarchen geschlossen, der die Zeitung in ein Megaphon für seine Geschäftsinteressen verwandeln will. Das Gespräch mit Dylan wird demnächst unsere Reihe «Global Voices of Freedom» ergänzen.

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Die Meinungs- und Pressefreiheit ist in den letzten Jahren stark unter Druck geraten. Der neue Bericht «Global State of Democracy», der diese Woche von International IDEA veröffentlicht wurde, bietet eine beängstigende Lektüre, denn die Zahl der Länder, die diese Grundfreiheiten bedrohen, ist von 19 im Jahr 2010 auf 32 im Jahr 2021 gestiegen. Aber es gibt auch Wege nach vorne, wie ich vor einigen Tagen in Lissabon erfahren konnte, wo ich das Seminar «Future of Europe»Externer Link zur Pressefreiheit zu moderieren durfte. Hier traf ich auf mutige Kollegen wie Matthew Caruana Galizia aus Malta, dessen Mutter Daphne wegen ihrer investigativen journalistischen Arbeit ermordet wurde, oder Márton Kárpáti aus Ungarn, eine der Schlüsselfiguren hinter der neu gegründeten Medienplattform index.hu.

Während solche Begegnungen immer auch Einblicke in schlimme Umstände bieten, vermitteln sie auch viel Hoffnung und Zuversicht: Menschen, die sich um unsere gemeinsamen universellen Werte Freiheit und Demokratie kümmern und diese teilen, sind der Schlüssel zur Zukunft. Und das nicht nur auf der Weltbühne und im Scheinwerferlicht der internationalen Medien. Ein Bericht von Kristin Kranenberg aus einer kleinen Schweizer Stadt, in der zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger an einem lokalen Klimaschutzprogramm mitarbeiteten, weckte neulich mein Interesse. Hier ging es vor allem darum, sich Gehör zu verschaffen und anderen zuzuhören, was einen Weg zu konkreten Lösungen aufzeigte.

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Das ist wirklich ermutigend – und es ist eine Einladung, den Blick vom Smartphone abzuwenden und auch Ihrer Stimme Gehör zu verschaffen, so gut es geht. Wenn Sie eine Geschichte zu erzählen haben – wenn Sie sich um den Zustand und die Zukunft der Demokratie in Ihrer Gemeinschaft sorgen, lassen Sie es uns wissen, schreiben Sie uns!

Mit demokratischen Grüssen

Bruno Kaufmann

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