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«Impuls für Randregion» vs. «Idee von Vorvorgestern»

AFP

Die Kandidatur für Olympische Winterspiele 2022 polarisiert den Kanton Graubünden. Im Kampf für die Abstimmung vom 3. März werben die Promotoren für ihr Konzept von nachhaltigen Spielen. Olympia und Nachhaltigkeit schliessen sich aus, sagen die Gegner.

«Weisse Spiele» in den Schneebergen, kurze Wege, Rückbau statt Olympiaruinen, Rücksicht auf Landschaft und Klima, Ausbau des öffentlichen Verkehrs, langfristige Impulse für Wirtschaft und Gesellschaft in der Randregion, kein Defizit: Das versprechen die Befürworter von Olympischen Winterspielen in Graubünden 2022 mit Davos und St. Moritz als Hauptaustragungsorte.

Die Bündnerinnen und Bündner befinden am 3. März an der Urne, ob der Kanton 300 Mio. Franken bereitstellen soll, damit Graubünden in zehn Jahren als Gastgeber von «kleinen» Spielen die grosse Welt des Wintersports empfangen kann.

Swiss Olympic will mit dem Olympia-Projekt den alpinen und nordischen Disziplinen im Wintersportland Schweiz neuen Schub verleihen.

Ebenso ambitioniert sind die übrigen Zielsetzungen der Promotoren vom Verein «XXIV. Olympische Winterspiele Graubünden 2022». Ihm gehören nebst der Dachorganisation des Schweizer Sports Vertreter von Bund, Kanton, Davos, St. Moritz und der Bündner Wirtschaft an.

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Finanzielles Märchen oder Albtraum?

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Im Vorfeld der kantonalen Volksabstimmung vom 3. März 2013 sind die Meinungen darüber geteilt, ob der Kanton Graubünden für die Ausgabe der Olympischen Winterspiele 2022 kandidieren soll. Optimisten glauben, dass die Spiele wichtige ökonomische Impulse auslösen könnten, während Pessimisten auf der Frage herumreiten, wer den Schaden übernimmt, sollte die Rechnung nicht aufgehen. Die Geschichte zeigt,…

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Impulsprogramm

Mit Olympia wolle die Wintersportdestination Graubünden in die Wachstumsmärkte wie Russland, China, Indien oder Brasilien vordringen, sagt Christian Gartmann, Sprecher des Vereins.

Die sechs Millionen Chinesen, die heute Ski fahren, würden Davos vielleicht als Ort des WEF kennen und St. Moritz als Luxusresort. «Aber dass dies auch schöne Landschaften zum Sporttreiben sind, ist kaum bekannt», sagt Gartmann.

Die Promotoren haben den Verein «Nachhaltigkeit, Innovation und Vermächtnis» (NIV) initiiert. Dessen Nachhaltigkeits-Charta soll aufzeigen, wie die Bevölkerung nach den Spielen möglichst lange von den ausgelösten Impulsen profitieren könne.

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Vorbereitung auf Winterspiele in Graubünden

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Am 3. März entscheiden die Stimmbürger des Kantons über eine Kandidatur, welche die Schweiz zu riesigen Investitionen in Infrastruktur für die Austragung der Spiele verpflichten würde. swissinfo.ch blickt zurück auf die früheren Spiele und geht der Frage nach, welche Einrichtungen für ein Wintersport-Event dieser Dimension nötig wären. (SRF/swissinfo.ch)

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«Brain drain»-Trend wenden

Gartmann illustriert dies am Projekt «Brain regain». «Fast 80% der jungen Menschen aus Bergregionen, die im Unterland eine Ausbildung absolvieren, kehren mangels Perspektiven nicht mehr zurück», sagt er. Ihnen wolle «Brain regain» Starthilfen für die Gründung neuer Unternehmen in der Heimat bieten.

Jon Pult dagegen, Präsident der Sozialdemokratischen Partei Graubündens (SP), die mit anderen Organisationen und Personen aus dem links-grünen Lager das gegnerische «Komitee Olympiakritisches Graubünden» bildet, hält Olympia für die Entwicklung des Bündner Berggebiets schlicht für «katastrophal». Der «ganze gigantistische Tross» würde zwei Bergtäler füllen und dort den ökologischen Fussabdruck vergrössern, so Pult.

Gar für «absurd» hält er die Behauptung der Befürworter, Olympia sei «das grosse Innovationsmoment, der grosse Impuls». Olympia sei vielleicht 1928 und 1948 eine Idee gewesen, die Graubünden, zumindest aber St. Moritz, weitergebracht habe. «Aber es ist ein Irrglaube, man könne die Herausforderungen von heute und morgen mit einer Idee von Vorvorgestern meistern», sagt der SP-Kantonsparlamentarier.

3. März 2013: Volksabstimmung im Kanton Graubünden über die Bildung von 300 Mio. Franken Reserve aus dem Kantonsvermögen für die Durchführung Olympischer Winterspiele 2022. Sagen die Bündner Ja, erfolgt am

14. November 2013 die Anmeldung der offiziellen Kandidatur beim Internationalen Olympischen Komitee (IOK).

März 2014: Einreichen einer Kurzbewerbung beim IOK. Darin muss die Finanzierung seitens des Bundes garantiert sein.

Juli 2014: Das IOK-Evaluationskomitee kürt drei Kandidaturen für die engere Auswahl.

31. Juli 2015: Das IOK vergibt die Winterspiele 2022.

Auf eigene Stärke setzen

Umso mehr, als es sich bei Olympia und dem IOC um Geldmaschinen handle. «Eine solche aber eignet sich nicht, um Nachhaltigkeit zu produzieren.»

Gefragt seien vielmehr neue Ideen, aber auch die konsequente Unterstützung der zahlreichen kleineren Initiativen, die bereits bestehen. Grosses Potenzial misst Pult der Entwicklung des Wintertourismus zu einem Ganzjahrestourismus zu, der Diversifikation der Wirtschaft, regionalen Projekten wie Naturpärken, der Energiewende oder der Inwertsetzung der innovativen biologischen Landwirtschaft.

Der Charta der Promotoren enthält für Pult nur schöne Worte, er spricht dem Programm nicht nur jegliche rechtliche Verbindlichkeit, sondern auch alle demokratische Legitimität ab. » Wäre dies ernst gemeint, hätte man diese Charta an den Anfang des Prozesses gestellt und dafür eine gesetzliche Grundlage geschaffen.»

Die Trägerschaft des Vereins NIV – wiederum Vertreter von Bund, Kanton, Davos, St. Moritz und Swiss Olympic, ist laut Christian Gartmann breit abgestützt und sehr glaubwürdig.

«Bund wie Kanton haben öffentlich erklärt, dass die Unterstützung für die Kandidatur zurückgezogen wird, falls die Charta nicht umgesetzt wird», sagt der Sprecher der Befürworter. 

Kandidatur beim IOK: 60 Mio. Fr.

Investititonen in Infrastruktur (Bauten und Transport): 1,5 Mrd. Fr.

Durchführungskosten: 2,46 Mrd. Fr.

Sicherheit: 250 Mio. Fr.

Gesamtkosten: 4,27 Mrd. Fr.

Wer zahlt?

Bund: 30 Mio. Fr. für die Kandidatur, 250 Mio. Fr. für Sicherheit und 1 Mrd. für übrige Kosten.

Kanton Graubünden und Davos/St. Moritz: 300 Mio. Fr.

IOK: 560 Mio. Fr.

Private Infrastruktur-Investitionen: 500 Mio. Fr.

Der Restbetrag soll durch Einnahmen aus Ticketverkäufen, Sponsorenbeiträge, Verkauf von Infrastruktur nach Ende der Spiele etc. gedeckt werden.

(Quelle: Verein «XXIV. Olympische Winterspiele Graubünden 2022»)

Defizitgarantie-Sturm

Möglicherweise entscheidet am 3. März aber ein ganz anderes Argument – das Geld. In Bern ist nämlich ein Seilziehen um die staatliche Defizitgarantie entbrannt, die das Internationale Olympische Komitee (IOK) vom Austragungsland verlangt. Die Finanzkommission des Nationalrats pochte darauf, dass der Bund keinen Rappen mehr als die zugesagte Milliarde zahlt. Einzelne Parlamentarier wollen den Bundesbeitrag gar auf 700 Mio. Franken senken.

Bundespräsident und Sportminister Ueli Maurer sicherte den Bündnern darauf zu, dass nicht ihr Kanton, sondern der Bund für ein allfälliges Olympia-Defizit geradestehen würde. Auch wenn dieses die Milliardengrenze überschreiten sollte, wofür das Risiko aber verschwindend klein sei, wie der erklärte Olympia-Befürworter listig nachschob. Das letzte Wort in Bern hat aber das Parlament. Und dieses entscheidet erst nach der Bündner Abstimmung.

Die Befürworter glauben nicht, dass das Hick-Hack die Chancen der Kandidatur kompromittiere. Das Aufeinandertreffen verschiedener Meinungen gehöre zum politischen Prozess der Schweiz, sagt Christian Gartmann gelassen.

«Störend wäre, wenn bei den Bündnerinnen und Bündner eine Unsicherheit bestehen würde, dass letztlich der Kanton für ein allfälliges Defizit aufkommen müsste.»

Jon Pult dagegen sieht die Skepsis der Gegner  bestätigt, dass die Defizitgarantie «wie eine heisse Kartoffel» zwischen Bund und Kanton hin- und hergeschoben werde. «Wir sagen seit Wochen, dass Defizite bei Olympia wahrscheinlich sind und mit Sicherheit bei der öffentlichen Hand anfallen.»

Der Entscheid der Finanzkommission des Nationalrates sei darum ein starker Fingerzeig an die Bündner Stimmbevölkerung. «Mit einem Nein kann sie dem ganzen Land viel Ärger ersparen», ist Pult überzeugt.

Mehrwert Schweiz: 3,8 – 4,1 Mrd. Fr.

Mehrwert Graubünden: 1,47 – 1,8 Mrd. Fr.

Neue Stellen Schweiz: 30’500 – 33’400

Neue Stellen Graubünden: 11’900 – 15’100

Steuereinnahmen Schweiz: 400 – 440 Mio. Fr.

Steuereinnahmen Graubünden: 7 – 95 Mio. Fr.

Zusätzliche Hotelübernachtungen Schweiz: 1’030’000 – 1’750’000

Zusätzliche Hotelübernachtungen Graubünden: 520’000 – 975’000

(Quelle: Bericht Rütter & Partner, Eidgenössische Hochschule für Sport, Magglingen, und Universität Luzern, Januar 2013)

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