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In der Schweizer Uhrenstadt hätten Trump und Biden null Chance!

Sie können sich noch so lange gegenseitig dreinreden: Weder US-Präsident Donald Trump noch Herausforderer Joe Biden hätten in der Uhrenstadt Le Locle eine Chance, in den Gemeinderat gewählt zu werden – sie würden der dortigen Altersguillotine von 65 Jahren zum Opfer fallen. Copyright 2020 The Associated Press. All Rights Reserved.

Wären Donald Trump und Joe Biden Schweizer Bürger und Kandidaten für die Wahl vom 25. Oktober in die Kommunalregierung der Schweizer Gemeinde Le Locle, hätten sie keine Chance – Prädikat: "nicht wählbar!" Denn dort gibt es für die Exekutive eine Altersguillotine von 65 Jahren. Das ist zwar rechtens, aber selbst in der Schweiz eine Besonderheit.  

Donald Trump und Joe Biden: Zwei «alte weisse Männer», die sich ums Präsidentenamt der USA streiten. Entweder wird der 74-jährige republikanische Amtsinhaber oder der 77-jährige Herausforderer der Demokraten das Rennen machen.

Wären Trump und Biden hingegen Schweizer Bürger und am 25. Oktober Kandidaten für die Wahl in die Kommunalregierung von Le Locle, der Uhrenstadt im Neuenburger Jura, sie hätten null Chance auf eine Wahl.

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Le Locle, nach einer Fusion mit einer Nachbargemeinde neu immerhin 12’000 Einwohnerinnen und Einwohner stark, verbietet es Personen im Rentenalter, sich in eine Exekutive wählen zu lassen. Männer ab 65 und Frauen ab 64 Jahren sind dort vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen.

Das Job-Profil für Mitglieder der Gemeinde-Exekutive zielt auf jüngere Kräfte ab.

Es gibt triftige Gründe für und gegen die Altersguillotine. Hier eine Auflistung:

Pro:

● Verhinderung Überalterung von Exekutiven/Gerontokratie.

● Stärkung der Repräsentation der Altersgruppen.

● Frischen Wind in Regierungs-/Entscheidungsgremien einbringen (neue Ideen, neue Debattenkultur etc.).

● Vergrösserung der Wahlchancen für Jüngere.

● Ersatz von Amtsträgern, die nicht mehr über die körperliche und geistige Frische verfügen.

Kontra:

● Ausschluss einer Gruppe vom politischen Recht des passiven Wahlrechts (Wählbarkeit).

● Einschränkung des Grundrechts des Stimm- und Wahlrechts.

● Verlust von politischer Erfahrung und Expertise.

● Willkür bei der Ansetzung der Alterslimite.

● Diskriminierung der Frauen, da diese bei der Altersguillotine ab Rentenalter schon ab 64 nicht mehr wählbar sind (Beispiel Le Locle).

Kein Einzelfall

Den FallExterner Link, über den die Westschweizer Zeitung «Le Temps» berichtet hat, ist nicht der erste solche in der Schweiz. 2003 hatte die Berner Gemeinde Madiswil die Bürgerinnen und Bürger im Alter über 70 Jahren vom passiven Wahlrecht ausgeschlossen. Wer älter war als 70 Jahre, konnte nicht mehr für den Gemeinderat oder einen Sitz in einer Gemeindekommission kandidieren.

Darauf klopfte die Regierung des Kantons Bern den Behörden Madiswils auf die Finger, so dass die Gemeinde kurze Zeit später die Altersguillotine wieder aus dem Verkehr zog.

Der Fall entbehrte nicht einer gewissen Ironie: Damals galt just für die Berner Kantonsregierung selbst noch eine Altersguillotine von 65 Jahren. Erst 2014 ist diese dann gefallen.

Es droht die Gerontokratie

So umstritten das Instrument ist, so unbestritten ist der auslösende Umstand: die voranschreitende Überalterung unserer Gesellschaft und die Übervertretung älterer Generationen in Gremien, die Entscheide für die Menschen von morgen fällen.

Die Überalterung symbolisiert die Krise in der Schweizer Lokaldemokratie: Es fehlt der Nachwuchs. Aber wie vermehrt junge und frische Kräfte motivieren, sich für einen Sitz in einer Gemeindeexekutive oder einer Kommission zur Verfügung zu stellen? Die Jungen haben darauf selber Antworten parat.

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Heute liegt das Alter der oder des Medianstimmenden in der Schweiz bei 57 Jahren. Mit anderen Worten: Die eine Hälfte der Stimmenden ist älter als 57 Jahre, die andere Hälfte jünger. Schon 2023 wird das Medianalter bei 58 Jahren liegen, 2027 dann bei 59 Jahren, wie Politikanalyst Claude Longchamp in einem Beitrag für swissinfo.ch schrieb.

Dazu kommt die angetönte wachsende Asymmetrie zwischen den Generationen: Mehrere der grossen drängenden Fragen der Gegenwart – so der Klima- und Umweltschutz und die Sicherung der Rentensysteme – werden sich für die Jungen von heute sowie die kommenden Generationen viel direkter auswirken als auf die Älteren.

Trotz Diskriminierung ist die Alterslimite rechtens

Betroffenheit schön und gut – aber wie steht es um die Rechtmässigkeit von Altersguillotinen in der Demokratie Schweiz?

Zunächst einmal: In Le Locle ist alles rechtens. Denn es zählt in der Schweiz zur grossen Autonomie der Kantone und der Gemeinden – den beiden Staatsebenen unterhalb jener des Bundes – dass sie für Wahlen eigene Gesetze und Regeln aufstellen können. Was also im Kanton Neuenburg rechtens ist, ist anderswo illegal.

Es lohnt sich aber, die rechtliche Situation genauer unter die Lupe zu nehmen. Trotz Diskriminierungsverbot und trotz der garantierten Grundrechte taxierten 2004 die beiden Basler Rechtsexperten Markus Schefer und René Rhinow in einem GutachtenExterner Link das Instrument als zulässig.

Aber sie zogen einen klaren Trennstrich zwischen Exekutive und Legislative. Für Exekutivämter hielten sie Alterslimiten für durchaus anwendbar, weil dort primär persönliche Qualifikationen im Vordergrund stünden.

Anders dagegen bei der Wahl in ein Parlament. Hier sei die Repräsentation, also die Vertretung bestimmter Gesellschaftsgruppen, ausschlaggebend.

Die Lösung: Die Amtszeit beschränken

Die Diskussionen um das für und wider der Altersguillotine könnten sich Expertinnen und Experten, Bürger und auch wir Journalisten sparen. Das Zauberwort heisst Amtszeitbeschränkung. Auch mit ihr liessen sich alle positiven Effekte der Altersguillotine erreichen. Ohne Debatten um Willkür, Diskriminierung, Grundrechte und Rechtsgleichheit. 

Standard Amtszeitbeschränkung

Altersguillotinen sind auf internationaler Ebene weitgehend unbekannt.

Anders Amtszeitbeschränkungen: Sie sind Standard, um die Exekutivkraft regelmässig frischen Kräften anzuvertrauen.

Die Amtszeit des US-Präsidenten z. B. beträgt maximal acht Jahre.

Im Zuge der Autokratisierung hebeln Herrscher Amtszeitbeschränkungen zunehmend aus. So Chinas Führer Xi Jinping, der sich zum Präsidenten auf Lebenszeit erklärte.

Russlands autokratischer Herrscher Putin hat sich die Macht per Verfassungsänderung bis 2036 gesichert – praktisch lebenslänglich, da er dann 83 Jahre alt wäre.

Der aktuellste Fall betrifft Weissrussland, wo sich Langzeit-Diktator Lukaschenko nach einer Wahl-Farce eine weitere Präsidentschaft angetreten hat – trotz riesiger Proteste der Bevölkerung.

Auch US-Präsident Trump hat schon mit einer Verlängerung der Amtszeit auf mehr als zwei Perioden geliebäugelt.

Keine Amtszeitbeschränkung gibt es für die siebenköpfige Schweizer Regierung. Neigt aber ein Mitglied zum «Überziehen», kann ihm seine Partei signalisieren, dass die Zeit im Bundesrat um ist.

Ein Spezialfall ist Nordkorea: Dort wurde Kim Il-Sung, der Grossvater des jetzigen Diktators Kim Jong-Un, nach seinem Tod 1994 zum «ewigen Führer» erklärt. Formell steht das Land also unter der Herrschaft eines Toten – Nordkorea ist damit die einzige Nekrokratie der Welt.

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