Klares Bekenntnis zur Qualität der Hausarztmedizin
Bund und Kantone sollen für eine ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität sorgen und die Hausarztmedizin als wesentlichen Bestandteil fördern. Die Stimmenden sagen mit 88% Ja zum neuen Verfassungsartikel. Die Vorlage wird in sämtlichen Kantonen gutgeheissen.
Die klare Zustimmung zum neuen Verfassungsartikel überrascht weder Befürworter noch Gegner der Hausarztvorlage. Die Hausärzte sehen es als Zeichen der Wertschätzung der Bevölkerung – und fordern eine rasche Umsetzung der Reformvorhaben. Die Spitäler pochen auf Gleichbehandlung aller Leistungserbringer.
Als Gegenvorschlag zur Volksinitiative der Hausärzte «Ja zur Hausarztmedizin», die danach zurückgezogen wurde, hatte das Parlament einen neuen Verfassungsartikel zur medizinischen Grundversorgung beschlossen. Bund und Kantone erhalten damit die rechtliche Grundlage, um die medizinische Grundversorgung neu auszurichten und die Hausarztmedizin gezielt zu fördern.
Breite Allianz im Pro-Lager
Bundesrat und Parlament hatten den Verfassungsartikel zur Annahme empfohlen. Als einzige politische Partei hatte die Schweizerische Volkspartei (SVP) die Nein-Parole beschlossen, alle anderen befürworten die Vorlage. Auf eine Kampagne wollte die SVP aber verzichten, da andere Vorlagen Priorität hätten.
Weil sie eine breite medizinische Grundversorgung anvisiert, in der die Gesundheitsberufe zusammenarbeiten, war sie auch von den wichtigsten Verbänden und Organisationen der Branche unterstützt worden. Nicht nur Haus- und Kinderärzte sowie Ärzte der Allgemeinen Inneren Medizin, sondern auch Vertreter der Pflege, der Spitex, der medizinischen Praxisassistentinnen und Apotheker hatten sich für ein deutliches Ja eingesetzt. Sie erachten die Stärkung der medizinischen Grundversorgung nicht zuletzt wegen der demografischen Entwicklung und der Zunahme von Chronischkranken und Mehrfacherkrankten für unabdingbar.
Gegner auf verlorenem Posten
Erst elf Tage vor der Abstimmung hatte sich ein Nein-Komitee formiert. Dem Komitee gehören gut ein Dutzend amtierende und ehemalige SVP-Nationalräte sowie rund 20 Ärzte an. Man kann aber davon ausgehen, dass sich die Gegner bei der Formulierung des Umsetzungsgesetzes Gehör verschaffen werden.
Viel Goodwill gegenüber Hausärzten
Unbestritten war in der Debatte die Bedeutung der Hausärzte in der medizinischen Grundversorgung. Tatsächlich werden 90 Prozent der medizinischen Probleme vorwiegend von Hausärzten gelöst. Diese leisten damit auch einen Beitrag zur Vermeidung kostspieliger Spitalaufenthalte oder Betreuungen durch Fachärzte. Ein Argument, das von Befürwortern wie Gegnern der Vorlage ins Feld geführt worden war, um zu betonen, dass es ihnen um die Wahrung bzw. Verbesserung der Stellung der Hausärzte gehe.
Mit dem neuen Verfassungsartikel über die medizinische Grundversorgung werde die verantwortungsvolle Tätigkeit der Hausärzte geschwächt, wenn nicht gar abgeschafft, hatten die Gegner der Vorlage gesagt und vor einer «Verstaatlichung des Gesundheitswesens» gewarnt. Bei einem Ja werde die freie Arztwahl abgeschafft. Stattdessen würden die Patienten gezwungen, sich in Gesundheitszentren versorgen zu lassen. Dort würden sie nicht mehr in jedem Fall von einem Arzt versorgt, weshalb es zu Fehldiagnosen und Verzögerungen bei der Behandlung kommen könnte.
Im Bundesbeschluss sind diese vom Nein-Komitee kritisierten Punkte allerdings nicht erwähnt. Im Verfassungstext heisst es lediglich, Bund und Kantone sollen für eine «ausreichende, allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität» sorgen. Sie sollen zudem die Hausarztmedizin fördern. Im Abstimmungsbüchlein hatte der Bundesrat festgehalten, dass es «vermehrt neue Versorgungsmodelle wie Gemeinschaftspraxen und Gesundheitszentren braucht». Von einem Zwang, ein Gesundheitszentrum zu besuchen oder einer Einschränkung der Arztwahl ist keine Rede.
Die Gegner gaben sich aber überzeugt, dass es so weit kommen werde.
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Alltag eines Hausarztes
«Im Dienst der Patienten»
Die Befürworter wiesen darauf hin, dass in vielen Hausarztpraxen in nächster Zukunft eine gesicherte Nachfolge wegen Pensionierung fehlen werde. Nicht nur weil das Einkommen gegenüber Fachärzten geringer sei, sondern auch weil die Arbeitszeiten oft unregelmässig seien. Damit die Grundversorgung auch in Zukunft gesichert werden könne, müsse sie gezielt gefördert werden.
Dafür biete der neue Verfassungsartikel eine Basis. So solle die Hausarztmedizin als wesentlicher Teil der Grundversorgung im Medizinalberufe-Gesetz aufgeführt werden; die Aus- und Weiterbildung wie auch die Forschung und Lehre für diese Sparte sollen an den Universitäten gestärkt werden.
Rasche und gute Versorgung
Aber neben den Hausärzten, heisst es seitens der Befürworter der Vorlage, sollen auch genügend Gesundheitsfachpersonen wie Pflegefachleute, Hebammen, Apothekerinnen, Ergo- und Physiotherapeutinnen, Ernährungsberater oder medizinische Praxisassistentinnen ausgebildet werden und gute Arbeitsbedingungen vorfinden.
Die Menschen sollten auch in Zukunft überall rasch und gut versorgt werden, wenn sie erkrankten oder einen Unfall hätten. Mit der Umsetzung des neuen Verfassungsartikels mache die Schweiz einen wichtigen Schritt in diese Richtung. Es gehe künftig nicht allein um die Förderung einer einzelnen Berufsgruppe, im Zentrum des neuen Verfassungsartikels stünden jetzt die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten, sagen sie.
AKW bleibt am Netz
Das Kernkraftwerk Mühleberg muss nicht sofort abgeschaltet werden. Das Berner Stimmvolk hat die Initiative «Mühleberg vom Netz» mit fast 64 Prozent Nein-Stimmen deutlich verworfen.
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