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Nicht alle sind Greta-Fans

Die 16-jährige Klimaaktivistin Greta Thunberg ist für Viele eine Heldin. Doch kritische Stimmen nehmen weltweit an Fahrt auf. Auch in der Schweiz, wo Thunberg diese Woche am "SMILE for Future"- Gipfel teilnimmt, hat sie politische Gegner.


greta thunberg consults with students in Lausanne
Greta Thunberg mit Teilnehmenden der «SMILE for Future»-Konferenz am Montag in Lausanne. Jean-Christophe Bott/Keystone

Für die rund 450 Jugendlichen, die mit dem Zug nach Lausanne gefahren sind, wird die aktuelle Woche eine glorreiche: Fünf Tage lang werden sie, aus 37 Ländern kommend, zusammen mit ihrer grossen Umwelt-Ikone Greta Thunberg neue Ideen aushecken, welche die Welt verändern sollen. 

Der Klimagipfel «SMILE for Future»Externer Link gilt als europäisches Strategietreffen der Bewegung «Fridays for Future». Heute beginnt der Gipfel an der Universität Lausanne – man habe keine dreissig Sekunden gezögert, die Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, sagte Nouria Hernandez, Direktorin der Uni Lausanne, am Montag zu Beginn der Veranstaltungswoche.

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So klar hinter Thunberg und der Klima-Bewegung stehen jedoch in der Schweiz nicht alle. So sehr Menschen in der Schweiz mit Greta sympathisieren, so kritisch äussern sich vor allem politische Vertreter konservativer Parteien. 

Kritik aus rechts-konservativen Reihen

So sieht der Nationalrat Roland Rino Büchel von der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) in Thunberg nicht viel mehr als eine Marionette, die von einem Aktivisten-Vater instrumentalisiert werde, wie er Ende Januar in einem KommentarExterner Link schrieb. 

Nach ihrem Auftritt am Klimagipfel im polnischen Kattowitz im Dezember 2018 schrieb der SVP-Politiker Claudio Zanetti auf Twitter von «politisch korrektem Kindsmissbrauch». 

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Zum Auftakt des Klimagipfels am Montag hat die Jungpartei der SVP (JSVP) eine Pressemitteilung verschickt, in der sie festhält, Greta, die Bewegung, der Gipfel, überhaupt alle Forderungen der Klimaschützer seien «brandgefährlich».

Es handle sich um «Hardcore-Jungsozialisten», die den Systemwechsel propagierten. Hinter Greta Thunberg stehe ein sozialistisches Netzwerk, das den Wohlstand und den Fortschritt der Schweiz gefährde. Die Forderungen der Klimaaktivisten seien weder von der Bevölkerung akzeptiert noch umsetzbar, schreibt die JSVP. «In ihrer Naivität und Unwissenheit sind diese Leute bereit ganze Volkswirtschaften zu zerstören, im Irrglaube, dass sich dadurch das Klima retten liesse», heisst es weiter.

Auf die Kritik angesprochen, antwortete Thunberg an der Pressekonferenz am Montag, sie würde nichts anderes sagen als das, was die Wissenschaft sage. 

Hashtag #kretastattgreta

Vor rund zwei Wochen hat die JSVP in der Schweiz eine neue Kampagne in Umlauf gebracht: Unter dem Hashtag #kretastattgreta fordert sie die Schweizer Bevölkerung dazu auf, lieber Ferien auf Kreta zu verbringen, statt sich von der Klimadiskussion die Ferien verderben zu lassen. 

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«Justin Bieber der Ökologie»

In Frankreich hatten republikanische Abgeordnete Ende Juli eine Sitzung in der französischen Parlamentskammer boykottiert und Thunberg wahlweise als «Guru der Apokalypse», «Nobelpreisträgerin für Angst» und «Justin Bieber der Ökologie» betitelt. Greta sei eine «Medienikone ohne jede Legitimität», sagte beispielsweise der Abgeordnete Sébastien Chenu von der rechtspopulistischen Nationalen Sammlungsbewegung.

Hohe Wellen geschlagen hat auch ein kürzlich in der «New York Times» publizierter ArtikelExterner Link, dessen Autor die vereinfachte Sichtweise Thunbergs auf die Klimakrise kritisiert und argumentiert, als 16-Jährige wäre sie unter normalen Umständen gar nicht in der Lage, am demokratischen Tisch mitzudiskutieren.

26’000 Wissenschaftler auf ihrer Seite

Die Kritik hält an, obwohl Thunberg Interessensverbindungen dementiert und von mittlerweile über 26’000 Wissenschaftlern Rückendeckung bekommt. Diese hatten im März schriftlich bestätigt,Externer Link dass die derzeitigen Massnahmen zum Klima-, Arten-, Wald-, Meeres- und Bodenschutz bei Weitem nicht ausreichen, um die Erderwärmung zu stoppen.

Der Klimagipfel in Lausanne bildet für Thunberg den Auftakt einer monatelangen Reise. Am Freitag reist die junge Aktivistin nach Grossbritannien, ab Mitte August setzt sie die Reise Richtung New York und Santiago de Chile mithilfe einer emissionsfreien Hochseeyacht fort. Die Segelprofis Boris Herrmann und Pierre Casiraghi bringen die 16-Jährige, deren Vater und einen Filmemacher über den Atlantik. Ihr Ziel: Der Klimagipfel der Vereinten Nationen am 23. September sowie die jährliche UN-Klimakonferenz in Chile im Dezember.

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