Schweizer Regierung schweigt über EU-Verhandlungsstrategie
Der Bundesrat weigert sich, seine Position zu den künftigen Verhandlungen mit der Europäischen Union darzulegen. Er lässt offen, ob die Schweiz einen weiteren Kohäsionsbeitrag zu Gunsten der neuen EU-Länder leisten wird.
Am Mittwoch debattierte die Regierung im Vorfeld des Besuchs von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker über die Position der Schweiz gegenüber der EU. Trotz mehrmaligem Nachfragen von Journalisten wurden an einer anschliessenden Medienkonferenz keine Informationen über die Kohäsionszahlungen preisgegeben.
Ob der Bundesrat eine neue «Kohäsionsmilliarde» an Zugeständnisse Junckers knüpfen wird, bleibt damit offen. «Wenn wir in den Gesprächen Ergebnisse erzielen wollen, können wir sie nicht öffentlich führen», sagte Bundesratssprecher André Simonazzi.
Informieren will der Bundesrat erst anlässlich des Besuchs von Juncker in Bern. Dieser ist für den 23. November geplant.
Die Zahlungen der letzten zehn Jahre wurden für die Verbesserung der Altenpflege, Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie für die Senkung der Kindersterblichkeit in den neuen EU-Mitgliedstaaten wie der Slowakei, Ungarn, Tschechien, Litauen und Polen verwendet. Rund 300 Projekte in 13 Ländern wurden lanciert.
Die auf zehn Jahre befristeten Zahlungen wurden nicht erneuert, weil die Schweiz versucht, ein institutionelles Rahmenabkommen für die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU auszuhandeln. Die Verhandlungen dazu und zu weiteren bilateralen Themen waren von der EU auf Eis gelegt worden, nachdem die Schweizer Stimmberechtigten 2014 einer Beschränkung der Zuwanderung (auch aus der EU) mittels Kontingenten und Höchstzahlen zugestimmt hatten.
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Im Juni sagte die Schweizer Regierung, dass sie die Situation mit der EU im Herbst dieses Jahres neu bewerten wolle. Erst dann werde die Regierung entscheiden, ob es weiterhin freiwillige Kohäsionszahlungen an die EU leisten werde.
Gesetzliche Grundlage
Die gesetzliche Grundlage für einen neuen Kohäsionsbeitrag in Höhe von 1,04 Milliarden Franken für die Jahre 2017-2020 hat das Parlament bereits vergangenes Jahr mit deutlicher Mehrheit verabschiedet. Seit diesem Sommer ist sie in Kraft, ein Referendum wurde nicht ergriffen. Ein Referendum gegen den konkreten Finanzbeschluss wäre hingegen nicht mehr möglich.
Die Grundlagen für die erste Kohäsionsmilliarde hatte das Stimmvolk 2006 gutgeheissen. Das Parlament bewilligte in der Folge einen Rahmenkredit von rund einer Milliarde Franken zugunsten der zehn Staaten, die 2004 der EU beigetreten waren. Später kamen Kredite für Bulgarien, Rumänien und Kroatien hinzu.
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