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Waffenexporte: Schweizer Stimmvolk hat das letzte Wort

Das Parlament will zum jetzigen Zeitpunkt keine Verschärfung der Ausfuhr von Kriegsmaterial. Im Bild eine indische Studentin mit einem in der Schweiz hergestellten B+T MP 9 während eines Aktionstags für den Einzug in die indische Armee in Kalkutta im März 2018. Piyal Adhikary/EPA/Keystone

Das Schweizer Parlament ist gegen eine Verschärfung von Waffenausfuhren. Somit wird das Stimmvolk in dieser hitzigen Debatte das letzte Wort haben. Denn die Befürworter einer strengeren Regulierung sind bereits in den Startlöchern, um eine entsprechende Volksinitiative einzureichen.

Der Ständerat will der Rüstungsindustrie keine zusätzlichen Hürden auferlegen. Die kleine Parlamentskammer hat am Montag zwei Anträge zu einem Thema abgelehnt, das Bundesbern seit Monaten in Bewegung hält.

Der Präsident der Bürgerlich-Demokratischen Partei (BDP/bürgerliche Mitte), Martin Landolt, wollte, dass die Bewilligungskriterien für Waffenexporte vom Parlament und nicht mehr von der Regierung beschlossen werden und daher einem fakultativen Referendum unterliegen sollten. Die MotionExterner Link, welcher der Nationalrat (Grosse Kammer) im September letzten Jahres zugestimmt hatte, wurde vom Ständerat mit 20 zu 17 Stimmen abgelehnt.

Der Ständerat begrub auch einen AntragExterner Link von Raphaël Comte (FDP.Die Liberalen/rechtsliberal), der eine strengere Kontrolle der Exporte von Kriegsmaterial forderte.

«Es macht keinen Sinn, parallel mit zwei Instrumenten zu arbeiten, die das gleiche Ziel haben.»
Guy Parmelin

Die Mehrheit der Parlamentarier zog es vor, keine Gesetze zu erlassen, um das Volk über die so genannte «Korrektur-Initiative» abstimmen zu lassen. Tatsächlich wurden die 100’000 Unterschriften bereits gesammelt, die für die Einreichung des Textes «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer» erforderlich sind.

Der Ständerat folgte damit der Empfehlung seiner Sicherheitspolitischen Kommission. Diese begründete das Nein primär mit der hängigen Volksinitiative. Die offenen Fragen sollten direkt vom Volk beantwortet werden, sagte Sprecher Isidor Baumann von der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP/Mitte). Die Kommission möchte der Diskussion über die Initiative und einen möglichen Gegenvorschlag nicht vorgreifen.

«Es macht keinen Sinn, parallel mit zwei Instrumenten zu arbeiten, die das gleiche Ziel haben», argumentierte auch Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Er erinnerte daran, dass die Schweiz Vor-Ort-Kontrollen («Post Shipment Verifications») durchführe, um sicherzustellen, dass die exportierten Waffen tatsächlich auch im Bestimmungsland verbleiben. «Für uns funktioniert das, was derzeit vorhanden ist,» sagte er.

Die Linke argumentierte vergeblich dafür, dass das Parlament «seine Verantwortung übernimmt». Der Verkauf von Kriegsmaterial sei eine zu ernste Angelegenheit, um sie den Beamten zu überlassen, sagte die Sozialdemokratin Géraldine Savary. Ihr Parteikollege Claude Hêche forderte das Parlament auf, beide Texte zu akzeptieren: «Ersatzteile für eine Waffe sind potenzielle Waffen. Unser Land muss zurückhaltend sein, in dieser Angelegenheit sogar die Handbremse ziehen.»

«Ersatzteile für eine Waffe sind potenzielle Waffen. Unser Land muss zurückhaltend sein, in dieser Angelegenheit sogar die Handbremse ziehen.»
Claude Hêche

Die Waffenexport-Debatte beschäftigt die Schweiz seit dem 15. Juni 2018Externer Link. Damals kündigte die Regierung an, den Verkauf von Waffen auch in Bürgerkriegsländer zulassen, sofern kein Grund zu der Annahme bestehe, dass die Waffen im Konflikt eingesetzt werden. Der Bundesrat folgte damit einem Wunsch der Rüstungsindustrie, die sich über einen drastischen Rückgang der Exporte beschwerte und ähnliche Bedingungen wie die europäische Konkurrenz forderte. Der Entscheid des Bundesrats löste heftige Kritik aus, sowohl aus linken Kreisen und der Zivilgesellschaft, als auch von mehreren rechten Parteien.

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Auch die Veröffentlichung eines Berichts der Eidgenössischen Finanzkontrolle im vergangenen September schadete der Glaubwürdigkeit der Schweiz im Bereich des Waffenexports. Der Bericht zeigt die mangelnde Wirksamkeit der Schweizer Kontrollen im Ausland auf.

Die Ermordung des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 im Konsulat seines Landes in Istanbul warf die Frage der Waffenexporte nach Saudi-Arabien auf. Es gab Forderungen nach einem Embargo für Waffenverkäufe in dieses Land.

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Die Entdeckung von Schweizer Granaten in Syrien und die Veröffentlichung von Fotos (oben) von Schweizer Gewehren in den Händen saudischer Soldaten im Jemen durch die deutschsprachige Sonntagszeitung «SonntagsBlick» ergänzen die Liste.

In diesem Zusammenhang lenkte die Regierung Ende Oktober schliesslich ein. Sie beabsichtigte, an der bisherigen Praxis eines Ausfuhrverbots festzuhalten, wenn das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist.

Waffenexporte laufen gut

2018 wurden Waffen im Wert von knapp 510 Millionen Franken ins Ausland exportiert. Dies geht aus der Statistik des Staatssekretariats für WirtschaftExterner Link (Seco) hervor. Die Exporte nahmen gegenüber 2017 um 14 Prozent (63 Mio. Fr.) zu.

Laut Seco können die Zahlen von 2018 aber nicht direkt mit jenen des Vorjahres verglichen werden. Der Grund: Die Statistik wird seit 2018 auf der Grundlage einer neuen Datenbank erstellt, die auch den Reparaturverkehr und temporäre Ausfuhren mitberücksichtigt.

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Die grössten Abnehmer von Schweizer Waffen waren Deutschland (118 Mio. Fr.), Dänemark (73,5 Mio.), die USA (51,9 Mio.), Rumänien (22,5 Mio.) und Italien (19,6 Mio.).

2018 wies das Seco 15 von 39 Exportanfragen zurück, die Länder in Asien, Europa, Nordafrika, im Nahen Osten und in Südamerika betrafen. 2017 waren es 48 von 65 gewesen.

(Übertragung aus dem Französischen: Kathrin Ammann)

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