«Lex USA» nimmt wichtige Hürde
Der Ständerat hat das Gesetz zur Lösung des Steuerstreits mit den USA gutgeheissen, trotz Warnungen von Links und Recht. Das Ja fiel mit 24 zu 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen überraschend deutlich aus. Allerdings verlangt die kleine Kammer mehrere Anpassungen.
Der Ständerat hat das Gesetz zur Lösung des Steuerstreits mit den USA überraschend klar gutgeheissen. Trotz Warnungen von Links und Recht. Das Ja für die «Blackbox» fiel mit 24 zu 15 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Allerdings verlangen die Ständeräte mehrere Anpassungen.
Der US-Deal soll den Banken erlauben, ihre Altlasten mit den US-Behörden zu regeln, ohne in Konflikt mit Schweizer Recht zu kommen. Das dringliche Gesetz würde den Banken ermöglichen, Angaben über Kontobewegungen von US-Steuerpflichtigen, eigenen Angestellten und Dritten, die mit der Kontobetreuung befasst waren, an die US-Behörden zu liefern. Das Steuerstreit-Gesetz gilt für ein Jahr.
Am Entwurf der Lex USA des Bundesrats brachte die kleine Kammer mehrere Korrekturen an. So soll der Rechtsschutz für Anwälte, Treuhänder und Vermögensverwalter gestärkt werden. Diese sollen vor Gericht anfechten können, dass ihre Daten an die USA ausgeliefert werden. Und Banken, die auf Abschleicher-Listen auftauchen, sollen benachrichtigt werden.
Eine Mehrheit fand den Vorschlag der Linken gut, die Finanzmarktaufsicht damit zu beauftragen, eine detaillierte Untersuchung über die Vermögensverwaltung für ausländische Bankkunden und deren Rechtmässigkeit durchzuführen.
Mehr
Die Angst sündiger Banken vor einer US-Klage
Viele offene Fragen
In der fünfstündigen Eintretensdebatte am Mittwochvormittag ging es ernst zu und her, Begeisterung für den Steuerstreit-Deal mit den USA kam weder links noch rechts auf. Es war von unberechenbaren Konsequenzen und Risiken die Rede, von einer «Blackbox», einer «Hauruck-Übung», welche Schweizer Recht ausheble, von Erpressung durch die USA, von Erniedrigung, einem Eingriff in die Souveränität der Schweiz. Auch rechtsstaatliche Bedenken wurden geäussert.
Vor allem aber wurde kritisiert, dass der Inhalt des US-Programms für die Schweizer Banken nach wie vor nicht bekannt sei. Der Bundesrat hatte die Mitglieder des Parlaments am Vortag zwar über einige Eckwerte des Deals informiert. Noch immer wissen die Räte aber zum Beispiel nicht, wie hoch die Bussen sind, die den Schweizer Banken drohen.
Die Gegner verlangten deshalb, dass der Bundesrat die Lieferung der Daten an die US-Behörden in eigener Kompetenz erlaubt. Eine Mehrheit war jedoch der Meinung, das Gesetz stelle von allen denkbaren Lösungen das geringste Risiko dar.
Appell der Finanzministerin
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hatte während der engagierten Eintretensdebatte nochmals energisch vor den Folgen eines Neins gewarnt. Sie sprach von einer enorm hohen Gefahr für die Schweizer Volkswirtschaft und einem enormen Reputationsrisiko.
Ohne die «Lex USA» vergrössere sich die Gefahr, dass einzelne Schweizer Banken ausgelöscht würden. Auch helfe das Gesetz keineswegs den fehlbaren Bankern. Das Programm sehe happige Bussen vor. «Ermöglichen Sie es den Banken, Verantwortung zu übernehmen und stimmen Sie zu», appellierte die Bundesrätin.
Die Vorlage kommt am 18. Juni in den Nationalrat. Über den Inhalt des Programms wollen die USA erst nach der Schlussabstimmung im Parlament informieren.
Der Steuerstreit entzweit die Schweizer Banken, den Bundesrat und die amerikanischen Justizbehörden seit fünf Jahren. Von amerikanischer Seite sind es zwei Behörden, welche die Schweizer Banken in die Mangel nehmen: Das Justizdepartement und die Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS).
19. Juni 2008
Der ehemalige UBS-Banker Bradley Birkenfeld erklärt sich vor einem amerikanischen Gericht schuldig, für Kunden der Schweizer Grossbank Geld am Fiskus vorbeigeschleust zu haben.
19. August 2009
Nach einem monatelangen Tauziehen zwischen der UBS, dem Bundesrat und den US-Behörden um die Herausgabe von Namen verdächtiger Kunden einigen sich die Schweiz und die USA auf einen Vergleich. Die USA erhalten 4450 UBS-Kundendaten. Die UBS zahlt zudem eine Busse von 780 Millionen Dollar.
16. November 2010
Nach Erhalt der meisten UBS-Kundendaten zieht die US-Steuerbehörde IRS ihre zivilrechtliche Klage gegen die UBS zurück.
Februar 2011
Die USA haben neben der CS weitere Banken im Visier, darunter die HSBC Schweiz, die Basler und Zürcher Kantonalbanken, Julius Bär und die Bank Wegelin.
9. Dezember 2011
Das US-Justizministerium verlangt von Schweizer Banken auch Namen von Kundenberatern. Das schweizerische Recht verbietet aber die direkte Herausgabe von Dokumenten mit Namen von Mitarbeitenden.
27. Januar 2012
Die Besitzer der Bank Wegelin verkaufen unter dem Druck der USA ihr Nicht-US-Geschäft an die Raiffeisen Gruppe. Die Bank war als Ganzes in die Schusslinie geraten.
16. März 2012
Das Schweizer Parlament erklärt sich mit Gruppenanfragen aus den USA einverstanden und stimmt einer entsprechenden Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens zu.
11. April 2012
Das Bundesverwaltungsgericht stoppt auf die Klage eines CS-Kunden die Lieferung von Kundendaten der Credit Suisse an die USA, weil seiner Ansicht nach das amerikanische Amtshilfegesuch den Anforderungen nicht genügte.
4. Dezember 2012
Die Schweiz und die USA einigen sich auf die Einführung des «Foreign Account Tax Compliance Act» (FATCA) voraussichtlich 2014. Damit wollen die USA erreichen, dass sämtliche Auslandskonten von US-Steuerpflichtigen besteuert werden können.
3. Januar 2013
Die Bank Wegelin gibt in den USA ein Schuldgeständnis ab und gesteht damit ein, Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben. Im März wird das Strafmass bekannt: Die Busse beläuft sich auf 74 Mio. Dollar.
29. Mai 2013
Der Bundesrat verabschiedet ein Gesetz zur Beendigung des Steuerstreits. Es soll die Banken – nach einem dringlichen Verfahren im Parlament – ermächtigen, direkt mit den US-Behörden zusammenzuarbeiten und einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen.
(Quelle: sda)
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch