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Nationalsender soll sich der Digitalisierung anpassen

Wahltag: "Elefantenrunde" des Schweizer Fernsehens RTS und SRF mit den Präsidenten der grossen Schweizer Parteien. Keystone

Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRG SSR soll weiterhin einen umfassenden Service Public anbieten. Der Bundesrat will das heutige Modell nicht auf den Kopf stellen, aber an die digitalen Verhältnisse anpassen.

Das Angebot müsse dort sein, wo das Publikum sei – also auch im Internet, sagte Medienministerin Doris Leuthard am Freitag vor den Medien in Bern. Vor allem junge Menschen wendeten sich zunehmend von den klassischen Medien ab. Das Ziel müsse es sein, sie zu erreichen. Der Service public sei in einer direkten Demokratie besonders wichtig, sagte sie.

Mittelfristig will der Bundesrat deshalb das heutige Radio- und Fernsehgesetz in ein Gesetz über elektronische Medien umwandeln. Konkrete Vorschläge wird er laut Leuthard voraussichtlich 2018 vorlegen.

Entwicklung zulassen

Heute gelten Beschränkungen für die SRG SSR im Internet, damit diese nicht Private konkurriert. Die Herausforderung bestehe darin, dem gebührenfinanzierten Service public ausreichend Entwicklungsspielraum im Internet zuzugestehen, ohne die Möglichkeiten der privaten Zeitungsverleger einzuschränken, heisst es im BerichtExterner Link. Das Gebot der Rücksichtnahme auf die Privaten dürfe aber Strukturanpassungen nicht verhindern.

Wettbewerbsverzerrungen will der Bundesrat durch ausgleichende Massnahmen abfedern, etwa bei der Werbung oder durch eine Fokussierung des Online-Angebots auf audiovisuelle Inhalte. Künftig könnten auch reine Online-Angebote als Service public anerkannt werden.

Abgrenzung von Privaten

Neben diesen mittelfristigen Änderungen soll es kurzfristige Anpassungen geben, im Rahmen der nächsten Neukonzessionierungen. Die geltenden Konzessionen laufen Ende 2017 aus. Das Ziel für die neue Periode: Die SRG SSR, zu der auch swissinfo.ch gehört, soll ihre Programme und Online-Angebote noch deutlicher als bisher von kommerziellen Inhalten unterscheiden.

Im Zentrum soll weiterhin die Information stehen. Der Bundesrat geht davon aus, dass die SRG dafür mindestens die Hälfte der ihr zufliessenden Empfangsgebühren aufwendet. Information sei die Grundlage der demokratischen Meinungs- und Willensbildung, hält er fest.

Weniger ausländische Serien

Auch der Kultur und der Kulturförderung sowie der Bildung misst der Bundesrat weiterhin eine grosse Bedeutung zu. Darunter fällt sowohl die Hochkultur als auch die Volks- oder Popkultur. Die SRG SSR soll wie bisher die schweizerische audiovisuelle Produktion fördern. Im Radio soll die Schweizer Musik weiterhin einen prominenten Platz finden.

Bei der Unterhaltung erwartet der Bundesrat mehr «Unverwechselbarkeit». Faktisch lasse sich ein Teil des heutigen Unterhaltungsangebots kaum von jenem des Privatfernsehens unterscheiden, hält er fest. Dies gelte namentlich für gewisse eingekaufte Fernsehserien und Filme. Die SRG SSR soll deshalb ihre bisherige Praxis beim Einkauf «kritisch überprüfen».

Keine zusätzlichen Mittel

Allgemein erwartet der Bundesrat, dass sich der Service public als Dienst an der Gesellschaft in Zukunft «besser legitimiert und seinen Mehrwert für die Gesellschaft deutlicher aufzeigt». Wenn man Geld erhalte, sei es normal, dass man sich ein bisschen rechtfertigen müsse, erklärte Leuthard.

Die aktuellen Werbeeinschränkungen sollen vorderhand bestehen bleiben. Den Umfang der Gebührenfinanzierung will der Bundesrat ebenfalls beibehalten. Sollte der Ertrag aus den Empfangsgebühren wegen des Bevölkerungswachstums weiter zunehmen, will er eine Senkung der Gebühren prüfen. Mehr Geld soll es auch im Zusammenhang mit künftigen Angeboten im Internet nicht geben: Die SRG SSR werde überlegen müssen, wie sie die Mittel einsetze, sagte Leuthard.

Wille zur Veränderung bei der SRG SSR

Die SRG SSR erklärte in einer Stellungnahme, der Bundesrat nehme die Radio- und Fernsehgesellschaft «als veränderungswilliges Unternehmen wahr, das sich stetig fortentwickelt und im digitalen Zeitalter bewährt». Die SRG SSR verfüge über das Knowhow und geeignete Angebote, «um zu einer Gesamtöffentlichkeit in Zeiten der Fragmentierung in Internet-Communities beizutragen».

Der Bericht des Bundesrats schaffe, «mitten im Umbruch der Medien, (…) die Grundlage für eine konstruktive, offene Diskussion über einen erfolgreichen Service public und für die Fortentwicklung des öffentlichen Medienhauses SRG».

Lokalradios von Leistungsauftrag befreien

Bei den gebührenfinanzierten Lokalradios und Regionalfernsehen will der Bundesrat präzisere Vorgaben erlassen, um regionale Informationsleistungen einzufordern. Anpassungen soll es auch bei den konzessionierten kommerziellen Lokalradios geben, die heute einen publizistischen Leistungsauftrag, aber keinen Anspruch auf Gebührenunterstützung haben.

Künftig rechtfertige es sich nicht mehr, dieser Veranstalterkategorie staatliche Pflichten aufzuerlegen, da die Frequenzknappheit im UKW-Band wegfalle, heisst es im Bericht. Der Bundesrat beabsichtigt, sie von der Konzessionspflicht und dem Leistungsauftrag zu befreien.

Unterschiedliche Reaktionen

Als «enttäuschend», «ernüchternd» und «lückenhaft» bezeichneten jene Organisationen und Parteien den Bericht, die vom Bundesrat grundlegend neue Ideen zur Zukunft der Schweizer Medienlandschaft erwartet hatten.

Insgesamt sei der Bericht zu vergangenheitsorientiert, kritisierte etwa der Verband Schweizer Medien. Vermisst würden Vorschläge, «wie unter den Bedingungen der Digitalisierung und der Konvergenz ein mehrheitsfähiger Service public zu gestalten ist».

Die «fehlende Zukunftsstrategie» des Bundesrates kritisierte auch die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP.Die Liberalen): «Ein einfaches Festhalten am bestehenden Modell des medialen Service public wird die Medienlandschaft Schweiz nicht weiterbringen, sondern eher vor grössere Schwierigkeiten stellen», schrieb die Partei in einer Stellungnahme.

Ins gleiche Horn stiess die Schweizerische Volkspartei (SVP). Der Bundesrat habe die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Vertiefte Varianten und Alternativszenarien fehlten im Bericht. Was jetzt vorliege sei ein «lückenhaftes Papier mit einseitiger SRG-Optik», so die Partei.

Grundsätzlich positiv bewerteten den bundesrätlichen Bericht die Sozialdemokratische Partei (SP) und die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP). Das Papier biete eine gute Grundlage für eine fundierte und konstruktive Diskussion über den Service public, fanden die beiden Parteien.

Und ein solcher sei gerade in einer direkten Demokratie sehr wichtig, damit sich die Stimmbürger eine eigene Meinung bilden könnten. Die SRG SSR müsse darum gerade für Sendungen, welche die öffentliche Meinungsbildung förderten, mehr Platz einräumen, so die CVP.

Die SP lobte den bundesrätlichen Vorschlag, das Internetangebot der SRG SSR zu stärken: «Nur so können die gebührenfinanzierten Medien ihren Service-public-Auftrag erfüllen und alle Bevölkerungsschichten erreichen.»

Zufrieden zeigte man sich auch beim Journalistenverband Impressum und der Mediengewerkschaft Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM), die gemäss eigenen Angaben über 3000 SRG-Mitarbeitende vertritt. Man begrüsse die Sicherung eines starken öffentlichen Rundfunks im Dienste des Gemeinwesens und der Demokratie, so das SSM.

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