Minenräumung in der Ukraine – mit Schweizer Hilfe
Weite Teile der Ukraine sind mit Sprengstoff übersät. Seit Kriegsbeginn soll sich die Situation drastisch verschlechtert haben. Anlässlich des heutigen Internationalen Tags des Minenschutzes werfen wir einen Blick auf das Engagement der Schweiz im Kampf gegen diese Bedrohung.
Antipersonen- und -fahrzeugminen, Streumunition sowie andere nicht explodierte oder zurückgelassene Munition liegen verstreut in Städten, auf Ackerland und Seewegen. Es wird geschätzt, dass bis zu 30% Prozent der Ukraine vermint sind – eine Fläche, die etwa doppelt so gross ist wie Österreich.
Vom 24. Februar 2022 bis zum 5. Februar 2023 verzeichnete das UNO-Menschenrechtsbüro OHCHR 18’817 zivile Opfer in der UkraineExterner Link, davon 7155 Tote und 11’662 Verletzte. Diese Zahl umfasst Opfer von Landminen und nicht explodierten Sprengkörpern, aber auch Opfer von direktem Artilleriebeschuss und Luftangriffen.
Die Organisation Action on Armed Violence (AOAV) berichtete im Jahr 2022Externer Link, dass die Ukraine das am stärksten von Minen und Sprengkörpern betroffene Land ist, gefolgt von Myanmar und Syrien.
Die Ukraine ist Partei des Ottawa-Vertrags, der Antipersonenminen verbietetExterner Link. Dabei handelt es sich um Bomben, die dazu bestimmt sind, Personen zu töten oder zu verstümmeln, im Gegensatz zu Minen, die für Panzer oder andere Fahrzeuge bestimmt sind.
Human Rights Watch hat die ukrainische Regierung aufgefordert, den Vorwürfen nachzugehen, dass das ukrainische Militär in und um die östliche Stadt Izium mit Raketen verstreute Antipersonenminen eingesetzt hat, als die russischen Streitkräfte das Gebiet besetztenExterner Link.
Russland ist nicht Vertragspartei des Übereinkommens von 1997 und hat nachweislich in grossem Umfang von diesen Sprengstoffen Gebrauch gemacht. Opfer, die eine Antipersonenminenexplosion überleben, müssen in der Regel Gliedmassen amputiert werden. Sie benötigen dafür mehrere Operationen und eine langwierige körperliche Rehabilitation.
Die Ukraine und Russland haben Antifahrzeugminen eingesetzt. Der Vertrag über das Verbot von Landminen verbietet diese nicht, obwohl andere internationale Abkommen schwache Einschränkungen für ihren Einsatz vorsehen.
Es gibt Hinweise darauf, dass Landminen die landwirtschaftliche Produktion in der Ukraine beeinträchtigen. Der Einsatz von landwirtschaftlichen Fahrzeugen auf Feldern und auf ländlichen Wegen und Strassen ist zu einer risikoreichen Tätigkeit geworden. Bis zum Erreichen des Vertragsziels einer minenfreien Welt bis 2025 ist es noch ein weiter Weg.
Schweiz hilft bei der Entminung
Die weltweite Unterstützung für den Wiederaufbau der Ukraine ist gross. Aber eine wirkliche Umwandlung in einen modernen europäischen Staat kann nicht stattfinden, wenn das Land weiterhin mit Minen übersät ist.
Die Schweiz unterstützt die internationale humanitäre Minenräumung jedes Jahr mit rund 16 bis 18 Millionen Franken. Damit gehört sie laut der Website des AussendepartementsExterner Link weltweit zu den fünfzehn grössten Geberländern für Minenräumung.
Etwa die Hälfte dieser Mittel geht an das Internationale Zentrum für Humanitäre Minenräumung Genf (GICHD), das 1998 von der Schweiz gegründet wurde. Das GICHD ist weltweit als führendes Fach- und Wissenszentrum für Minenräumung anerkannt.
Im Rahmen der Nato-Partnerschaft für den Frieden (PfP) beteiligt sich die Schweizer Armee gemeinsam mit dem GICHD an der Ausbildung ukrainischer Minenräumungsfachleuten.
Die Stiftung für Minenräumung FSDExterner Link (Fondation suisse de déminage) ist eine Schweizer NGO, deren Hauptaufgabe die Minenbekämpfung ist. Ihr Programm in der Ukraine begann 2015 und wird vom US-Aussenministerium, dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten und mehreren privaten Stiftungen unterstützt.
FSD verfügt über acht spezialisierte Minenräumteams, drei für die mechanische Minenräumung, drei für nichttechnische Untersuchungen und vier für die Risikoaufklärung.
Die NGO will den Einwohnerinnen und Einwohnern beibringen, wie sie sicher mit Minen und nicht explodierten Kampfmitteln «koexistieren» können. Dies geschieht durch Live-Unterricht in den Gemeinden sowie durch Präventionskampagnen auf Facebook und dem russischen Pendant Vkontakte.
Die Ukraine beherbergt das grösste Waffendekontaminierungsteam des in der Schweiz ansässigen Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK). 18 IKRK-Fachleute helfen bei der Markierung und Räumung von Gebieten mit nicht explodierten Kampfmitteln und geben Informationen zur Minensicherheit an Gemeinden und Gemeindearbeitende weiter.
Das IKRK hilft auch bei der Reparatur von beschädigten Häusern und wichtigen Infrastrukturen wie Wasser- und Stromsystemen und unterstützt über eine Million Menschen mit Heizmaterial.
Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub
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