Neues Jahr, neue Regeln
Vom Luftpolizeidienst, über Verkehrsregeln und Vaterschaftsurlaub hin zu Hanf: Diese neuen Gesetze gelten ab Jahresbeginn.
Eine Fülle an neuen Bestimmungen treten am 1. Januar in Kraft. Wir präsentieren Ihnen an dieser Stelle eine Auswahl – inklusive speziellem «Brexit-Fokus» mit den Änderungen, die für Besucher aus Grossbritannien gelten.
Gleichberechtigung
In diesem Jahr ist es 50 Jahre her, dass die Schweizer Frauen das Stimmrecht auf Bundesebene erhielten. Nun treten zwei Gesetze in Kraft, die die Gleichstellung der Geschlechter weiter vorantreiben: Vaterschaftsurlaub und Geschlechterquoten für börsenkotierte Unternehmen.
Väter können neu nach der Geburt ihres Kindes zwei Wochen bezahlten Urlaub nehmen. Dieser wird, wie der Mutterschaftsurlaub, über die Erwerbsersatzordnung finanziert. Die Regierung schätzt, dass sich die Kosten auf etwa 229 Millionen Franken pro Jahr belaufen werden.
Mehr
«It’s Papi Time» auch in der Schweiz – Ja zu zwei Wochen Vaterschaftsurlaub
Darüber hinaus wurde die Zeit, während der die Pflege eines kranken Familienmitglieds bezahlt wird, auf 14 Wochen verlängert (jedoch nicht für alle Beziehungsverhältnisse). Allen Arbeitnehmenden wird nun die gleiche Zeitspanne gewährt, unabhängig von der Art der Arbeit und dem Sektor. Weitere Reformen erlauben die Pflege kranker Partner oder Angehöriger, allerdings ist dies auf drei Tage pro Fall und insgesamt zehn Tage pro Jahr begrenzt.
Die Vertretung von Frauen in den Führungsetagen grosser börsenkotierter Unternehmen soll sich verbessern. Es gilt nun ein Richtwert von 30% Frauen im Verwaltungsrat und 20% in der Geschäftsleitung. Rund 250 Unternehmen werden davon betroffen sein, jedoch drohen keine Sanktionen: Die Nichteinhaltung muss lediglich begründet und Massnahmen vorgeschlagen werden.
Verkehr
Bei Verspätungen im öffentlichen Verkehr haben Sie jetzt Anspruch auf eine Entschädigung: Ein Viertel des Fahrpreises, wenn Sie mit mehr als einer Stunde Verspätung an Ihrem Ziel ankommen. Beträgt die Verspätung mehr als zwei Stunden, erhalten Sie die Hälfte des Fahrpreises. Auch Abonnementsinhaber haben Anspruch auf eine Entschädigung.
Es sind verschiedene neue Verkehrsregeln in Kraft getreten, die die Sicherheit erhöhen und den Strassenverkehr flüssiger machen sollen:
Bei Stau, festgefahrenen Strassen oder einem Unfall dürfen Autofahrer nun rechts überholen. Das Rechtsüberholen und Wiedereinscheren bleiben jedoch verboten. Und wer bei stockendem Kolonnenverkehr auf der Autobahn keine Rettungsgasse für Einsatzfahrzeuge bildet, muss mit einer Busse rechnen.
Mehr
Newsletter
Die Höchstgeschwindigkeit für das Ziehen eines Anhängers oder Wohnwagens (bis 3,5 Tonnen) auf den Autobahnen wurde von 80km/h auf 100km/h erhöht. Es müssen allerdings geeignete Reifen aufgezogen werden.
Neu dürfen Autobahnraststätten alkoholische Getränke ausschenken und verkaufen. Begründet wird die Aufhebung des seit 1964 bestehenden Verbots damit, dass sich die Verfügbarkeit von Alkohol seither ohnehin stark verändert habe.
Ein Antrag auf einen Führerschein für Fahrschüler kann bereits mit 17 statt mit 18 Jahren gestellt werden. Wer aber unter 20 Jahren die praktische Fahrprüfung ablegen will, muss mindestens ein Jahr Fahrpraxis mit dem Lernfahrausweis haben.
Jugendliche bis zum Alter von 12 Jahren dürfen neu mit dem Fahrrad auf dem Bürgersteig fahren. Fussgänger haben jedoch weiterhin Vortritt.
Politik und Wirtschaft
Der Luftpolizeidienst ist nun rund um die Uhr gewährleistet. Zwei F/A-18-Kampfjets stehen zu jeder Tages- und Nachtzeit innerhalb von 15 Minuten voll bewaffnet zum Abflug bereit. Im Jahr 2014 wurde die Schweizer Luftwaffe weltweit zum Gespött, als ein entführtes Passagierflugzeug der Ethiopian Airlines gegen 6 Uhr morgens in Genf landete. Während italienische und französische Militärflugzeuge das Flugzeug begleiteten, konnte die Schweiz keine Jets einsetzen und intervenieren, weil die Luftwaffe nur zu Bürozeiten aktiv war.
Wenn es um die Sicherheit von Politikern geht, können neu bei Bedarf Schutzmassnahmen für Privatwohnungen von Parlamentarierinnen und Parlamentariern ergriffen werden. Bisher war das nur für die Privatwohnungen der Bundesrätinnen und Bundesräte sowie «exponierten» Bundesangestellten möglich.
Fünf in der Schweiz verbotene Pestizide – Atrazin, Diafenthiuron, Methidathion, Paraquat und Profenofos – unterliegen neu einem Exportverbot. Die Ausfuhr aller anderen in der Schweiz verbotenen Pestizide muss vom Bundesamt für Umwelt genehmigt werden und darf nur mit Zustimmung des Importlandes erfolgen.
Schweizer Unternehmen, die im Rohstoffsektor tätig sind, müssen Zahlungen an staatliche Stellen im Wert von 100’000 Franken und mehr pro Geschäftsjahr in einem Bericht offenlegen. Dies soll für mehr Transparenz sorgen und die Unternehmen zu verantwortungsvollem Handeln verpflichten.
Mehr
Konzernverantwortungs-Initiative: gesiegt und doch gescheitert
Hanf unterliegt neu nicht mehr dem landwirtschaftlichen Saatgutrecht. Das Bundesamt für Landwirtschaft ermöglicht die Herstellung und den Verkauf von Saatgut und Setzlingen für die landwirtschaftliche Produktion von Cannabidiol-Hanf (CBD-Hanf). Der Anbau und die Verwendung von Betäubungsmittelhanf (Cannabis) – geregelt durch das Betäubungsmittelgesetz – ist jedoch weiterhin generell verboten.
Mehr
Cannabis für 100’000 Patienten in der Schweiz besser zugänglich
Infolge des Brexit besteht die Personenfreizügigkeit zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nicht mehr, wie das Aussendepartement erklärtExterner Link. Nur britische Staatsbürger, die vor dem 31. Dezember ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz oder Rechte als Grenzgänger im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens (FZA) erworben haben, haben weiterhin Freizügigkeitsrechte.
Britinnen und Briten ohne diese Rechte werden bei der Einreise in die Schweiz als Drittstaatsangehörige betrachtet und müssen mit längeren Wartezeiten an den Flughäfen rechnen. Das bedeutet auch, dass sie angesichts der aktuellen Quarantänemassnahmen der Schweiz nicht mehr als Touristen in die Schweiz einreisen können.
Britische Staatsangehörige, die in die Schweiz ziehen wollen, müssen nun die Bedingungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIZ)Externer Link erfüllen. Sie unterliegen Kontingenten (3’500 Personen für 2021) und müssen vor der Einreise in die Schweiz eine Arbeitserlaubnis einholen. Laut den Brexit-FAQsExterner Link des Staatssekretariats für Migration (SEM) «kann die zuständige Schweizer Behörde von Staatsangehörigen Grossbritanniens einen Auszug aus dem Strafregister verlangen, bevor sie eine neue Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Grenzgängerbewilligung ausstellt.»
Obwohl Urlaubsreisen weiterhin visumfrei sind, dürfen britische Staatsangehörige nur noch 90 Tage innerhalb eines Zeitraums von 180 Tagen in der Schweiz verbringen.
Tiere und Lebensmittel
Der Brexit hat auch Konsequenzen für die Einfuhr von Tieren und Produkten tierischen Ursprungs aus Grossbritannien in die Schweiz.
Reisende aus England, Schottland und Wales (Nordirland bleibt im EU-Binnenmarkt für Waren), die mit Tieren oder tierischen Produkten in die Schweiz einreisen, müssen mit strengeren Regeln rechnen. Laut dem Schweizer Veterinäramt dürfen Hunde, Katzen und Frettchen, die in die Schweiz eingeflogen werden, nur über die Flughäfen Genf, Zürich und Basel einreisen. Die Einfuhr von Vögeln ist nur über die Flughäfen Genf und Zürich möglich.
Wer Hunde, Katzen und Frettchen aus Grossbritannien mit dem Auto oder der Bahn über EU-Länder in die Schweiz bringen will, muss die entsprechenden EU-Papiere und Vorschriften beachten.
Ausserdem können Reisende aus England, Schottland und Wales keine fleisch- oder milchhaltigen Produkte (einschliesslich Käse) mehr einführen. Sie dürfen jedoch weiterhin bis zu 20 kg Fisch, 2 kg Honig und 125 g Kaviar pro Person mitführen.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch