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Nicht alle Millenniums-Ziele kommen voran

1,4 Milliarden Menschen leben in extremer Armut, darunter viele Kinder. Reuters

Am Montag treffen sich im UNO-Hauptsitz in New York Politiker aus aller Welt, um das Erreichen der Millenniums-Ziele bis ins Jahr 2015 voranzutreiben. Die Bilanz der letzten zehn Jahre fällt durchzogen aus.

Wie UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon letzte Woche sagte, seien die acht Millenniums-Ziele «schwierig und ambitiös, aber erreichbar», und zwar mit grossem politischem Engagement und Milliarden von zusätzlichen Dollars.

Er wies darauf hin, dass «viele Länder, insbesondere in Afrika, zurückbleiben» und die «Ungerechtigkeiten in und zwischen den Ländern am Wachsen sind».

Im Juni erschien der neueste Bericht der Schweiz zu den Millenniums-Zielen. Laut dem Bericht fällt die Bilanz der letzten zehn Jahre durchzogen aus.

Wie Martin Dahinden, Direktor der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), letzte Woche an einer Pressekonferenz in Bern erklärte, seien bei einigen Teilzielen dennoch bedeutende Fortschritte erzielt worden.

Fortschritte sieht er bei den Zielen, die Zahl jener Menschen zu halbieren, deren Einkommen weniger als 1 Dollar betrage, die Grundschulausbildung zu steigern, das Geschlechtergefälle in der Primar- und Sekundarschulbildung zu beseitigen sowie den Zugang zu sauberem Wasser zu sichern.

Rückschlag wegen Finanzkrise

«Doch die positive Entwicklung, die sich bis 2007 abzeichnete, erlitt durch die Finanzkrise und deren Folgen einen Rückschlag», sagte Dahinden gegenüber den Medien.

Es sei unwahrscheinlich, dass Teilziele wie der Zugang zu grundlegenden sanitären Einrichtungen, das Senken der Sterblichkeitsrate bei unter Fünfjährigen oder die Verbesserung der Gesundheit von Müttern bis ins Jahr 2015 erreicht würden.

Während in China, Indien und Südost-Asien Fortschritte zu sehen sind, hinken die meisten Länder von Schwarzafrika hinterher. Die Hälfte der 1,4 Milliarden Menschen, die in extremer Armut leben, kommen aus dem subsaharischen Afrika.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Situation zusätzlich verschärft: Allein im Jahr 2008 sind 28 Millionen Schwarzafrikaner in die extreme Armut getrieben worden.

Mangelhafter Entwurf

Am Ende der dreitätigen Konferenz in New York sollen die UN-Mitgliedstaaten eine Deklaration verabschieden, welche die beschleunigte Durchsetzung der Milleniums-Ziele fordert.

Einige Hilfsorganisationen kritisieren jedoch bereits die 31 Seiten lange Deklaration, weil sie lückenhaft sei. «Das Hauptproblem ist, dass die Deklaration nicht handlungsorientiert ist», sagt Louis Belanger, Pressesprecherin von Oxfam, einer unabhängigen Hilfs- und Entwicklungsorganisation. «Es steht zu wenig darüber, wie diese Verpflichtungen erreicht werden sollen.»

Ban Ki Moon hingegen verteidigte den Entwurf für die Deklaration. Sie sei ein sehr konkreter, detaillierter und umsetzbarer Handlungsplan. «Man muss realistisch sein», sagte er. «Diese Deklaration ist das Maximum, das Beste, was wir erreichen können zurzeit. Für unsere Ziele und Prioritäten müssen wir die Realitäten vor Ort immer mit einbeziehen.»

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Mehr Geld oder Reformen?

Wenn es nach der UNO ginge, müsste die Entwicklungshilfe allein für Afrika um 20 Milliarden Dollar erhöht werden, um die Millenniums-Ziele zu erreichen. Zu erwarten ist, dass sich die Politiker eher vage zur Finanzierung äussern werden.

Peter Niggli, Direktor der Schweizer Nichtregierungs-Organisation Alliance Süd, sagt, seine Organisation würde auf die Schweizer Regierung Druck ausüben, um die Entwicklungshilfe zu erhöhen. Alliance Süd fordert 0,5 Prozent des Bruttonational-Produkts sowie einen grösseren Anteil für ärmere Staaten.

«Die Qualität von Schweizer Programmen und die Auswahl, wo die Hilfe eingesetzt werden soll, haben sich zwar verbessert, doch die Höhe der Schweizer Hilfe für arme Länder ist immer noch die gleiche wie 2000», sagt Niggli gegenüber swissinfo.ch.

Daniel Fino, Dozent am Hochschulinstitut für internationale Studien und Entwicklung in Genf, denkt hingegen, dass der Fokus in armen Ländern künftig eher auf die nationale Politik, Reformen und gute Regierungen gerichtet sein sollte als auf finanzielle Hilfe.

«Finanzielle Ressourcen sind wichtig, doch wenn die Politik der betroffenen Länder nicht stabiler wird, werden wir nie irgendwo hin gelangen», sagt Fino.

Im Fokus behalten

Die Experten verlangen von der Schweiz aber auch mehr Kohärenz in ihrer Entwicklungspolitik. «Die Zusammenarbeits-Politik der Schweiz ist sehr interessant», sagt Daniel Fino. «Von den Mitteln, die für das Erreichen der Milleniums-Ziele zur Verfügung stehen, geht nur ein Viertel an arme Länder. Wegen der Globalisierung hat die Schweizer Zusammenarbeit andere Interessen, wie etwa für die Schwellenländer und China.»

Peter Niggli denkt, arme Länder könnten sehr profitieren, wenn die Schweiz ihre strengen Patent-Regeln wie zum Beispiel im Gesundheitswesen lockern und zu einer faireren Besteuerung einwilligen würde.

«Es wird geschätzt, dass den Entwicklungsländern nicht besteuerte Einkommen in der Höhe von etwa 360 Milliarden Franken vorenthalten werden», sagt Niggli. «Dieser Betrag könnte diesen Ländern Einnahmen von bis zu 6 Milliarden Franken einbringen, oder drei Mal so viel wie die momentane Hilfe der Schweiz.»

Christine von Garnier, Generalsekretärin des Schweizer Ablegers der NGO «Netzwerk Afrika Europa für Glaube und Gerechtigkeit», sagt, dass es für die Schweiz höchste Zeit sei, eine Führungsrolle in «global zusammenhängenden» Aufgaben zu übernehmen.

«Einige Länder wie Schweden und Deutschland setzen bereits unabhängige Kommissionen ein, um die Auswirkung ihrer wirtschaftlichen, kommerziellen, steuerlichen und umweltpolitischen Entscheide auf die Entwicklungspolitik und Menschenrechte zu untersuchen», schrieb von Garnier letzte Woche in der Westschweizer Zeitung Le Temps letzte Woche. «Worauf wartet die Schweiz mit ihrer humanitären Tradition noch?»

Die acht Millenniums-Entwicklungsziele, die bis ins Jahr 2015 erreicht werden sollen, wurden von allen 189 UN-Mitgliedstaaten sowie zahlreichen internationalen Organisationen unterzeichnet.

Die 8 Ziele sind:
Ziel 1: Beseitigung der extremen Armut und des Hungers
Ziel 2: Verwirklichung der allgemeinen Grundschulbildung
Ziel 3: Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und Emanzipation der Frauen
Ziel 4: Senkung der Kindersterblichkeit
Ziel 5: Verbesserung der Gesundheit von Müttern
Ziel 6: Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und anderen Krankheiten
Ziel 7: Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit
Ziel 8: Aufbau einer weltweiten Entwicklungspartnerschaft

An der Konferenz in New York vom 20.-22. September wird unter anderem der US-Präsident Barak Obama, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sowie Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy teilnehmen.

Insgesamt werden 140 Politikerinnen und Politiker zur Konferenz über die Millenniums-Ziele erwartet.

Die Schweiz wird durch Bundesrätin Micheline Calmy-Rey vertreten sein.

Geleitet wird die Konferenz vom Joseph Deiss. Der Schweizer ist seit dem 13. September Präsident der UNO-Generalversammlung.

2009 betrug der Beitrag der Schweiz an der Entwicklungszusammenarbeit 0,47% des Bruttonational-Produkts.

Am 17. September hat der Bundesrat dem Parlament eine Botschaft zur Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe bis 2015 auf 0,5% des Bruttonational-Einkommens unterbreitet. Damit erfüllt der Bundesrat einen Auftrag des Parlaments aus dem Jahr 2008.

Konkret will der Bundesrat den Rahmenkredit für die Entwicklungshilfe um 640 Mio. Franken aufstocken.

(Übertragen aus dem Englischen: Sandra Grizelj)

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