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Obama und Romney suchen Geld im Ausland

US-Präsident Barack Obama beschreibt Hollywood-Star George Clooney als "guten Freund". Reuters

Filmstar George Clooney, einer der Charme-Botschafter von Barack Obama, nimmt am Montag in Genf an einem VIP-Fundraising-Diner teil. Sowohl Obama wie auch sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney machen Ausland-Amerikanern aggressiv den Hof.

Die historische Altstadt von Genf wird am Montag für den Verkehr gesperrt sein, wenn Clooney Gastgeber des Diners an einem unbekannten Ort sein wird.

Zutritt zum Stelldichein erhält nur, wer bereit ist, 14’500 Franken (15’000 US-Dollar) für einen Platz am Tisch zu berappen.

Die Schweizer Ausland-Demokraten beschreiben das Diner als den «wichtigsten Fundraising-Event von Ausland-Amerikanern für Obama».

Es ist nicht die erste Fundraising-Reise von Clooney nach Genf: Bereits 2008 war er Ehrengast einer ähnlichen Veranstaltung. Damals hatten die Gäste bis fünf Uhr morgens diniert und getanzt und angeblich über 800’000 US-Dollar für Obama zusammengebracht.

Der Hollywood-Schauspieler ist eines der grossen Zugpferde in Obamas Kampagne: Kürzlich erst konnte er an einer Gala in seiner Villa in Los Angeles fast 15 Mio. US-Dollar für dessen Wahlkampf zusammenbringen.

Charles Adams, ein in Genf lebender US-Anwalt und Organisator der Schweizer Fundraising-Events, will zum Diner vom Montag und allgemein zum demokratischen Fundraising nichts sagen. Er lässt sich einzig entlocken, das Clooney-Diner sei «nicht einzigartig».

So wurde in Genf im letzten Oktober eine Veranstaltung für Jim Messina organisiert, den Leiter der Kampagne «Obama for America». Im Februar gab es einen Cocktail-Empfang für den ehemaligen Berater des Weissen Hauses, Bob Bauer.

Und im vergangenen Juni empfing die ehemalige Vize-Stabschefin des Weissen Hauses und heutige Generaldirektorin bei der Schweizer Grossbank UBS, Mona Sutphen, Gäste in Zürich.

Zusammen mit Clooney wird auch der Leiter des «Obama Victory Fund», Matthew Barzun, am Montag in Genf dinieren.

«Genf liegt seit jeher auf dem Weg der US-Kampagnen, wenn diese durch Europa touren», sagt Maya Samara, Leiterin der Schweizer Abteilung der Ausland-Demokraten, die mehrere tausend Mitglieder zählt. «In den letzten Jahren waren die Stationen London, Paris und Genf.»

Interesse in Übersee

Während in den USA bereits fast alle Möglichkeiten zum Geldsammeln für den Präsidentschafts-wahlkampf ausgeschöpft sind, wird nun immer mehr in Übersee nach Geld gesucht.

Laut dem «Centre for Responsive Politics» konnte Obama bei Ausland-Amerikanern bis Ende Juli 2012 fast 600’000 Dollar aufbringen, während es Romney auf 325’000 Dollar brachte. In diesen Beträgen sind jedoch Gelder, welche Komitees von Demokraten und Republikanern im Ausland gesammelt haben, nicht eingeschlossen. Ebenso fehlen bei diesen Angaben jene Gelder, die Romney mit seiner Fundraising-Reise nach London und Israel für seine Kampagne gewinnen konnte.

Auch wenn sie nur einen winzigen Anteil der bisher zusammengekommenen 348 Mio. Dollar Obamas und Romneys 193 Mio. Dollar ausmachen dürften, zählt in der voraussichtlich teuersten Präsidentschaftswahl in der US-Geschichte jeder Dollar. Beide Kandidaten haben auf Bundesgelder verzichtet, das heisst, sie müssen ihre Wahlkampfgelder nicht limitieren.

«Dieses Jahr werden mehr Gelder im Ausland gesammelt, als je zuvor», sagte Anthony Corrado, Professor und Experte für Kampagnenfinanzierung am Colby College in Waterville im US-Bundesstaat Maine, gegenüber der Zeitung Boston Globe.

Neuer Trend

Die 2010 veröffentlichte Studie eines Professors der britischen Universität Liverpool, der die ausländischen Geldspenden an Kandidaten der US-Präsidentschaftswahlen zwischen 1992 und 2008 untersucht hatte, kam zum Schluss, dass mehr als 70 Prozent aus Europa stammten. Dies trotz ausgedehnter Reisen der Kandidaten in der ganzen Welt. Zudem konnten die Demokraten dreimal mehr Geld sammeln als die Republikaner.

Während der Kampagne im Jahr 2000 sammelten George W. Bush und Al Gore insgesamt nur 230’000 Dollar im Ausland. 2008 wurden bereits rund 7 Mio. Dollar gespendet, ein Grossteil davon für die Demokraten. Dieses Jahr dürfte der Betrag erneut um einiges höher liegen.

Laut Berichten soll Romney allein in London 2 Mio. Dollar und in Israel 1 Mio. Dollar gesammelt haben. «Romney kommt aus dem Bereich der privaten Kapitalbeschaffung (Private Equity). Damit verdient er sein Geld», sagt Edward Karr, Ko-Leiter der Schweizer Ausland-Republikaner, gegenüber swissinfo.ch.

«Fundraising ist vergleichbar mit einer militärischen Operation. Sie gehen alle ihre Kontakte an der Wall Street, im Bereich Private Equity und Führungsfiguren in der Wirtschaft an, und schon fliesst viel Geld.»

Für republikanische Geldbeschaffer allerdings scheint die Schweiz keine Hauptdestination zu sein. Hier legt man den Fokus eher auf die Registrierung potenzieller Wähler.

Auch das Lager von Barack Obama ist sehr aktiv im Ausland. Der Präsident tritt dort allerdings nie selber auf, sondern verlässt sich auf hochrangige Vertreter wie etwa seine Ehefrau Michelle oder Politstrategen, die in Shanghai, Paris und London aktiv waren.

Neun Ausland-Amerikaner, die auf Obamas neuster Liste der so genannten «Bündler» (Unterstützer, die Beiträge von Freunden und Kollegen einsammeln) erscheinen, sollen angeblich mindestens 2 Mio. Dollar gesammelt haben. Mitt Romney hat keine vollständige Liste seiner «Bündler» veröffentlicht.

Obskure Auslandspenden?

Ausländer dürfen unter US-Recht kein Geld an politische Kampagnen spenden, doch US-Bürgerinnen und -Bürger sowie Besitzer einer Green Card dürfen spenden, egal wo sie leben. Es gilt die gleiche Regel wie in den USA: die Obergrenze liegt bei 2500 Dollar pro Person. Einzelpersonen können aber zusätzlich bis zu 30’800 Dollar an ein nationales Parteikomitee spenden.

Kampagnen, Parteien und politische Komitees müssen die Beiträge sorgfältig prüfen und unrechtmässige Gelder zurückweisen. Trotzdem gibt es Bedenken, das Aufkommen von «speziellen Political Action Committees», den sogenannten Super-PACs, verunmögliche es, festzustellen, ob ausländische Gelder in die Kampagnen fliessen.

Auch nicht profitorientierte Gruppen sammeln grosse Beträge für den Wahlkampf 2012. Wenn deren politische Aktivitäten innerhalb gewisser Grenzen bleiben, sind sie nicht verpflichtet, ihre Spender offenzulegen.

«Solche Gruppen könnten ein Eintrittstor für ausländische Gelder in unser Wahlsystem sein», sagt Adam Lioz, Rechtsexperte und Autor eines Berichts über Kampagnenfinanzierung für die US-Rechtsorganisation Demos, gegenüber swissinfo.ch. «Für die US- Strafverfolgungsbehörden ist es praktisch unmöglich, ausländische Geldgeschenke in diesem Meer geheimer Spenden ausfindig zu machen.»

So habe ein Entscheid des höchsten Gerichts (Citizens United gegen nationale Wahlkommission) 2010 die sehr reale Möglichkeit offen gelassen, dass ausländische oder vom Ausland kontrollierte Unternehmen die US-Wahlen beeinflussen könnten.

«Weil die meisten Spenden von Unternehmen im Geheimen geschehen, durch Fachverbände oder nichtgewinnorientierte Organisationen, werden wir nie erfahren, ob dies 2012 auch eine Rolle spielte.»

Es gibt rund 1,2 Millionen Schweiz-Amerikaner oder Amerikaner mit Schweizer Wurzeln.

2007 waren von den fast 74’000 in den USA registrierten Schweizerinnen und Schweizern über 55’000 Doppelbürger.

Von den etwa 6 Millionen Amerikanerinnen und Amerikanern, die in 160 verschiedenen Ländern leben, sind rund 30’000 in der Schweiz registriert.

Die Präsidentschafts- und Kongress-Kampagne 2008 in den USA war die teuerste aller Zeiten: Sie kostete Kandidaten, politische Parteien und Interessengruppen 5,3 Mrd. US-Dollar.

Gegenüber der Kampagne von 2004, die 4,2 Mrd. Dollar kostete, war dies gemäss dem «Center for Responsive Politics» ein Anstieg um 27%.

Dabei waren für den eigentlichen Präsidentschafts-Wahlkampf etwa 2,4 Mrd. aufgewendet worden, wenn man die Ausgaben für alle Kandidaten und dazugehörige Spesen berücksichtigt.

Die damals von den Parteien nominierten Kandidaten – Demokrat Barack Obama und Republikaner John McCain – hatten zusammen 1,1 Mrd. Dollar gesammelt und etwas über 1 Mrd. davon ausgegeben.

Die Schweiz und die USA

Es gibt rund 1,2 Millionen Schweiz-Amerikaner oder Amerikaner mit Schweizer Wurzeln.

2007 waren von den fast 74’000 in den USA registrierten Schweizerinnen und Schweizern über 55’000 Doppelbürger.

Von den etwa 6 Millionen Amerikanerinnen und Amerikanern, die in 160 verschiedenen Ländern leben, sind rund 30’000 in der Schweiz registriert.

Sie müssen die Identität der Geldgeber und die Höhe der Beiträge aber nicht offenlegen.

In der Schweiz kennen weder der Bund noch die meisten Kantone eine Regelung über die Offenlegung von Partei- und Kampagnenspenden, deren Grossteil aus privaten Schatullen kommt.

Lediglich zwei Kantone – Genf und Tessin – haben gewisse Regeln eingeführt.

Laut einer jüngeren Studie der Universität Zürich über die Legislaturperiode 2007 bis 2011 gingen in jener Periode 40% der Kampagnenspenden an die Schweizerische Volkspartei (SVP), 25% an die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP.Die Liberalen), 16% an die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP), 13% an die Sozialdemokratische Partei (SP) und 6% an weitere Parteien.

Mehr Transparenz verlangt gegenwärtig die Volksinitiative eines Komitees diverser Parteien. Gemäss dem Volksbegehren soll mehr Klarheit über die Einkünfte der Politiker geschaffen werden.

(Übertragen aus dem Englischen: Christian Raaflaub)

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