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Der neue Bundesrat Cassis ist «gut für die Schweiz»

Ignazio Cassis vor Mikrofonen und Medienvertretern
Ignazio Cassis wurde nach der Wahl von den Medien regelrecht belagert. Keystone

Die Wahl des Tessiners Ignazio Cassis in die Schweizer Regierung ist ein Sieg für die ganze Schweiz und deren politisches System, das Minderheiten einbeziehe. Dies ist der Tenor der Schweizer Tageszeitungen am Tag nach der Wahl des 117. Bundesrats.

«Rechtsbürgerliche Wende im Bundesrat? Unsinn», meint Der Bund. «Die Schweiz existiert», stellt die Südostschweiz fest. «Die Freude am Regieren in Bern» beschreibt der Corriere del Ticino. «Tessin ist drin – jetzt sind die Frauen dran», titelt der Blick. «Der Neue muss es besser machen», meint die Aargauer Zeitung. Und die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) hält nüchtern fest: «Eine kluge Wahl.»

«Die Bundesversammlung hat staatspolitische Verantwortung bewiesen und Ignazio Cassis gewählt. An ihm ist es nun, zu beweisen, dass er frei von Sonderinteressen eine wirtschafts- und gesellschaftsliberale Politik in den Bundesrat tragen kann», schreibt die NZZ auf ihrer Frontseite.

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Cassis sei von Beginn weg ein qualifizierter Kandidat gewesen. «Die Versuche der politischen Konkurrenz, ihn schlechtzumachen, zeigten nur deren Hilflosigkeit.» Cassis als Lobbyisten hinzustellen, wie dies seine Gegner gemacht hätten, sei scheinheilig gewesen, denn die meisten Parlamentarier hätten Interessenbindungen, so die NZZ weiter. «Gerade auch in den Reihen der Sozialdemokraten sitzen knallharte Interessenvertreter, Gewerkschafter, Konsumentenschützer.»

Cassis sei aber zuzutrauen, «dass er in die neue Rolle schlüpft, Sonderanliegen vergisst und das Landesinteresse in den Vordergrund rückt». Vom neuen Landesvater erwartet die NZZ auch, «dass er frischen Wind bringt. Zu begrüssen wäre auch, wenn er als Bundesrat gesellschaftsliberale Akzente setzen würde. Parlament und Land sind ja diesbezüglich eher konservativ unterwegs».

Dass mit der Wahl Cassis› eine rechtsbürgerliche Wende im Bundesrat stattgefunden hat, glaubt die Berner Tageszeitung Der Bund nicht. «Falls mit der Wahl von Cassis das bürgerliche Lager tatsächlich stärker werden sollte, wäre damit nur Versäumtes nachgeholt. Und das ist im Sinn des politischen Systems: Der Bundesrat soll einigermassen so politisieren, wie die Parlamentsmehrheit tickt.»

Die Westschweizer Tageszeitung fasst den Wahltag so zusammen: «Der emotionale Moment des abtretenden Bundesrats und eine Wahl ohne Überraschungen, die das Tessin nach 18 Jahren Abwesenheit wieder in die Exekutive bringt.» Der neue Minister werde «die Massen nicht begeistern», was aber auch keine Qualität sei, um Bundesrat zu werden. «Das politische System zieht Zurückhaltung in allem vor.»

«Schweizerische» Wahl

«Noch selten war die Wahl eines neuen Bundesrats so vorhersehbar. So langweilig – so schweizerisch», kommentiert die Südostschweiz. «Wer Geld auf Ignazio Cassis gesetzt hat, kann sich heute nicht über einen grossen Gewinn freuen.»

Cassis› Sieg sei aber nicht nur sein persönlicher Erfolg oder jener seines Kantons und seiner Sprachregion. «Die Wahl von Ignazio Cassis zum 117. Bundesrat ist vor allem ein Sieg für die ganze Schweiz. Und ein Sieg für das politische System der Schweiz.»

Dass die Wahl am Mittwoch fast schon «in Minne» über die Bühne gegangen sei, möge «zum Gähnen langweilig sein. Zum Gähnen berechenbar. Aber es ist vor allem – sicher und stabil». Es ist laut der Südostschweiz ein System, das auf gegenseitigem Respekt und dem Ausgleich der Interessen beruhe. «So hat denn auch die Vereinigte Bundesversammlung den Anspruch des Tessins auf eine Vertretung im Bundesrat anstandslos akzeptiert.»

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Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Wahl von Ignazio Cassis zum 117. Bundesrat verlief nicht nur ohne Überraschungen, sondern auch höchst rasant.

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Als Vertreter einer Minderheit und Randregion der Schweiz werde Cassis in Bern «im Vergleich zu Kollegen aus anderen Regionen genauer beobachtet», schreibt der Corriere del Ticino.

«Wenn es gut läuft, haben wir in Bern nur einen Bundesrat. Wir können uns den Luxus nicht leisten, Fehler zu machen, zu enttäuschen oder gar farblos zu sein. Unsere Erwartungen als Tessiner und Italienischsprachige an den neuen Bundesrat sind sicherlich hoch, aber jene der anderen sind es noch mehr: Die ganze Schweiz erwartet uns.»

Minderheiten einbeziehen

Der südlichste Kanton der Schweiz, in dem Italienisch gesprochen wird, habe nun einen Vertreter in der Landesregierung (Bundesrat), «der dieselbe Sprache spricht und die Probleme der Südschweiz aus eigener Erfahrung kennt», schreibt der Tages-Anzeiger.

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«Wer dies als Folklore abtut, vergisst, dass der nationale Zusammenhalt keine Selbstverständlichkeit ist, sondern Pflege benötigt. Denn ein Gebilde wie die Schweiz hat nur dann auf Dauer Bestand, wenn sich auch die Minderheiten mit ihm identifizieren können.»

Auch die Aargauer Zeitung findet die Vertretung der Minderheiten im Bundesrat eminent wichtig: «Wenn drei Lateiner in der Regierung vertreten sind, dann ist es richtig, dass einer davon aus dem Tessin kommt. Die Diskussion um die Herkunft mag für viele ein alter Zopf sein. Das ist sie aber nicht. Die Berücksichtigung von Minderheiten gehört zur Stärke der Schweiz.»

Und gerade das Tessin stehe unter grossem Druck, besonders was die Migration betreffe. «Ignazio Cassis ist aber kein Harry Potter – er kann die Probleme nicht wegzaubern. Doch Cassis kann und muss ein Brückenbauer sein. Die Wahl eines Tessiners schafft Vertrauen in die Bundesinstitutionen. Ein wichtiges Signal aus Bern in Richtung Süden.»

«Gut für den Zusammenhalt»

«Und was wird diese Wahl der Schweiz bringen?», fragt die Tessiner Tageszeitung La Regione. «Die Präsenz eines italienischsprachigen Ministers wird eine echte Sensibilisierung gegenüber den Minderheiten bringen, aus denen das Land besteht. Die Wahl Cassis› – der sich als Schmied für die Einheit unseres Landes bezeichnete – zeigt, dass es sich dabei nicht um simple Parolen handelt.»

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Dass nun auch wieder etwas «Italianità» durch die Landesregierung wehe – nach zahlreichen misslungenen Versuchen und fast zwanzig Jahren Abwesenheit von der Regierung – sei die Bestätigung, «dass die Worte und Paragraphen der Bundesverfassung Gewicht und eine tiefgründige Bedeutung haben».

Auch die Basler Zeitung betont, wie wichtig die Wahl eines Tessiner Vertreters in die Landesregierung gewesen sei. «Die Wahl ist gut für den Zusammenhalt der Schweiz. Eine Nichtwahl des Tessiners wäre ein schwerer Affront für den italienischsprachigen Landesteil gewesen.»

Genau aus dem Grund, die Vielfalt abzubilden, habe das Land ein Kollektiv aus sieben Bundesräten als Staatsspitze. Cassis werde genau diese Vielfalt vertreten. Und im Namen der Vielfalt versucht die BaZ bereits, Terrain für die nächste Vakanz zu besetzen: «Bei den nächsten Bundesratswahlen geht es um die Vertretung der Ostschweiz sowie der Inner- und der Nordwestschweiz.»

«Als nächstes eine Frau!»

Die Landesregierung besteht mit dem neu gewählten Cassis weiterhin aus fünf Männern und zwei Frauen. Bundespräsidentin Doris Leuthard hat ihren Rücktritt vor dem Ende der Legislatur angekündigt. Deshalb ist für viele Kommentatoren klar, dass wieder eine Frau in den Bundesrat einziehen solle.

«Die Krönung von Cassis hat Folgen: Frauen haben im Bundesratspoker jetzt bessere Karten! Denn wenn Leuthard abtritt, ist Simonetta Sommaruga die einzige Frau», schreibt der Blick und listet zahlreiche valable Kandidatinnen in den verschiedenen Parteien auf. «Um Frauenpower kommt früher oder später keine Bundesratspartei herum.»

Auch für die NZZ ist klar: «Nach der Wahl von Ignazio Cassis wird der Druck bei künftigen Bundesratswahlen noch höher sein, eine Frau zu wählen.»

Und das St. Galler Tagblatt packt die Gelegenheit beim Schopf und lanciert – einmal mehr – Lokalmatadorin Karin Keller Sutter. Im Unterschied zu ihrer ersten Bundesratskandidatur 2010 sei sie heute in Bern bekannt. «Und – das könnte entscheidend sein – sie hat nicht nur in der bürgerlichen Mitte, sondern auch bei der Sozialdemokratischen Partei einen guten Ruf, obwohl sie einen prononciert rechtsliberalen Kurs fährt.»

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