RTVG: «Medienvielfalt stärken, Minderheiten schützen»
Tiefere Gebühren, mehr Fairness, weniger Bürokratie: Das neue Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) reagiere auf die veränderte Mediensituation und stärke SRG und Private, sagt der christlich-demokratische Nationalrat Martin Candinas aus dem Kanton Graubünden. Deshalb wirbt in der Abstimmung vom 14. Juni für ein Ja zu einer modernen Gebührenordnung. Das bedeute auch ein Bekenntnis zur (Sprachen)vielfalt des öffentlichen Rundfunks in der Schweiz.
Themen wie Gesundheitskosten, Sicherheit, Verkehr oder Landwirtschaft finden in den Medien stets viel Resonanz. Viele Politiker profilieren sich bei diesen Themen nur allzu gerne mit knackigen Statements und Expertenwissen. Ganz anders beim Thema Medienpolitik: Die Debatte darüber fristet in unserem Land eine eigentliche Mauerblümchen-Existenz. Zu unrecht. Denn Medienpolitik ist in einer direkten Demokratie von vitaler Bedeutung, braucht die viersprachige Schweiz doch eine vielfältige Medienlandschaft, welche die Meinungsvielfalt garantiert und eine hohe journalistische Qualität sicherstellt. Nur so können sich Bürgerinnen und Bürger eine eigene Meinung bilden und mitbestimmen. Erst recht in einem Umfeld, das je länger je mehr digitalisiert und globalisiert wird.
Das neue Radio- und Fernsehgesetz RTVG ist ein Element, um die Medienlandschaft in der Schweiz zu stärken. Als Vertreter des Rätoromanischen, der kleinsten Landessprache, die ohne starke SRG gar keine Radio- und Fernsehsendungen hätte, war dieses Geschäft für mich von Anfang an von elementarem Interesse. Die Mitglieder der nationalrätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen wählten mich zum Kommissionssprecher für die Beratung dieses Geschäftes im Rat.
Das heutige Radio- und Fernsehgesetz knüpft die Radio- und Fernsehgebühr an das Vorhandensein von Geräten. Wer ein Fernsehgerät oder einen Radioapparat hat, bezahlt Gebühren. Doch der technologische Wandel hat dazu geführt, dass heute jeder Computer, jedes iPhone und jedes iPad auch ein Fernseh- und ein Radiogerät ist. Via Internet können Radio- und Fernsehprogramme einfach und überall konsumiert werden. Deshalb müssten schon heute praktisch alle Haushalte und Unternehmen die Radio- und Fernsehgebühren bezahlen.
Doch die Realität sieht anders aus: Etliche Haushalte zahlen keine Gebühren, und vor allem bei den Unternehmen gibt es Schwarzseher und -hörer. Lediglich 7 Prozent der Unternehmen bezahlen Radio- und Fernsehgebühren. Umgekehrt würde dies bedeuten, dass 93 Prozent der Firmen keinen Zugang zu Radio und Fernsehen haben. Diese Situation führt klar vor Augen, dass das heutige System ungerecht ist. Die Ehrlichen zahlen für die Schwarzseher und -hörer. Kommt dazu, dass viel Bürokratie und lästige Kontrolleure nötig sind, um die schwarz Konsumierenden aufzustöbern. Das alte Gebührensystem hat praktisch nur Nachteile, ist ungerecht und passt nicht in unsere Zeit. Das neue Gesetz beendet diesen unhaltbaren Zustand.
Erstaunlicherweise möchte der Gewerbeverband, dass alle Nachteile des alten Systems erhalten bleiben. Er hat deshalb das Referendum gegen das Radio- und Fernsehgesetz RTVG ergriffen und behauptet, dass die Unternehmen zusätzlich mit 200 Millionen Franken belastet würden und eine neue Steuer eingeführt werde. Das ist falsch! Das Gegenteil ist der Fall: Mit dem neuen Gesetz sind 75 Prozent der Schweizer Unternehmen von der Gebühr befreit und zahlen auf legale Art nichts mehr. Vor allem kleine und mittlere Betriebe profitieren von dieser Gebührenbefreiung. Erst ab einem jährlichen Umsatz von Fr. 500’000 zahlen Unternehmen Gebühren. Weitere 9 Prozent der Unternehmen bezahlen mit dem neuen Gesetz weniger als bisher. Somit profitieren also über 80% der Schweizer Unternehmen vom neuen Gesetz, weil sie keine oder weniger Gebühren bezahlen! Weshalb der Gewerbeverband vor diesem Hintergrund das Referendum ergriffen hat, bleibt schleierhaft. Einzelne Mitglieder des Gewerbeverbandes lassen sich aber nicht für dumm verkaufen: So lehnt Gastrosuisse das Referendum des Gewerbeverbandes ab und sagt JA zum neuen Radio- und Fernseh-Gesetz.
Das neue Gesetz bringt aber auch den privaten Haushalten Vorteile: Die jährliche Gebühr könnte laut Bundesrat von 462 auf rund 400 Franken gesenkt werden. Damit werden die Kosten für die Haushalte um 15% gesenkt. Und jeder Haushalt zahlt nur einmal. Auch für Ferien- und Zweitwohnungen fallen keine zusätzlichen Gebühren mehr an.
Das RTVG bietet die Chance, den Service public modern zu finanzieren und auch die privaten Medien zu stärken. Denn die wahren Gewinner des neuen Gesetzes sind die privaten Medien: Sie erhalten inskünftig bis zu 26 Millionen Franken mehr aus dem Gebührentopf. Eine Finanzspritze, die dringend nötig ist und die Zukunft der Privatradios und –fernsehen auf ein solideres Fundament stellt. Die SRG bekommt mit dem neuen Gesetz entgegen anders lautender Behauptungen keinen Franken zusätzlich.
Fazit: Das neue RTVG steht für tiefere Gebühren, mehr Fairness, weniger Bürokratie und eine zukunftsgerichtete Finanzierung unserer Radio- und Fernsehangebote. Diese Finanzierung ist für einen föderalen Staat bestehend aus 26 verschiedenen Kantonen und mit vier Landessprachen zentral. Wer stolz ist auf unsere Schweiz, sagt Ja zur inländischen Medienvielfalt, sagt Ja zur Eigenständigkeit und zu Eigenproduktionen und so auch Ja zum neuen Radio- und Fernsehgesetz RTVG. Am 14. Juni 2015 kommt diese Vorlage zur Abstimmung.
Martin Candinas
Der 1980 in Ilanz, Kanton Graubünden, geborene Candinas begann seine politische Karriere 1999 als Vorstandsmitglied der Jungen Christlich-Demokratischen (CVP) Graubünden.
Von 2006 bis 2008 war er auch im Vorstand der Jungen CVP Schweiz aktiv.
Von 2006 bis Dezember 2011 vertrat er die Surselva im Grossen Rat des Kantons Graubünden.
Seit Ende 2011 ist er Mitglied des Nationalrats, der grossen Parlamentskammer.
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