Russland-Ukraine-Konflikt wird Thema im UNO-Menschenrechtsrat
Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (HRC) in Genf hat am Montag beschlossen, eine Dringlichkeitsdebatte über die sich verschlechternde Rechtslage in der Ukraine nach dem Angriff Russlands abzuhalten.
Der dringende Dialog über die Ukraine wird voraussichtlich am Donnerstag in Genf stattfinden. Die Ratsmitglieder werden eine Resolution erörtern, in der eine Untersuchung der mutmasslichen Rechtsverletzungen im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland seit 2014 gefordert wird, als der Kreml die Krim annektierte. Resolutionen des Menschenrechtsrats sind nicht bindend, haben aber moralisches Gewicht.
29 der 47 Ratsmitglieder stimmten für die von der Ukraine beantragte Sitzung. Zu den Befürwortern des Vorschlags gehörten neben der Ukraine die USA und europäische Länder. Russland, China, Kuba, Eritrea und Venezuela stimmten gegen die Sitzung. Es gab 13 Stimmenthaltungen.
Vor der Abstimmung sagte Jewhenija Filipenko, die ukrainische Botschafterin in Genf, vor Ministerinnen, Ministern und Spitzenbeamten, die russische Aggression, die seit letztem Donnerstag andauert, sei «nicht nur ein Angriff auf die Ukraine». Sie sei auch «ein Angriff auf alle UNO-Mitgliedstaaten, auf die Vereinten Nationen und auf die Prinzipien, zu deren Verteidigung diese Organisation geschaffen wurde».
Der Menschenrechtsrat begann seine jährliche Hauptsitzung am Montag mit einem dreitägigen hochrangig besetzten Schwerpunkt, bei dem Aussenministerinnen und Aussenminister sowie Spitzenbeamte aus der Diplomatie vor dem Rat über ihre Fortschritte berichten und ihre Besorgnis über die Menschenrechtslage im In- und Ausland zum Ausdruck bringen. Die Sitzung des Menschenrechtsrats in Genf dauert bis zum 1. April.
Der russische Botschafter in Genf, Gennadi Gatilow, erklärte, die Forderung der Ukraine habe nichts mit «echten Sorgen» um die Menschenrechte in diesem Land zu tun. Im Einklang mit der offiziellen Haltung Moskaus kritisierte er die westlichen Mitglieder des Rats dafür, dass sie sich in den vergangenen acht Jahren nicht mit der «gezielten Vernichtung völlig unschuldiger Menschen» durch die Ukraine in der Region Donbass befasst hätten.
Gatilow zufolge handelt es sich bei der russischen Invasion in der Ukraine um eine «Spezialoperation» mit dem Ziel, «die Tragödie» in der Ukraine zu beenden. Sie richte sich nicht gegen Zivilistinnen und Zivilisten.
Über 100 zivile Todesopfer
Michelle Bachelet, die Hochkommissarin für Menschenrechte, teilte dem Rat mit, dass ihr Amt bisher 406 zivile Opfer in dem Konflikt gezählt habe (102 Tote – darunter sieben Kinder – und 304 Verletzte). «Ich fürchte, die wirklichen Zahlen sind wesentlich höher», sagte sie während der Sitzung.
Bundespräsident Ignazio Cassis, der auch Schweizer Aussenminister ist, drückte vor dem Menschenrechtsrat sein «grosses Mitgefühl» für die Opfer des Konflikts aus. Er erklärte, die Schweiz verurteile «den Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine, der eine flagrante Verletzung des Völkerrechts darstellt, auf das Schärfste».
Die Schweiz ist derzeit nicht Mitglied im Menschenrechtsrat und konnte daher nicht über die Dringlichkeitsdebatte abstimmen.
«Wir müssen uns die Mittel geben, um sicherzustellen, dass diejenigen, die schwere Verstösse gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht begehen, zur Rechenschaft gezogen werden. In diesem Sinn unterstützt die Schweiz die Forderung nach einer dringenden Debatte», sagte Cassis.
Viele Vertreterinnen und Vertreter der Vereinten Nationen und der einzelnen Länder nutzten die Gelegenheit des hochrangig besetzten Teils der jährlichen Hauptsitzung des Rats dazu, den Angriff Russlands auf die Ukraine zu verurteilen und das Land aufzufordern, seine Aggression zu beenden. Sie riefen die Ratsmitglieder auf, die Polarisierung zu überwinden und gemeinsam für den Schutz der Menschenrechte einzutreten.
«Die Eskalation der Militäroperationen der Russischen Föderation in der Ukraine führt zu einer Eskalation der Menschenrechts-Verletzungen. […] Der Konflikt ist eine völlige Missachtung der Menschenrechte auf der ganzen Linie», sagte UNO-Generalsekretär António Guterres.
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