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Schweiz hilft nach Erdbeben: Glückskette startet Spendenaktion für Marokko

Eine Frau geht durch ein vom Erdbeben zerstörtes Quartier
Eine Frau geht nach dem Beben der Stärke 6,8 auf der Richterskala durch die Trümmer ihres Dorfes Ouirgane südlich von Marrakesch. Keystone / Yoan Valat

Am Montag hat die Glückskette, das Hilfswerk von SRG SSR, zu dem auch SWI swissinfo.ch gehört, einen SpendenaufrufExterner Link für Erdbebenopfer in Marokko gestartet.

Die Glückskette kooperiert mit zwei Schweizer Partnerorganisationen in Marokko – cfd Christlicher FriedensdienstExterner Link und Médecins du MondeExterner Link – um Nothilfematerialien wie Decken, Babynahrung und weitere essenzielle Dinge zur Verfügung zu stellen.

«Vor Ort ist die Situation sehr schwierig», sagt Judith Schuler, Kommunikations- und Fundraisingchefin der Glückskette, «Alle schauen, was sie zur Verfügung stellen können. Alle wollen etwas tun.»

Welche Notfallunterstützung hat die offizielle Schweiz Marokko angeboten?

Am Samstag hat der Schweizer Aussenminister Unterstützung angebotenExterner Link, konkret Notunterkünfte, Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Anlagen, ebenso wie Medizin und Baumaterialien. Die Sachunterstützung würde begleitet von acht Spezialist:innen des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe.

Diese sind bereit, ins Land geschickt zu werden, aber gemäss dem Schweizer Aussenministerium haben die marokkanischen Behörden noch nicht formell auf das Schweizer Angebot reagiert.

überlebende des Erdbebens in einem Dorf im marokkanischen Atlasgebirge
Nach dem Erdbeben in Marokko von letztem Freiag sind Familien gezwungen, im Freien auf erste Hilfe zu warten. Keystone / Jalal Morchidi

Andere internationale Unterstützungsangebote

Am Sonntag teilten die marokkanischen Behörden mit, dass sie auf Unterstützungsangebote für die Entsendung von Such- und Rettungsteams aus Spanien, Katar, Grossbritannien und den Vereinigten Arabischen Emiraten «positiv beantwortet» haben.

Aber Unterstützungsangebote aus Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, Israel, der Türkei und den Vereinigten Staaten noch offen seien.

Die staatliche Nachrichtenagentur teilte mit: «Die marokkanischen Behörden führen eine genaue Bedarfsermittlung vor Ort durch, weil eine Fehlkoordination in solchen Situationen kontraproduktiv sein könnte.»

Marokko setzt in der Region Ambulanzen, Rettungsteams und Soldaten ein, um die Notfallmassnahmen zu bewältigen.

Am Dienstag hat das Internationale Komitee des Roten Kreuz (IKRK) in Genf einen Notfallaufruf lanciert, um 100 Millionen Franken für Wasser, sanitäre Anlagen und Unterkünfte für die Opfer des Erdbebens in Marokko zu sammeln.

Hilfstrupps bei einem vom Erdbeben zerstörten Haus.
Ein Hilfstrupp sucht unter einem Haus im zerstörten Dorf Talat Talat N’Yaaqoub, das südlich von Marrakesch liegt, nach Überlebenden. Keystone / Mohamed Messara

Warum zögert Marokko, das Angebot der Schweiz und anderer Länder anzunehmen?

Silvio Flückiger, stellvertretender Leiter der Humanitären Hilfe, sagte am Montag gegenüber der Zeitung Le Temps, dass das Schweizer Team einsatzbereit sei und innert Stunden nach Erteilung des grünen Lichts von Marokko ein Flugzeug besteigen könnte.

Flückiger geht davon aus, dass das Schweizer Team später involviert werden könnte. Im Moment sei Marokko in der Rettungs- und Erste-Hilfe-Phase, während das «Schweizer Angebot in erster Linie auf die Überlebenden zielt», sagte er.

«Jede Krise ist anders und jedes Land reagiert auf seine Weise auf das Desaster, von dem es betroffen ist. Jeder Staat muss entscheiden, welche Unterstützung gebraucht wird», fügte Flückiger hinzu. «Gemäss Informationen, die uns die Schweizer Botschaft in Rabat zur Verfügung stellte, sind die Armee und der Zivilschutz gut organisiert und strukturiert, um auf die Bedürfnissen zu reagieren. Aber es ist wahr, dass es viele Zugangsprobleme zu abgelegenen Gebieten im Atlasgebirge gibt.»

Beobachter:innen kommen zu anderen Schlüssen, weshalb Marokko zögern könnte. Geopolitik könnte der Grund sein, sagte Nordafrika-Experte Beat Stauffer gegenüber SRF: «Marokko will offensichtlich gegenüber Frankreich signalisieren, dass es unabhängig und auf die alte Kolonialmacht nicht länger angewiesen ist», sagte er. «Marokko will nicht als Entwicklungsland erscheinen, das Naturkatastrophen nicht alleine begegnen kann.»

marokkanerinnen und marokkaner in einem Spital beim Blutspenden
Marokkaner:innen und Tourist:inneen spenden in Marrakesch Blut für die Überlebenden des schweren Erdbebens im Gebiet südlich der Touristendestination. Keystone / Jalal Morchidi

Wie ist die humanitäre Lage?

Das Beben der Stärke 6,8 auf der Richterskala ereignete sich am 8. September kurz nach 23 Uhr Ortszeit. Das Epizentrum lag in der Nähe der Stadt Ighil in der Provinz Al Haouz im Hohen Atlasgebirge, 70 Kilometer südlich von Marrakesch. In vielen Bergdörfern und -städten stürzten Gebäude ein und verursachten verheerende Schäden.

Das Staatsfernsehen meldete am späten Montagabend, dass die Zahl der Todesopfer auf 2862 gestiegen sei und dass 2562 Menschen verletzt worden seien. Diese Zahlen dürften aber noch steigen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab an, dass mehr als 300’000 Menschen von der Katastrophe betroffen sind.

Da ein Grossteil des Erdbebengebiets nur schwer zugänglich ist, haben die Behörden keine Schätzungen über die Zahl der Vermissten abgegeben. Die Hoffnung, unter den Trümmern Überlebende zu finden, schwindet aber, je mehr Zeit vergeht.

Wie sieht es drei Tage danach im Erdbebengebiet aus?

In den am stärksten betroffenen Gebieten, die in der zerklüfteten, abgelegenen Gebirgsregion liegen, bot sich am Dienstag ein uneinheitliches Bild: An einigen Orten wurden organisierte Zeltlager errichtet und Hilfsgüter aus der Luft eingeflogen, während an anderen Orten überhaupt keine Hilfe ankam, weil die Strassen durch Felsen und Erde blockiert waren, die das Beben weggerissen hatte.

Da die Rettungsarbeiten der Regierungen nur langsam anlaufen, helfen gemäss BerichtenExterner Link auch viele Zivilpersonen. Sie bringen für die Überlebenden Lebensmittel, Decken und andere Hilfsgüter zu einer Sammelstelle in der Nähe von Marrakesch. Diese würden dann in die abgelegeneren Regionen verteilt werden, berichtet das Schweizer Fernsehen SRF.

SRF-Korrespondent Daniel Glaus sagte: «Die Distanzen sind einfach sehr lang, man steckt oft lange fest, weil die Strassen nur einspurig und teilweise noch verschüttet sind.» Zudem fehle es bei der Hilfe oft an Koordination. «Viele Hilfskonvois sind unterwegs, aber man weiss nicht, wer wohin fährt», sagte Glaus weiter. «Es gibt also viel guten Willen, aber viel zu wenig Koordination.»

Hier geht es zum Aufruf der GlücksketteExterner Link für Spenden für Erdbeben-Opfer in Marokko.

Symbolbild Spendenaufruf Erdbeben in Marokko
GLÜCKSKETTE

Übertragung aus dem Englischen: Benjamin von Wyl.

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