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Der Krieg im Jemen und was die Schweiz damit zu tun hat

Ein Junge mit einem Gewehr auf den Schultern, im Hintergrund wartende Männer.
Krieg statt Schule: Ein Junge mit einer Waffe während einer Versammlung zur Unterstützung der Huthi-Rebellen in Sana'a im Dezember 2018. Keystone / Yahya Arhab

Vor rund fünf Jahren eskalierte der Konflikt im Jemen. Die Schweiz ist in der Region als neutrales Land ohne koloniales Erbe respektiert und könnte nach Ansicht von Experten zu einer friedlichen Lösung beitragen. Kritiker sagen aber auch, dass die Schweiz ihre wirtschaftlichen Interessen höher gewichte.

Gibt der Krieg im Jemen hierzulande zu reden, dann meist im Zusammenhang mit Schweizer Kriegsmaterialexporten nach Saudi-Arabien. Das Königreich steht wegen seiner Beteiligung am Jemen-Krieg und der Missachtung der Menschenrechte in der Kritik.

So geschehen zum letzten Mal Mitte Januar, als bekannt wurde, dass Riad im vergangenen September bei einem Angriff der Huthi-Rebellen auf ein saudisches Ölfeld Schweizer Flugabwehrkanonen verwendete.

Schweizer Kriegsmaterialexporte

Seit Beginn der Militärintervention im März 2015 untersagt die Schweizer Regierung Lieferungen nach Saudi-Arabien, falls die Waffen für Menschenrechtsverletzungen gebraucht werden oder im Jemen-Konflikt zum Einsatz kommen könnten. Eine Ausnahme bilden Ersatzteile für Flugabwehrsysteme, welche die Schweiz ab den 1980er-Jahre an Saudi-Arabien geliefert hat.

Voraussichtlich im Jahr 2021 wird das Schweizer Stimmvolk über eine Initiative abstimmen, die verlangt, dass keine Schweizer Waffen in Länder exportiert werden dürfen, welche die Menschenrechte systematisch verletzen oder die in einen Konflikt verwickelt sind.

Zu reden gab auch, dass der Schweizer Bundespräsident vergleichsweise kurz nach dem Mord an einem Journalisten durch die Saudis nach Riad reiste. Menschenrechtsaktivisten und linke Politiker kritisieren, die Schweiz stelle ihre wirtschaftlichen Interessen über die Menschenrechte.

Schweiz mit guter Ausgangslage in der Region

Die Schweiz pflegt auch zu Iran gute Beziehungen, der durch die Unterstützung der Huthi im Jemen-Konflikt ebenfalls eine Rolle spielt. Zudem nimmt Bern seit März 2018 die Interessen Irans in Saudi-Arabien und die saudischen Interessen im Iran wahr. Zwar kommt dieses SchutzmachtmandatExterner Link nicht einer Vermittlerrolle gleich.

Die Schweiz wäre aber dennoch in einer guten Position, um sich im Bereich der Mediation für eine friedliche Lösung im Jemen zu engagieren, wie Monika Bolliger sagt. Die ehemalige Nahost-Korrespondentin der Neuen Zürcher Zeitung unterstützt die Denkfabrik Sana’a Center für strategische StudienExterner Link bei Aktivitäten in Europa.

Als Grund erwähnt Bolliger nicht nur die guten Beziehungen Berns zu Riad und Teheran. Sie sagt auch, dass die Schweiz «im Jemen wie in der Region als neutrales Land mit humanitärer Tradition und ohne imperialistische Absichten respektiert wird».

Die Schweiz unterstützt den von der UNO geführten Friedensprozess. Als Gastland unterstützte sie 2015 und 2018 mehrere Dialogrunden. Angesprochen auf eine mögliche Rolle als Vermittlerin schreibt das Aussendepartement (EDA), der Prozess sei sehr komplex und die Bemühungen müssten sorgfältig koordiniert werden. «Um die Kohärenz zu gewährleisten, muss die UNO die Federführung behalten.»

Ein Junge sitzt auf einem Torbogen aus Stein, im Hintergrund stehen Häuser.
Blick in eine unsichere Zukunft: Ein Junge vor historischen Gebäuden der von Huthi-Rebellen kontrollierten Altstadt von Sana’a im November 2019. Keystone / Yahya Arhab

Die jemenitisch-schweizerische Politologin und Autorin Elham ManeaExterner Link sagt, es sei noch zu früh für einen «Einsatz der Schweiz». Zuerst müssten alle Konfliktparteien an einen Tisch gebracht werden und hier spiele Jemens östliches Nachbarland Oman eine Schlüsselrolle. «Der Oman pflegt aufgrund seiner neutralen und konstruktiven Position mit allen Konfliktparteien in der Region gute Beziehungen.»

Kai Reusser / swissinfo.ch

Schweiz ist Expertin aus eigener Erfahrung

Die Rolle der Schweiz sieht Manea eher auf nationaler Ebene des Konflikts. Ab dem Moment also, wo es darum gehen wird, eine friedliche Lösung für die zersplitterte jemenitische Gesellschaft zu finden.

«Es würde mich nicht überraschen, wenn wir im Nachhinein feststellen werden, dass die Schweiz bereits zum jetzigen Zeitpunkt aktiv war.»
Elham Manea, Politologin

Keine einfache Aufgabe, denn die jemenitische Regierung ist nicht erst seit der Ausweitung des Konflikts 2015 immer weniger in der Lage, die Probleme des Landes zu lösen. Da ist auch der seit Jahren schwelende Bürgerkrieg im Norden und der Separatismus des Südens.

«Der Konflikt hat uns so weit gebracht, dass wir uns gegenseitig nur noch als Mitglied der einen oder anderen Gruppierung wahrnehmen», sagt Manea. «Wir sehen uns nicht mehr als Menschen, als Jemeniten und Jemenitinnen.»

«Hier könnte sich die Schweiz, basierend auf ihre eigenen Erfahrungen, im Jemen einbringen», so die Politologin. Ihre föderalistische Organisation trage der Verschiedenheit der Regionen und ihren Menschen Rechnung, und doch – oder gerade deshalb – fühlten sich die Bürgerinnen und Bürger auch als Schweizer.

Die Politologin schliesst nicht aus, dass die Schweiz und Oman schon jetzt zusammenarbeiten: «Es würde mich nicht überraschen, wenn wir im Nachhinein feststellen werden, dass die Schweiz bereits zum jetzigen Zeitpunkt aktiv war.»

Ein Mädchen sitzt auf gelben Wasserkanistern.
Warten auf Wasser in Sana’a: Die Schweiz unterstützt im Jemen unter anderem Projekte für sauberes Trinkwasser. Keystone / Yahya Arhab

Humanitäres Engagement der Schweiz

Jemen gehört zu den Schwerpunktregionen der Humanitären Hilfe der Direktion für Entwicklung und ZusammenarbeitExterner Link (DEZA). Das Engagement konzentriert sich auf Wasser, sanitäre Anlagen und Hygiene sowie den Schutz der Zivilbevölkerung.

Die Schweiz war bereits vor Beginn der Militärintervention in dem Land tätig, genauer seit 2007. Fünf Jahre später eröffnete sie in Sana’a ein Büro, um sich in Zusammenarbeit mit der Regierung beispielsweise für Berufs- und Ausbildungszentren für die verarmte Landbevölkerung einzusetzen.

Aus Sicherheitsgründen und auch, weil die jemenitische Regierung nach und nach die Kontrolle über ihr Land verlor, konnten die Projekte aber nicht weitergeführt werden. Das Aussendepartement schloss das Büro bereits 2014 wieder.

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