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Schweiz muss Amtshilfe mit dem Turbo verbessern

Unversteuerte Gelder auf die Bank bringen ist mit hohen Risiken verbunden. Keystone

Zur Vermeidung weiterer Reputationsschäden baut die Schweiz die Amtshilfe bei Steuerdelikten mit zunehmendem Tempo aus. Dennoch nimmt der internationale Druck weiter zu. Das wird sich auch diese Woche am Globalen Forum in Jakarta zeigen, wenn die ersten 50 Länder ihre Schlussnoten erhalten.

«Es ist schon so, dass die Schweiz international ein beliebter Prügelknabe ist. Sie hat in den letzten Jahren zwar erhebliche Fortschritte in verschiedenen Bereichen gemacht, aber weil die Fortschritte geringer sind als in anderen Ländern, wird nach wie vor auf die Schweiz gezeigt», sagt Peter V. Kunz, Ordinarius für Wirtschaftsrecht und für Rechtsvergleichung an der Universität Bern gegenüber swissinfo.ch.

In der Tat: Die Schweiz hat in den vergangenen Jahren das Bankgeheimnis in mehreren Schritten aufgeweicht. Letzter Schritt war das revidierte Steueramtshilfegesetz, das auch Gruppenanfragen erlaubt und erst am 1. Februar 2013 in Kraft getreten ist. Doch die nächste Revision ist bereits aufgegleist und wird im Dezember vom Parlament behandelt werden. Wichtigste Änderung: Neu sollen ausländische Kontoinhaber nicht mehr automatisch vorab informiert werden, wenn ihre Daten an einen Drittstaat ausgeliefert werden.

Präzedenzfall UBS

Die bürgerlichen Parteien haben gegen diese Änderung bereits klar Stellung bezogen, doch Peter V. Kunz relativiert: «Immerhin muss man einräumen, dass wir genau in dieser Frage vor ein paar Jahren einen Präzedenzfall von schlechtester Qualität geschaffen haben. Damals gab die Finanzmarktaufsicht UBS-Daten von amerikanischen Kunden heraus. Die Betroffenen wurden erst informiert, nachdem diese Daten bereits in den USA waren. Das wurde damals zurecht als rechtsstaatswidrig kritisiert. Immerhin muss man sagen, dass im Gesetzesentwurf der Verzicht auf Vorabinformation der Betroffenen nur in Ausnahmefällen möglich sein soll.»

Eine weitere Gesetzesrevision wird der Bundesrat demnächst verabschieden. Sie betrifft die Besitzer von Inhaberaktien, die künftig nicht mehr anonym bleiben sollen. Das Parlament wird sich im Frühjahr 2014 damit beschäftigen.

Seit die Regierung im März 2009 beschlossen hat, Steueramtshilfe auch bei Steuerhinterziehung zu gewähren und nicht lediglich bei Steuerbetrug, hat die Schweiz mit 42 Staaten neue Doppelbesteuerungs-Abkommen (DBA) abgeschlossen, die mit den entsprechenden Regeln der OECD konform sind.

Schwarzer Peter

Trotz all diesen Fortschritten rechnet das Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF) damit, dass die Schweiz in Jakarta unter Druck kommen könnte, wenn am 21. und 22 November das mit der OECD verbundene Globale Forum in der indonesischen Hauptstadt die ersten 50 Länder mit Blick auf den Austausch von Steuerinformationen benoten wird. Die Schweiz wird frühestens im Jahr 2014 benotet werden, steht also in Jakarta nicht direkt im Fokus. Länder, die schlechte Noten erhielten, könnten jedoch darauf drängen, dass andere Länder, die noch nicht benotet werden, nicht bevorzugt würden, so die Begründung des SIF.

«Man bekommt zuweilen den Schwarzen Peter zugeschoben, und das nicht zuletzt deshalb, weil die anderen Länder eben auch zum Teil ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben», sagt Peter V. Kunz.

Benotet werden in Jakarta unter anderen Luxemburg, Österreich, Grossbritannien, Monaco und die Cayman Islands, also Länder, deren Finanzplätze mit dem Finanzplatz Schweiz in Konkurrenz stehen.

Die Plenarversammlung des Global Forum im Rahmen der OECD findet am 21. und 22. November in Jakarta statt.

Die Schweiz wird am Forum vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), von der Schweizer Delegation bei der OECD sowie vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) vertreten.

Dabei will die Schweiz die Fortschritte und ihr Engagement für Steuertransparenz aufzeigen. «Für die Schweiz wird es darum gehen, auf die wichtigen Fortschritte hinzuweisen, die seit dem Evaluationsbericht von 2011 erzielt worden sind», erklärt Anne Césard, Sprecherin des SIF.

Ausserdem müsse betont werden, dass die Schweiz bereit sei, baldmöglichst einen Zusatzbericht zu präsentieren, der es erlauben würde, zur 2. Phase der Prüfung zugelassen zu werden. Der Bundesrat strebt die 2. Phase für das Jahr 2014 an.

Im Boot mit Panama und Vanuatu

Dem Globalen Forum gehören 120 Länder an. Die Schweiz ist seit 2009 Mitglied. Vereinfacht gesagt werden jene Länder zur Benotung, also zur zweiten Phase, zugelassen, die alle regulatorischen Voraussetzungen zur Steueramtshilfe erfüllen. Bei der Benotung geht es um die Effizienz der Umsetzung. Die Schweiz muss gesetzgeberisch und bei der Anzahl der DBA nach OECD-Standards noch nachbessern und steckt deshalb zusammen mit 13 anderen Ländern, darunter Botswana, Libanon, Liberia,  Panama und Vanuatu noch in Phase eins.

Um in Phase zwei zu kommen, muss die Schweiz zumindest in einem der drei kritischen Punkte (Steueramtshilfegesetz, Aktienrecht  und Anzahl DBA nach OECD-Norm) nachbessern. Der Widerstand gegen die Gesetzesänderungen im Parlament ist vorprogrammiert. Aber auch dann, wenn das Parlament – wie bei vergleichbaren Vorlagen geschehen – am Ende zähneknirschend Ja sagen wird, dürfte die nächste Kröte zu schlucken sein: Amtshilfe auch bei gestohlenen Steuerdaten, sofern der antragstellende Staat die Daten von einem Drittstaat erhalten hat.

Beihilfe zum Rechtsbruch

Der Bundesrat wollte im vergangenen Sommer das Amtshilfegesetz noch in diesem Sinn ans Parlament weiterleiten. In der Zwischenzeit und wegen dem massiven Widerstand dagegen, hat er das Geschäft aus dem Gesetzesentwurf gekippt.

Besonders Indien drängt darauf, Daten über Steuersünder auf einer CD der Grossbank HSBC, die ein ehemaliger Bankmitarbeiter gestohlen hat, mittels Steueramtshilfe verwerten zu können. Bisher hat die Schweiz die Gesuche zurückgewiesen und sich dabei auf das bestehende Steueramtshilfegesetz berufen. «Das ist eine doppelbödige Politik, die hier die Ewiggestrigen im Parlament betreiben. Daten auf CD sind absolut zentral, solange wir nicht den automatischen Informationsaustausch haben», sagt Andreas Missbach, Abteilungsleiter Rohstoffe, Handel  und Finanzen bei der Nichtregierungs-Organisation Erklärung von Bern gegenüber swissinfo.ch.

Die Schweiz habe zuerst Recht gebrochen, sagt Missbach auf den Einwand der zumindest fragwürdigen Rechtsstaatlichkeit gestohlener Bankdaten. «Sie hat über Jahre und systematisch Beihilfe zum Rechtsbruch gegenüber anderen Ländern geleistet. Aus dieser moralischen Unhaltbarkeit der Schweizer Position ist ein Markt für solche Daten entstanden. Es ist nicht nachzuvollziehen, wenn die Schweiz nun ein Drama darüber macht, dass diese Daten dazu verwendet werden, wozu sie sinnvollerweise dienen, nämlich Steuerhinterziehung zu verfolgen.»

Empfehlungen durchsetzen

Die Frage der Amtshilfe bei gestohlenen Bankdaten wird bei der Länderbeurteilung der Schweiz durch das Globale Forum, also in der zweiten Phase, zum Thema werden. Darüber sind sich Missbach und Kunz einig. Mit anderen Worten: Die Schweiz wird auch in diesem Bereich nachgeben müssen, denn das Forum spricht zwar lediglich Empfehlungen aus, doch die G20 hat die Staaten dazu aufgefordert, diese durchzusetzen.

«Es ist – auch wenn es lediglich um Empfehlungen geht – unabdingbar, dass die Schweiz in die Phase zwei gelangt und die entsprechenden Empfehlungen übernimmt. Ein Abseitsstehen wäre nicht nur ein Reputationsproblem, sondern es könnte über kurz oder lang zu Sanktionen führen», sagt Peter V. Kunz.

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