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An der Ukraine Recovery Conference geht’s auch um Demokratie

Ruslan Stefanchuk und Irène Kälin an der Konferenz in Lugano
Ruslan Stefanchuk, Präsident der Werchowna Rada, des ukrainischen Parlaments, und Irène Kälin, Präsidentin des Nationalrats des Schweizer Parlaments, eröffnen die Konferenz mit Vertreter:innen beider Parlamente zur Stärkung der Demokratie in der Ukraine. Rechts Heidi Hautala,Vizepräsidentin des Europaparlaments. SWI swissinfo.ch / Carlo Pisani

Die Stärkung und der Ausbau der Demokratie sind zentrale Pfeiler für den Wiederaufbau der Ukraine: Dies hoben Vertreter:innen der Parlamente und der Zivilgesellschaften der Ukraine und der Schweiz an der Ukraine Recovery Conference in Lugano hervor.

Bevor in Lugano die diplomatischen Techniker:innen und ökonomischen Expert:innen übernahmen, trafen sich hochrangige Delegationen der Parlamente der Ukraine und der Schweiz.

Angeführt wurden sie von Ruslan Stefanchuk, dem Präsidenten des Werchnowa Rada, wie das ukrainische Parlament heisst, und Irène Kälin, die als Präsidentin der Volkskammer politisch als «höchste Schweizerin» gilt.

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«Wir müssen zeigen, dass Parlamente mutig und eigenständig von Regierung sind», sagte Kälin. Dazu könne eine Konferenz wie diese viel beitragen.

Die Freiheit der Ukraine ist auch unsere Freiheit. Der russische Angriffskrieg ist ein Angriff auf uns alle, auf unsere Grundrechte, auf die Menschenrechte, auf die Souveränität. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass das Schweizer Parlament im Rahmen seiner Möglichkeiten Unterstützung leistet», so Kälin.

Parlament als Demokratisierungs-Motor

Sie kündigte die Verabschiedung einer Erklärung an. Darin hätten sie und ihr Amtskollege Ruslan Stefanchuk Prioritäten für die Rolle des Werchowna Rada im Wiederaufbauprozess benannt. Diese reichten vom Gesetzgebungsprozess, der Budgetkontrolle, der parlamentarischen Aufsichtsfunktion bis hin zur Stärkung der Kapazitäten der Werchowna Rada und ihrer Parlamentsdienste.

Schlussfoto des Austauschs beider Parlamentsdelegationen
Schlussfoto des Luganeser Austauschs beider Parlamentsdelegationen mit Ruslan Stefanchuk, Iréne Kälin und Heidi Hautala – das Trio ist links der Bildmitte. SWI swissinfo.ch/Carlo Pisani

Mit dabei am Austausch der beiden Parlamente war auch Heidi Hautala, die Vizepräsidentin des Europaparlaments. Im Gespräch mit swissinfo.ch prägte die Finnin so etwas wie einen Schlüsselsatz des Tages: «Resilienz ist zentral für Demokratie.»

Das Europaparlament habe die Widerstandskraft der ukrainischen Demokratie in den letzten Jahren mit der Unterstützung für Reformen gestärkt. Insbesondere jene der Justiz und der parlamentarischen Demokratie, so Hautala.

Mahnung der Europa-Parlamentarierin

«Die Justizreform liegt immer noch auf dem Tisch und muss vorangetrieben werden», mahnte sie.

Was sie in Lugano hingegen mit Optimismus erfüllte: «Die ukrainische Delegation hat das klare Bedürfnis nach partizipatorischer Demokratie geäussert. Und hier ist die Schweiz die beste Ratgeberin», sagte Hautala.

Heidi Hautala
Heidi Hautala, Vizepräsidentin des Europa-Parlaments, legte den Finger in nach wie vor wunde Punkte der Demokratie in der Ukraine. SWI swissinfo.ch / Carlo Pisani

Seit der Unabhängigkeit der Ukraine in den frühen 1990er-Jahren sei das Land stark durch Oligarchen geplagt worden, die das politische System durcheinandergebracht hätten.

«Das führte zu vielen Interessenkonflikten und dem Missbrauch öffentlicher Vermögen und Dienstleistungen. Mit dem Antrag der Ukraine auf die EU-Mitgliedschaft muss sie diese Probleme jetzt ernster nehmen als in den vergangenen Jahren», so die Finnin.

Kampf der Ukrainer:innen als Augenöffner

Vom Willen, nicht nur der Parlamentarier:innen, sondern aller Menschen in der Ukraine, zur Verteidigung ihrer demokratischen Freiheiten zeigte sich Stefanie Bosshard beeindruckt. Sie nahm als Geschäftsführerin der Schweizer Demokratie Stiftung am Austausch der Parlamentsdelegationen beider Länder teil.

«Für uns ist Demokratie etwas Selbstverständliches geworden. Doch Freiheit und Demokratie sind nie selbstverständlich, wie der überzeugte Kampf der Menschen in der Ukraine zeigt».

Die Schweiz könne der Ukraine mit ihrem Knowhow betreffend partizipatorischer Demokratie, Volksrechten und Föderalismus beistehen. Umgekehrt könnten sich die Menschen in der Schweiz aber auch vom überaus aktiven Engagement der Zivilgesellschaft in der Ukraine inspirieren lassen, so Bosshard.

Robuste Demokratie als Glied einer Kette

Marija Pejčinović Burić, die als Generalsekretärin des Eurpoparates, zu dem auch die Schweiz gehört, am Parlamentsaustausch teilnahm, betonte gegenüber SWI swissinfo.ch, dass die Konferenz von Lugano ein Element einer Kette sei.

«Die Wiederherstellung ist eine Säule. Aber neben der ökonomischen Unterstützung braucht es auch eine demokratische Resilienz, ohne die der Aufbau eines stabilen Systems nicht möglich ist.»

Zur Stärkung dieser Widerstandsfähigkeit nannte Marija Pejčinović Burić die Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und des Kampfs gegen Korruption an erster Stelle.

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