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Schweiz und USA einigen sich im Steuerstreit

Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf und Michael Ambühl, Leiter Staatssekretariat für internationale Finanzfragen diskutieren den Steuerdeal. Keystone

Die USA und die Schweiz haben ihren jahrelangen Streit um US-Schwarzgeld-Milliarden auf Schweizer Banken beigelegt. Das Abkommen stösst in der Schweiz nicht auf Begeisterung. Die Rede ist von einem "Bückling", von einer zu schluckenden "Kröte" und von "schmerzlichen Konsequenzen" für die Banken.

Das Abkommen ermöglicht es den betroffenen Schweizer Banken, sich mit der Bezahlung von hohen Bussen gegen eine Strafverfolgung in den USA freikaufen.

Die Zahlungen können bis zu 50% der unversteuerten Vermögen von US-Bürgern bei Geldinstituten in der Schweiz betragen. Experten gehen davon aus, dass Schweizer Banken insgesamt etliche Milliarden Dollar Bussen an die USA überweisen werden.

Zum jetzigen Zeitpunkt könne man die Höhe der Bussen «nicht quantifizieren», sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf vor den Medien in Bern. Der Bussansatz sei jedoch der gleiche wie bei der so genannten Lex USA, die das Parlament im Juni abgelehnt hat.

«Die Bussenansätze standen bereits im Mai fest», so Widmer-Schlumpf. Gesamthaft habe man jetzt «ein Resultat erreicht, mit dem wir leben können». Der Steuerdeal erlaube es, nach vorne zu schauen und mit der Vergangenheit abzuschliessen.

19. Juni 2008

Der ehemalige UBS-Banker Bradley Birkenfeld erklärt sich vor einem amerikanischen Gericht schuldig, für Kunden der Schweizer Grossbank Geld am Fiskus vorbeigeschleust zu haben.

19. August 2009

Nach einem monatelangen Tauziehen zwischen der UBS, dem Bundesrat und den US-Behörden um die Herausgabe von Namen verdächtiger Kunden einigen sich die Schweiz und die USA auf einen Vergleich. Die USA erhalten 4450 UBS-Kundendaten. Die UBS zahlt zudem eine Busse von 780 Mio. Dollar.

16. November 2010

Nach Erhalt der meisten UBS-Kundendaten zieht die US-Steuerbehörde IRS ihre zivilrechtliche Klage gegen die UBS zurück.

Februar 2011

Die USA haben neben der Credit Suisse weitere Banken im Visier, darunter die HSBC Schweiz, die Basler und Zürcher Kantonalbanken, Julius Bär und die Bank Wegelin.

9. Dezember 2011

Das US-Justizministerium verlangt von Schweizer Banken auch Namen von Kundenberatern. Das schweizerische Recht verbietet aber die direkte Herausgabe von Dokumenten mit Namen von Mitarbeitenden.

27. Januar 2012

Die Besitzer der Bank Wegelin verkaufen unter dem Druck der USA ihr Nicht-US-Geschäft an die Raiffeisen Gruppe. Die Bank war als Ganzes in die Schusslinie geraten.

16. März 2012

Das Schweizer Parlament erklärt sich mit Gruppenanfragen aus den USA einverstanden und stimmt einer entsprechenden Ergänzung des Doppelbesteuerungs-Abkommens zu.

11. April 2012

Das Bundesverwaltungsgericht stoppt auf die Klage eines CS-Kunden die Lieferung von Kundendaten der Credit Suisse an die USA, weil seiner Ansicht nach das amerikanische Amtshilfegesuch den Anforderungen nicht genügte.

4. Dezember 2012

Die Schweiz und die USA einigen sich auf die Einführung des «Foreign Account Tax Compliance Act» (FATCA) voraussichtlich 2014. Damit wollen die USA erreichen, dass sämtliche Auslandkonten von US-Steuerpflichtigen besteuert werden können.

3. Januar 2013

Die Bank Wegelin gibt in den USA ein Schuldgeständnis ab und gesteht damit ein, Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben. Im März wird das Strafmass bekannt: Die Busse beläuft sich auf 74 Mio. Dollar.

29. Mai 2013

Der Bundesrat verabschiedet ein Gesetz zur Beendigung des Steuerstreits. Es soll die Banken – nach einem dringlichen Verfahren im Parlament – ermächtigen, direkt mit den US-Behörden zusammenzuarbeiten und einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen.

5. Juni 2013

Der Ständerat stimmt der «Lex USA» mit einigen Abänderungen überraschend klar zu.

18.Juni 2013

Mit 126 zu 67 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschliesst der Nationalrat, nicht auf die Vorlage «Lex USA» einzutreten.

19. Juni 2013

Der Ständerat stimmt im Differenzbereinigungs-Verfahren der «Lex USA» ein zweites Mal zu, der Nationalrat sagt ein zweites Mal Nein. Damit ist die Vorlage vom Tisch.

29. August 2013

Die USA und die Schweiz unterzeichnen in Washington ein Abkommen und Schaffen so den Grundstein zur Beilegung des Steuerstreits.

Wichtiger Schritt gegen Hinterziehung

In einer Mitteilung würdigten die USA den Steuerdeal als einen wichtigen Schritt im Kampf gegen Steuerhinterziehung. US-Justizminister Eric Holder sagte demnach, der Deal stärke die US-Steuerbehörde in ihren Bemühungen, Steuergelder aus aller Welt in die USA zu holen.

Der stellvertretende Justizminister James Cole erklärte, es sei an der Zeit, dass sich alle US-Steuerzahler, die sich hinter dem Schweizer Bankgeheimnis versteckten oder nicht-deklarierte Konten in anderen Ländern hielten, den Behörden stellten.

Kundendaten nur auf dem Amtsweg

Konkret verpflichtet sich die Schweiz mit dem Abkommen, die Banken zu einer Teilnahme am Bankenprogramm zu ermutigen. Weiter verspricht sie, Amtshilfe auf Basis des Doppelbesteuerungs-Abkommens mit den USA zu gewähren und die Gesuche zügig zu behandeln. Kundendaten sollen ausschliesslich auf dem Amtshilfeweg geliefert werden.

Die USA anerkennen ihrerseits, dass die Erwähnung von Namen von Mitarbeitern oder Dritten in den Dokumenten, welche die Banken liefern, nicht zwingend auf Delikte dieser Personen deuten. Sie erklären ausserdem, Personendaten nicht für andere Zwecke zu verwenden.

 Vier Kategorien

Die Schweizer Banken werden in vier Kategorien eingeteilt. Die erste Gruppe umfasst jene Banken, gegen die in den USA bereits ein Verfahren läuft.

Zu dieser ersten Gruppe gehören die Credit Suisse, die Zürcher und Basler Kantonalbank und die Bank Julius Bär. Da diese bereits mit der US-Justiz über einen Vergleich verhandeln, um einer Anklage zu entgehen, steht ihnen das Programm nicht zur Verfügung.

Die zweite Gruppe ist für jene Banken vorgesehen, die Grund zur Annahme haben, dass sie US-Steuerrecht verletzt haben. Auch für diese ist ein Schuldeingeständnis mit Busse vorgesehen. Im Gegenzug sollen sie nicht strafrechtlich verfolgt werden.

50% für Konten nach Februar 2009

Diese Banken müssen indes umfassend mit den US-Steuerbehörden kooperieren. So müssen sie bekannt geben, wie das US-Geschäft organisiert und kontrolliert wurde. Dabei müssen sie auch die Namen und Funktionen jener nennen, die verantwortlich waren. Ferner müssen sie Auskunft darüber geben, wie US-Kunden angeworben und betreut wurden.

Den Banken der zweiten Gruppe drohen hohe Bussen. Für Konten, die bereits vor dem 1. August 2008 existierten, müssen sie eine Busse in der Höhe von 20% der maximalen Vermögensbeträge auf den Konten bezahlen.

Für jene Konten, die zwischen dem 1. August 2008 und dem 28. Februar 2009 eröffnet wurden, beträgt der Satz 30%. 50% sind es schliesslich für Konten, die nach dem 28. Februar 2009 eröffnet wurden – also nach dem Abkommen der Grossbank UBS mit den USA.

«Schmerzliche Konsequenzen»

Die dritte Gruppe umfasst Banken, die glauben, nicht gegen US-Recht verstossen zu haben. Sie müssen aber belegen können, dass sie unschuldig sind. Zu diesem Zweck müssen sie einen unabhängigen Prüfer bestimmen, der zuhanden der US-Justiz einen Bericht verfasst.

Die vierte Gruppe schliesslich umfasst Banken mit primär lokaler Kundschaft. Diese können ebenfalls einen «Non-target Letter» beantragen. Der externe Prüfer muss jedoch keinen umfassenden Bericht verfassen.

Das Programm sei mit «mit schmerzlichen Konsequenzen für die Banken in der Schweiz verbunden. Insbesondere die Bussen bewegen sich am oberen Ende des rechtlich akzeptierbaren und wirtschaftlich tragbaren Niveaus», schreibt die Schweizerische Bankiervereinigung: «Es ist aber die einzige verbliebene Lösung für die Banken, um die rechtlichen Probleme mit den USA abschliessend zu lösen und Rechtssicherheit zu schaffen.»

«Kröte schlucken»

Die Reaktionen der politischen Parteien fallen unterschiedlich aus. Während es die Sozialdemokraten begrüssen, dass eine Regelung im Rahmen des Gesetzes gefunden worden sei, verurteilt die rechtskonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) den Deal als «Bückling» des Bundesrates vor den USA.

Die Christlichdemokraten sind nicht wirklich glücklich, wollen jedoch «die Kröte schlucken». Auch der Freisinn will die «hässliche und teure» Vereinbarung annehmen.

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