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Von Caracas gelangt plötzlich kein Geld mehr in die Schweiz

Banco suizo
Kein Geschäft mehr mit Venezuela: Credit Suisse, hier ein Bild des Hauptsitzes in Zürich. Keystone

Den venezolanischen Vertretungen in Bern und Genf gehen die Mittel aus, um ihre Arbeit zu machen und Löhne zu bezahlen. Die Schweizer Banken haben sich den Zwangsmassnahmen der USA gegen das südamerikanische Land angeschlossen.

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«Wir stecken in einer Situation der finanziellen Ohnmacht «, klagt César Méndez, der venezolanische Botschafter in Bern. Die Bankkonten der Botschaft bei der Credit Suisse seien urplötzlich geschlossen worden. Seither kann kein Geld mehr fliessen von Caracas nach Bern.

Was sagt die Credit Suisse dazu? «Wir kommentieren keine möglichen Geschäftsbeziehungen», lässt die Bank über einen Sprecher mitteilen.

Diplomat César Méndez hat sich auch an andere Banken gewandt, darunter die PostFinance. Aber keine wollte für sie ein Konto eröffnen. 

Eine private Bankbeziehung?

Gegenüber SWI swissinfo.ch erzählt Méndez : «Wir haben uns mit den Schweizer Behörden getroffen, einige haben überrascht und sogar verlegen reagiert. Dann aber wurde uns gesagt, dass sie sich nicht einmischen können, weil es sich um eine private Beziehung zwischen einer Bank und ihren Kunden handelt.»

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Dies allerdings ist nicht abschliessend geklärt. Laut Artikel 25 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, gewährt Empfangsstaat beglaubigten diplomatischen Vertretern «jede Erleichterung zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben». 

Steht die Schweiz also in der Pflicht? Mit erwähnter Bestimmung hat Nationalrat Fabian Molina (Sozialdemokraten) in der laufenden Session jedenfalls den Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis konfrontiertExterner Link. «Was unternimmt der Bundesrat dagegen? Sind die aktuellen Rechtsgrundlagen ausreichend?», fragte Molina am Montag im Parlament.

In seiner Antwort betonte CassisExterner Link, dass sich das Übereinkommen an die Vertragsstaaten richtet und nicht die Beziehungen zwischen Privatpersonen regelt.» Die Geschäftsbeziehung zwischen Schweizer Banken und ihren Kunden ist privatrechtlicher Natur, auch wenn eine ausländische Vertretung Vertragspartei ist», sagte er am Montag im Parlament. Folglich gelte: «Die gesetzlichen Grundlagen erlauben uns nicht, Gesetze anderer Staaten ausser Kraft zu setzen.» So sei nunmal die internationale Situation.

Er versicherte jedoch, dass «das Auswärtige Amt (EDA) die Vertretung im Einzelfall bei der Suche nach Lösungen unterstützt», damit sie ihre offiziellen Tätigkeiten gemäss Wiener Übereinkommen ausüben kann.

Kuba und Venezuela im Visier der USA

Die Schliessung der Bankkonten der venezolanischen diplomatischen Vertretungen in der Schweiz fällt in den Rahmen der von den Vereinigten Staaten verhängten Sanktionen, die auch Kuba und andere Länder betreffen.

«Die Schweizer Banken fürchten die Bussen, die die Vereinigten Staaten aussprechen könnten. Tatsächlich sind sie bei der Anwendung von Sanktionen aber strenger als Banken in anderen europäischen Ländern», sagt Botschafter César Méndez. 

Laut einem Bericht der NZZ  Externer Linkkann die Botschaft auch die Miete für die Residenz in Bern Liebefeld nicht mehr bezahlen. Unter den gekappten Bankverbindungen leide vor allem das Botschaftspersonal. Die Angestellten könnten ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, wie etwa dem Bezahlen von Mieten oder Arztrechnungen. Auch fehle ihnen das Geld, um Lebensmittel zu kaufen. 

Eine Verschärfung des US-Wirtschaftsembargos zwingt Schweizer Banken, Transaktionen mit Kuba und Venezuela zu unterbinden. Zwar sind sie nicht direkt dem US-Recht unterstellt, sie riskieren jedoch den Ausschluss vom Zahlungsmarkt der USA.

Seit 2017 verhängen die Vereinigten Staaten immer strengere Sanktionen gegen Venezuela. Sie richten sich gegen Autokrat Nicolas Maduro, der sich in Venezuela an der Macht hält. Die USA sehen ihn jedoch nicht als legitimes Staatsoberhaupt.

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