Soll die Schweiz den Fall eines ermordeten iranischen Diplomaten schliessen?
Genfer Persönlichkeiten und die iranische Opposition wollen, dass die Schweizer Justizbehörden, einen alten Mordfall, der das Teheraner Regime belastet, nicht verjähren lassen. Sie haben bis Ende Juli Zeit, um Argumente vorzubringen, damit die Ermittlungen zur Ermordung des iranischen Diplomaten Kazem Rajavi im Jahr 1990 fortgesetzt werden.
Die Justizbehörden des Kantons Waadt, die den Fall bearbeitet haben, schrieben Ende Mai an den Anwalt des Bruders des Ermordeten und teilten mit, dass sie die Akte bezüglich Mordanklage gegen 14 Iraner wegen Verjährung schliessen wollen.
Zu den gesuchten Männern gehört der ehemalige iranische Geheimdienstminister Ali Fallahian, gegen den die Schweiz 2006 einen internationalen Haftbefehl erlassen hat. Er soll zum Attentat angestiftet haben. Die iranischen Behörden haben stets jede Beteiligung am Anschlag bestritten.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Waadt forderte in ihrem Schreiben ebenfalls zu Stellungnahmen auf, mit Frist bis 17. Juni. Der Schweizer Anwalt Nils de Dardel, der den Brief erhielt, teilte swissinfo.ch mit, dass er eine Verlängerung dieser Frist bis zum 31. Juli erwirkt habe. Während dieser Frist beabsichtigt er, seine rechtlichen Argumente vorzubringen, warum der Fall nicht abgeschlossen werden sollte.
Per E-Mail lehnte die waadtländische Staatsanwaltschaft eine Stellungnahme ab und wies darauf hin, dass sich «die Justiz angesichts der Interventionsgesuche, die an Mitglieder der eidgenössischen und kantonalen Exekutive oder des Parlaments gerichtet wurden strikt an das Prinzip der Gewaltenteilung hält».
Jacques Antenen, der von 2006 bis 2009 als Untersuchungsrichter für den Fall zuständig war und den internationalen Haftbefehl gegen Ex-Minister Fallahian erwirkte, sagte gegenüber swissinfo.ch, dass er «ohne jegliche politische Einmischung» arbeiten konnte.
Verbrechen gegen die Menschlichkeit?
«Die Schweizer Entscheidung ist nichts weiter als ein schändlicher politischer Deal, vergleichbar mit der Entscheidung Frankreichs, zwei der verhafteten Mörder freizulassen», sagt Hanif Jazayeri, ein in London ansässiger iranischer Oppositioneller. «Terrorismus und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind Teil der DNA des iranischen Regimes und werden unerbittlich vollzogen. Sie können nicht der Verjährung unterliegen», so Hanif Jazayeri weiter.
De Dardel sagte gegenüber swissinfo.ch auch, dass Kazem Rajavis Ermordung «im Zusammenhang mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit» oder sogar Völkermord erfolgte und Teil eines Musters politischer Morde an Gegnern im Iran und im Ausland durch das islamische Regime sei. Im Gegensatz zu Attentaten unterliegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit keiner Verjährungsfrist. Dies ist eines der Argumente, die er ins Feld führt.
Im April unterzeichneten zehn Genfer Politiker und Persönlichkeiten einen offenen Brief in der «Tribune de Genève», in dem sie die Straflosigkeit im Fall Rajavi anprangerten. Der Soziologe und Menschenrechtsaktivist Jean Ziegler, ein Freund des Opfers und einer der Unterzeichner, sagte gegenüber swissinfo.ch, es sei «skandalös», dass der Waadtländer Staatsanwalt den Fall abschliessen wolle, was «Straffreiheit für Attentäter» auf Schweizer Boden bedeute. «Es war ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit», sagte er, «das keine zeitliche Begrenzung hat».
Verbrechen gegen die Menschlichkeit?
«Die Schweizer Entscheidung ist nichts weiter als ein schändlicher politischer Deal, vergleichbar mit der Entscheidung Frankreichs, zwei der verhafteten Mörder freizulassen», sagt Hanif Jazayeri, ein in London ansässiger iranischer Oppositioneller. «Terrorismus und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind Teil der DNA des iranischen Regimes und werden unerbittlich vollzogen. Sie können nicht der Verjährung unterliegen», so Hanif Jazayeri weiter.
De Dardel sagte gegenüber swissinfo.ch auch, dass Kazem Rajavis Ermordung «im Zusammenhang mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit» oder sogar Völkermord erfolgte und Teil eines Musters politischer Morde an Gegnern im Iran und im Ausland durch das islamische Regime sei. Im Gegensatz zu Attentaten unterliegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit keiner Verjährungsfrist. Dies ist eines der Argumente, die er ins Feld führt.
Im April unterzeichneten zehn Genfer Politiker und Persönlichkeiten einen offenen Brief in der «Tribune de Genève», in dem sie die Straflosigkeit im Fall Rajavi anprangerten. Der Soziologe und Menschenrechtsaktivist Jean Ziegler, ein Freund des Opfers und einer der Unterzeichner, sagte gegenüber swissinfo.ch, es sei «skandalös», dass der Waadtländer Staatsanwalt den Fall abschliessen wolle, was «Straffreiheit für Attentäter» auf Schweizer Boden bedeute. «Es war ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit», sagte er, «das keine zeitliche Begrenzung hat».
Am helllichten Tag niedergeschossen
Kazem Rajavi, der erste Botschafter des Iran nach der Revolution bei den Vereinten Nationen in Genf, wurde am 24. April 1990 auf dem Weg zu seinem Haus in Coppet, einer Kleinstadt im Kanton Waadt bei Genf, erschossen. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Rajavi äusserst kritisch gegenüber dem Khomeini-Regime positioniert, trat von seinem diplomatischen Posten zurück und war in der Schweiz Vertreter des oppositionellen Nationalen Widerstandsrats des Iran (NCRI). Er setzte sich, unter anderem bei der UNO, für Menschenrechte und Demokratie im Iran ein. Kazem war der Bruder von Massoud Rajavi, dem Führer der Volksmudschaheddin, der wichtigsten bewaffneten Oppositionsgruppe gegen das islamische Regime im Iran. Dem renommierten Verteidiger der Menschenrechte war 1981 in der Schweiz politisches Asyl gewährt worden.
«Wenn es der Schweiz mit der Terrorismusbekämpfung ernst ist, sollte sie Rajavis Akte offenhalten», sagt Jazayeri. «Die drohende Verjährung dieses Dossiers ist ein Produkt von Verzögerung und Aufschub und läuft auf nichts anderes hinaus, als zu verhindern, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird, und die Mullahs zu beschwichtigen, damit sie ungezügelt weiter Terrorismus betreiben können. Es würde die Bilanz des Engagements der Schweiz für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nur beflecken. Und das iranische Volk würde dies weder verzeihen noch vergessen.»
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